Historical Collection Band 02
sind in einen unpassenden Mann verliebt.“
„Beides“, gab Sarah verblüfft zu.
„Dann muss ich Ihnen Maude vorstellen.“ Mit ihrem Fächer, einem ziemlich abgenutzten Ding, winkte Elinor einer hübschen jungen Dame, die mit drei Offizieren plauderte.
„Aber nein, ich will sie nicht unterbrechen“, wandte Sarah ein, doch da ließ Lady Maude schon ihre Verehrer mit einem koketten Lächeln stehen und kam herbei.
„Maude, dies ist Sarah Tatton, die den falschen Mann liebt“, verkündete Miss Ravenhurst mit einer Miene, als weise sie eine seltene Spezies vor.
„Ach, wirklich? Beruht es auf Gegenseitigkeit?“
„Nein, Lady Maude. Er ahnt nichts von meinen Gefühlen, und ich kenne nicht einmal seinen Namen oder weiß, wo er wohnt. Ich weiß nur, dass er nicht infrage kommt.“
„Sagen Sie einfach Maude, und ich werde Sarah sagen.“ Ihre Ladyschaft, eine dunkelhaarige lebhafte Schöne, hockte sich auf die Sofakante neben Miss Ravenhurst. „Elinor, die übrigens, was Männer angeht, ein ganz aussichtsloser Fall ist, kennst du ja schon. Sie wird uns Vernunft predigen und uns von überstürztem Vorgehen abhalten. Ich allerdings glaube fest daran, dass irgendwo auch für sie genau der richtige Mann wartet, so wie für dich und mich.“
„Nicht überstürzt, nur unvernünftig, Maude“, korrigierte Elinor. „Eine Frau sollte nicht ihr Lebensglück einzig von einem Mann abhängig machen.“
„Generell trifft das, auf Männer bezogen, zu, nur gibt es da einen glückseligen Zustand, in den einen nur ein Mann versetzen kann, nicht wahr, Sarah?“ Maudes verschmitztes Zwinkern ließ keinen Zweifel, wie sie es meinte. Sarah errötete. „Oh weh, du wirst rot. Ist er ein so guter Liebhaber, dieser unpassende Mann?“
„Wunderbar“, gestand Sarah, selbst erstaunt ob ihrer Offenheit, doch sie spürte, dass diese beiden so unterschiedlichen jungen Frauen freundlich und verschwiegen waren. „Ich werde euch alles erzählen, nur versprecht mir, es für euch zu behalten.“
Elinor beugte sich gespannt vor. „Wir können es kaum abwarten.“
Als Sarah am nächsten Morgen erwachte, fühlte sie sich ein wenig besser. Sicher, Jonathan war immer noch unerreichbar für sie, aber immerhin hatte sie zwei neue Freundinnen gefunden, und ihre Freundschaft mit Jessica war noch genauso stark wie früher. Die drei hatten ihr Gewissen beruhigt und ihr bestätigt, dass es richtig gewesen war, sich angesichts des unerfreulichen Charakters von Sir Jeremy ihrem Vater zu widersetzen.
Später beim Frühstück fand sie sich nur in weiblicher Gesellschaft, da die Herren beschlossen hatten, die Stallungen zu besichtigen.
„Heute Abend gibt es einen Ball“, verkündete Lady Standon, „einen großen, eleganten Ball. Keine Gespräche über Politik und Pferde und Jagderlebnisse, und Kartenspielen darf nur, wer mindestens fünfundsechzig ist.“
Ein Ball war das Letzte, wonach Sarah der Sinn stand, aber sie würde sich wohl kaum in ihr Zimmer zurückziehen können, also erklärte sie gespielt munter: „Großartig! Wie gut, dass ich mein neues Ballkleid eingepackt habe.“
Sarah stand in der Tür zum Ballsaal und betrachtete die munter plaudernde und lachende Gästeschar. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass hoffnungslos verliebt zu sein nicht nur daraus bestand, um den Verlust seines Traummanns zu trauern. Ebenso bedeutete es, dass sie für immer unverheiratet und kinderlos bleiben musste, es sei denn, dass sie einen Mann ehelichte, den sie nicht liebte.
„Sarah?“
„Elinor, tut mir leid, ich stehe im Weg, aber ist das nicht ein hübscher Anblick?“
„Sie sind alle sehr angeregt“, stimmte Elinor ihr zu, während sie Seite an Seite eintraten. „Und laut. Aber im Ruheraum habe ich hinter den Polstern eines Sofas ein Buch versteckt, wenn ich also erst einmal einem Tänzer auf die Zehen getreten habe, kann ich vielleicht dahin entwischen.“
Maude, die schon von einer Anzahl Verehrer umringt war, winkte ihnen, und sie schlenderten zu ihr hinüber. Um Elinors mangelnde Begeisterung auszugleichen, setzte Sarah ihr schönstes Lächeln auf und fand bald, dass ihre Tanzkarte sich füllte.
Damals bei ihrem Debüt hätte sie sich von dem Interesse geschmeichelt gefühlt, nun fühlte sie sich unangenehm bedrängt.
„Nein, danke, Major Piper“, erklärte sie gerade entschieden, „Walzer tanze ich nicht.“ Da sie nie zu den erlauchten Kreisen gezählt hatte, die eine Einladung zu Almack’s bekamen, fehlte ihr die Billigung der
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