Historical Collection Band 01
ihren Widerstand brechen.
„Ich bin müde“, sagte ihre Mutter und erhob sich von der Bank. „Nun werde ich mich für eine Weile ausruhen.“ Die Wangen vor Verlegenheit gerötet, wollte sie offenbar nicht länger mit ihrer Tochter über deren bevorstehende Hochzeit sprechen.
Nachdem Halma das Fest verlassen hatte, fühlte Auder sich noch niedergeschlagener. Sie fühlte sich außerstande, mit den Leuten zu feiern. Bis zur Abreise blieben ihr nur mehr zwei Tage. Verzweifelt starrte sie auf ihre Hände hinab.
Von Krappwurzelrot befleckt, waren sie keineswegs die Hände einer vornehmen Dame. Diese Merkmale bezeugten ihre Begeisterung für die Färberei. Von weither brachte man ihr Wollstoffe und Leinen. Und Auder war stolz, wann immer sie Frauen und Männer in Gewändern in leuchtendem Rot, Smaragdgrün oder Safrangelb aus ihrer Werkstatt erblickte.
Wenn sie den Normannen heiratete, würde sie diese Tätigkeit wohl aufgeben müssen. Damen von edler Herkunft beschmutzten ihre Hände nicht mit gemeiner Arbeit. Die Augen geschlossen, überlegte sie, ob sie ihrem künftigen Ehemann die Erlaubnis abringen konnte, ihr Handwerk auch weiterhin auszuüben.
In einiger Entfernung sah sie Morren, die Gemahlin des O’-Reilly-Clanoberhaupts, einen schweren Korb schleppen, stand sofort auf und drängte sich durch die heitere Schar zu der schwangeren Frau.
Fast genauso wie Auder liebte Morren die Pflanzenfärberei. Obwohl sie einander ihr Leben lang kannten, waren sie erst in den letzten Monaten enge Freundinnen geworden.
Auder nahm der atemlosen Frau den Korb ab. „Müde?“, fragte sie.
„Ein bisschen“, gab Morren zu. „Wie froh werde ich sein, wenn das Kind gegen Ende des Sommers zur Welt kommt …“ Seufzend warf sie einen Blick auf ihren Mann, der am anderen Ende des Saals, umringt von mehreren Clanmitgliedern stand. „Trahern hat noch größere Angst vor der Geburt als ich.“
Sie setzte sich auf eine Bank und bedeutete der Freundin, die den Korb abstellte, neben ihr Platz zu nehmen.
In ernstem Ton fuhr Morren fort: „Das solltest du wissen, Auder … Schon wieder patrouillieren die normannischen Soldaten in unserem Land. Trahern hat überall Wächter postiert. Was die Normannen planen, weiß ich nicht.“
Obwohl ihr Blut zu gefrieren drohte, verhehlte Auder ihre Furcht. „Vielleicht sind sie nur hierhergekommen, weil sie mich zu meiner Hochzeit eskortieren sollen.“ Sie schaute in die Augen der anderen Frau und versuchte einen Mut zu bekunden, den sie nicht empfand. „Wenn es sein muss, werde ich sie begleiten.“
Mit diesem Entschluss beeindruckte sie Morren kein bisschen. „Bis wir wissen, warum sie hier sind, darfst du nicht allein sein.“ Sie sah sich um, entdeckte Gunnar Dalrata und winkte ihn heran.
Hochgewachsen, mit blondem, von der Sonne gebleichtem Haar und umschatteten grauen Augen, zählte Gunnar zu den wenigen Männern, in deren Gesellschaft Auder sich wohlfühlte – insbesondere, weil sie sich vor vier Sommern, während seines Besuchs bei der Wikinger-Familie ihrer Mutter, mit ihm angefreundet hatte. Bei diesen Verwandten hatte sie stets den Großteil ihrer Zeit verbracht, nicht beim O’ Reilly-Clan.
Schon damals war Gunnar sehr ansehnlich gewesen. Doch er hatte kein sinnliches Interesse an ihr gezeigt. Kein Wunder, denn sie war um einige Zoll kleiner als jetzt und noch nicht zur Frau entwickelt gewesen …
Seit ihrer Heimkehr hielt er sich von ihr fern und sprach nicht mehr mit ihr. Hin und wieder merkte sie, dass er sie beobachtete. Aber die Freundschaft hatte ein Ende gefunden. Wenn sie das auch bedrückte – sie nahm an, Gunnars Verhalten wäre von seiner Hochachtung vor Clár O’Reilly bestimmt worden, der Frau, um deren Gunst er sich bemüht hatte.
„Würdest du in Auders Nähe bleiben und sie beschützen, Gunnar?“, bat Morren und schaute wieder zu ihrem Ehemann hinüber. „Die Normannen …“
„Die habe ich gesehen.“ Ärgerlich runzelte der Wikinger die Stirn und nickte ihr zu. „Du hast recht. Solange sie sich hier herumtreiben, darf Auder nicht allein sein.“
Als Auder seine gebieterische Stimme hörte, kam sie sich wie ein Kind vor, noch nicht alt genug, um für sein eigenes Wohl zu sorgen. Er schaute sie kaum an, und seine einstige Freundlichkeit war verschwunden. Warum, verstand sie nicht.
„Gut.“ Morren erhob sich mühsam von der Bank, ebenso wie Auder, und strich sich nachdenklich über den schmerzenden Rücken. „Nun muss ich mit Trahern über die
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