Historical Collection Band 5
ihn wiedergesehen hatte. Ihr Herz klopfte rascher vor freudiger Erwartung.
Schnell glättete sie die Krone aus Zöpfen, die ihren Kopf umgaben und mit Perlen und gelben Bändern geschmückt waren. Sie glättete auch ihren Rock, entfernte mit zitternden Händen das Smaragdkreuz von ihrem Hals und legte es vorsichtig auf den Tisch.
Sie eilte aus dem Zimmer und rannte die Stufen hinauf, an die sie sich seit letzter Nacht sehr gut erinnerte. Wenn sie sich von Carlos trennen musste, dann schien der Ort, an dem sie sich zuerst geküsst, zuerst umarmt hatten, der richtige zu sein.
Er stand bereits da, stand neben den breiten Zinnen und blickte auf die Stadt. Der Wind fuhr durch sein Haar, es glich einer schwarzsilbernen Fahne, die im Sonnenlicht wehte. Er stand bewegungslos da, immer wachsam, immer furchteinflößend, wenn es um seinen Einflussbereich ging.
Sie zögerte, als sie ihn sah, als sie seine ernste Wachsamkeit bemerkte. Doch dann drehte er sich zu ihr um und streckte ihr seine Hand entgegen.
Sie ergriff sie und lachte überrascht auf, als er sie drehte und in die Arme nahm. Er küsste sie zärtlich, und sie spürte sein Lächeln. Dieses seltene, schöne Lächeln.
Sie seufzte und schmiegte sich an ihn und legte ihren Kopf an seine Brust. Hörte seinen beständigen Herzschlag.
„Ich freue mich, dass Eure Nacht erholsam war, Señorita“, sagte er mit rauer Stimme.
Maria lachte erneut. „Ich hoffe, auch Eure Nacht war erholsam, Señor, denn ihr seid wirklich sehr früh auf.“
„Es gab viel Arbeit. Während ich gestern Nacht … anderweitig beschäftigt war, hat jemand versucht, in die Lagerhäuser einzubrechen. In der Stadt ist die Rede von Piraten.“
„Piraten?“, rief Maria.
„Ja, aber keine Sorge. Hier in der Festung seid Ihr sicher, und ich vermute, dass die Schurken Santo Domingo schon längst verlassen haben.“
„Ich weiß, dass ich hier sicher bin.“ Sicher bei ihm. Doch für wie lange?
„Aber ich befürchte, Piraten sind meine kleinste Sorge.“
„Oh? Was könnte denn schlimmer sein?“
„Ein aufwendiges Bankett. Gouverneur de Feuonmayor besteht darauf, heute Abend eines zu Euren Ehren zu geben.“
Maria erstarrte. „Ein … Bankett? Heute Abend?“
„Es wurden Köstlichkeiten von allen Kaufleuten bestellt, Musiker angeheuert, Einladungen nach ganz Santo Domingo gesandt. Alle Welt ist erpicht darauf, Euch zu treffen.“
Sie löste sich von ihm und schlang die Arme um sich selbst, um die plötzliche Kälte, die sie ergriff, abzuwehren.
„Was ist los, bella querida ?“, fragte er. „Fühlst du dich nicht wohl genug für ein Bankett?“
„Nein, ich …“ Sie schüttelte den Kopf. Jetzt. Sie musste es jetzt tun, bevor sie sich noch mehr in Lügen verstrickte. Sie drehte sich weg, lehnte sich über die Mauer, damit sie ihn nicht ansehen musste, während sie ihr Geständnis ablegte. Ein durchdringender Blick seiner dunkel glühenden Augen, und die Worte würden ihr im Hals stecken bleiben.
Sie presste ihre Hände auf die kalten Steine. „Du musst dem Gouverneur sagen, er soll sich meinetwegen nicht so viel Mühe machen. Ich bin es nicht wert. Ich … ich bin nicht die, für die er mich halt. Für die du mich hältst.“
Sie hörte ein leises Rascheln, als er die Arme vor seiner Brust verschränkte, doch Gott sei Dank kam er nicht näher. Das musste er auch gar nicht – sie war sich seiner Gegenwart schmerzlich bewusst.
„Erklär mir das bitte“, sagte er sanft und ruhig. Diese Ruhe war viel beängstigender als lautes Geschrei.
Maria holte tief Luft. „Ich bin nicht Isabella de Valadez.“
Ein langer angespannter Moment der Ruhe herrschte zwischen ihnen. „Ah“, sagte er schließlich mit tonloser Stimme. Kalt. „Dann, bitte sagt, Señorita, wer seid ihr?“
„Ich bin Maria Gonzales. Ich war eine Zofe der Contessa, und wir beteten während des Sturms zusammen. Sie gab mir ihre Kette. Ich schwöre, ich habe sie nicht gestohlen! Ich bin vielleicht eine Lügnerin, aber ich bin keine Diebin!“
„Maria. Ich verstehe. Und als man Euch für die Contessa hielt, warum habt Ihr den Irrtum nicht aufgeklärt?“
Maria schluckte. „An Bord der Reyezuelo schien es eine Art Schutz zu sein. Ich dachte, wenn sie mich für jemand Wichtigen hielten, würden sie mich in Ruhe lassen. Als sie mich dann hierherbrachten, wusste ich nicht, wie ich die Wahrheit erklären sollte.“
„Und wer ist Maria Gonzales in Wahrheit?“, fragte er, immer noch in demselben ausdruckslosen
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