Historical Collection Band 5
wie Carlos de Alameda.
Maria schloss ihre Augen fest. Vor ihrem inneren Auge sah sie sein Gesicht, die scharf geschnittenen Züge, die golden im Kerzenlicht schimmerten. Das geheimnisvolle Lächeln, das seinen sinnlichen Mund umgab, der Glanz seines langen dunklen Haares. Die unwiderstehliche Versuchung, als seine Hand nach der ihren griff und sie sinnlichen Genuss erfahren ließ, den sie sich niemals hatte vorstellen können.
Sie würde ihn niemals vergessen, niemals irgendetwas von dem vergessen, das sie geteilt hatten. Was auch immer die Zukunft bringen mochte, auch wenn sie wieder Böden schrubben musste, sie wusste nun, was Liebe war. Was wirkliches Verlangen war. Das musste genügen.
Maria öffnete die Augen und sah hinunter auf das schneeweiße Tuch, das ihn berühren würde, wenn sie es nicht mehr konnte. Wenn sie für immer voneinander getrennt waren. Sie unterdrückte eine Welle bitterer Tränen. Wirklich, es war nicht genug! Eine Nacht reichte nicht aus, um ihre Leidenschaft für ihn zu stillen.
Doch diese eine Nacht war alles, was es geben konnte. Man hatte Gouverneur Augusto eine Nachricht gesandt, und er würde bald eintreffen, um die Braut seines Neffen einzufordern. Bis dahin musste sie verschwunden sein. Vielleicht gab es ein Schiff, mit dem sie auf eine andere Insel fahren konnte. Oder vielleicht konnte die Besitzerin der Taverne von Santo Domingo, Señora Montero, sie anstellen. Maria erinnerte sich an die wilden Geschichten von Schießereien und Piraten, die die Zofen ihr erzählt hatten. Das klang nicht so, als sei Señora Montero sehr wählerisch.
Bevor Maria ging, musste sie allerdings Carlos noch die Wahrheit sagen. Egal wie schmerzhaft, wie beängstigend der Gedanke auch war, es musste getan werden. Das war sie ihm schuldig. Und nachdem er gestern Nacht entdeckt haben musste, dass sie keine Jungfrau mehr war, wusste er inzwischen sicherlich, dass die Contessa de Valadez nicht das war, was sie vorgab zu sein.
Sie berührte das Smaragdkreuz um ihren Hals, als sie aus dem Fenster sah. Ein Tränenschleier ließ den sonnigen Tag vor ihren Augen verschwimmen.
Es war ein wunderschöner Tag auf der Insel, der Himmel leuchtete hellblau, keine Wolke war zu sehen, und das Sonnenlicht hatte die Farbe von Bernstein. Maria legte ihre Näharbeit beiseite und näherte sich dem halbgeöffneten Fenster, um alles genauer zu beobachten. Um ihr Herz daran zu erinnern, dass dieser Ort, so wie Carlos, der Vergangenheit angehörte.
Von ihrem Aussichtspunkt aus konnte sie die Schiffe im Hafen sehen, wie Seeleute darauf Reparaturarbeiten verrichteten, Ladung aufnahmen und sich auf neue Abenteuer vorbereiteten. Auch die Stadt war voller Leben und Bewegung, untermalt von dem Geläut der Kathedrale. Der salzig-blumige Duft, der in der Luft lag, war warm und süß.
Einst, bevor sie Spanien mit Isabella verlassen hatte, hatte sie befürchtet, dass dieser Ort gefährlich und primitiv sein würde, ebenso wie seine Bewohner. Und er war primitiv, aber auf eine Art und Weise, die sich neu und lebendig anfühlte. Voller neuer Möglichkeiten.
Genau wie Carlos. Ob er es wahrhaben wollte oder nicht, er war ein Teil dieser Neuen Welt.
Sie lehnte sich auf das steinerne Fenstersims und blickte auf die Straßen hinunter. Sie führten von der Festung in die Stadt und waren voller Dienstboten, Kaufleute und Seeleute, die sich um ihre Geschäfte kümmerten. Und gerade jetzt kam eine einsame, schwarz gekleidete Gestalt eine Treppe herauf, die von den Lagerhäusern zur Festung führte.
Maria stockte der Atem, als sie ihn sah, und sie lehnte sich noch weiter aus dem Fenster, nur auf ihre Handflächen gestützt. Sein Gesicht war düster, beschäftigt, als er den Weg hinaufschritt, während alle anderen ihm Platz machten. Doch als er sie sah, begann er zu lächeln.
Auch sie musste lächeln, obwohl sie wusste, was sie zu tun hatte.
Sie winkte ihm. „Guten Morgen, Señor de Alameda!“, rief sie.
„Auch Euch einen guten Morgen, Contessa“, antwortete er. Sein Lächeln wurde breiter und nahm eine sinnliche Färbung an, die sie erschauern ließ. „Ich hoffe, ihr hattet eine erholsame Nacht?“
„Sehr erholsam, gracias “, sagte sie angespannt.
„Vielleicht möchtet Ihr dann mit mir auf den Wehrgängen spazieren gehen?“, fragte er.
Maria nickte. „Ich treffe Euch dort.“
Sie kehrte zurück in das Zimmer und ignorierte die kichernden Zofen, als sie sich im Spiegel betrachtete. Ihre Wangen waren gerötet, nur weil sie
Weitere Kostenlose Bücher