Historical Collection Band 03
Fackelschein sah er ihre Wangen wie Gold schimmern. Obwohl ihre Kleidung getrocknet und nichts an ihrem Äußeren zu bemängeln war, erkannte er die Verletzlichkeit in ihrer Miene. Zweifellos bereute sie die nächtlichen Ereignisse.
„Ich werde … niemandem etwas erzählen“, würgte er hervor.
„Das weiß ich. Dafür bist du viel zu ehrbar.“ Ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre Lippen, bevor sie hinzufügte: „Es war meine Schuld, und es wird nicht noch einmal geschehen.“ Dann schloss sie die Tür hinter sich.
Ademar postierte sich vor ihrer Kammer. Wie sollte er die Lady umstimmen?
Die Augen zusammengekniffen, versuchte Katherine das helle Licht der Morgensonne abzuwehren. Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen. Nachdem sie müde ins Bett gesunken war, hatte sie unentwegt an Ademar denken müssen. Wie er sie berührt hatte … Als könnte er nicht glauben, dass sie wirklich und wahrhaftig in seinen Armen lag … Sogar geliebt hatte sie sich gefühlt.
Bei allen Heiligen, der Mann konnte küssen. Niemals hatte sie so etwas geahnt und auch nicht erwartet. Nur ein einziges Mal war sie von Ewan geküsst worden, ebenfalls unerwartet und wundervoll. Aber es hatte ihre Welt nicht erschüttert. Nicht so wie Ademars Kuss. Damals war sie nicht zu dem verzweifelten Wunsch getrieben worden, ihre Tugend zu missachten. Beinahe hätte sie dem stoischen Ritter alles gegeben, was er ersehnte.
Allein schon der Gedanke ließ sie am ganzen Körper erröten. Rastlos wand sie sich zwischen den Laken umher, die unangenehm an ihrer übermäßig empfindsamen Haut scheuerten.
Wie sollte sie Ademar an diesem Tag gegenübertreten? Wenn er ihr auch versichert hatte, er würde niemandem irgendetwas verraten – sie wusste nicht, ob er bereit wäre, ihr aus dem Weg zu gehen.
Oder ob sie es wollte.
Was mochte ihr widerfahren, wenn sie ihn heiratete? Seine Ritterschaft hatte er unbestreitbar verdient, und er war der Sohn eines Earls, allerdings der Zweitgeborene. Gewiss, er besaß sein eigenes Land und bescheidene Pachtgüter, zudem die nötige Kampfkraft, um sein Eigentum zu schützen.
Großer Gott – was bewog sie zu solchen Überlegungen? Sie kannte ihn kaum. Und – er war nicht Ewan.
Verwirrt umklammerte Katherine ihr Bettzeug und wünschte, sie könnte ihre Gefühle bezwingen. Sie wollte MacEgan und ihre mädchenhafte Schwärmerei vergessen. Aber es tat ihr so unendlich weh, dass er sie verschmäht hatte. So sehr hatte sie sich bemüht, damit er eine perfekte Braut in ihr sehen würde, und einen schmerzlichen Fehlschlag erlitten.
Nun hörte sie, wie ihre Schwester sich auf ihrer Bettstatt bewegte. Seit Honora nach Ardennes zurückgekehrt war, teilte sie die Kammer mit ihr.
Katherine hatte ihre Schwester verletzen und bestrafen wollen. Doch das würde nichts an Ewans Liebe zu Honora ändern.
Sicher wäre alles einfacher, könnte sie Honora hassen. Und das könnte sie, hätte die Schwester beabsichtigt, ihr Ewan wegzunehmen. Stattdessen hatte sie ihr angeboten, ihn aufzugeben, in die Normandie zu reisen und bei der Familie ihrer Mutter zu leben.
„Nein, du wirst nicht in die Normandie fahren“, hatte Katherine widersprochen. „Heirate ihn. Begleite ihn nach Erin.“
„Unmöglich“, hatte Honora protestiert, „das wäre dir gegenüber unredlich.“
„Um mich geht es nicht mehr, denn Ewan hat mir bereits erklärt, er würde mich als seine Schwester betrachten.“ Bitterkeit und Zorn waren in ihr aufgestiegen. „Ahnst du auch nur, wie ich mich fühlte? Der Mann, in den ich mich verliebt habe, lehnt mich ab …“ Über ihre Wangen rollten heiße Tränen. „Wenn ich ihn schon nicht erobern kann – wenigstens weiß ich, dass er ohne mich glücklich wird.“
Schließlich hatte sie ihre Tränen getrocknet und den letzten Rest ihres Stolzes aufgeboten.
„Geh mit ihm, Honora. Und komm nie wieder hierher. Ich will dich nicht mehr sehen.“
Doch das war eine Lüge gewesen. Stets hatte sie ihrer Schwester sehr nahegestanden. In der Kindheit hatten sie nächtelang geredet und einander in der Dunkelheit Geheimnisse anvertraut. Ihre liebste Freundin war Honora gewesen.
Und obwohl ihr der Verrat das Herz zerriss – im Grunde wollte sie Honora nicht leiden sehen. Nicht nur der Verlust Ewans bewirkte die Leere in ihrer Brust, auch die Trennung von ihrer Schwester.
Sie drehte sich im Bett zur Seite und sah rot geweinte Augen.
Sichtlich verzweifelt, mit hängenden Schultern, packte Honora ihre Sachen zusammen.
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