Historical Collection Band 5
Ton. Er trat neben sie, nah, aber berührte sie nicht.
„Ich bin die Tochter eines Seemanns, und meine Mutter starb bei meiner Geburt. Lange bevor ich geboren wurde … kannten sich meine Mutter und Isabellas Vater. Der Conde muss sich ihr immer noch verpflichtet gefühlt haben, denn als eine von Isabellas Zofen in letzter Sekunde vor der Reise krank wurde, ließ er mich kommen, um ihren Platz einzunehmen. Es war, als hätte der Himmel mir die Möglichkeit eines Neuanfangs geschenkt.“
„Von wo ließ er dich kommen?“, wollte Carlos wissen.
„Aus der Taverne, in der ich arbeitete. Davor führte ich meinem Vater den Haushalt, bis er starb.“
Carlos stand ruhig neben ihr, und sein wachsamer Blick brannte auf ihrer Haut. In ihrer Seele.
„Es tut mir so leid!“, rief sie verzweifelt. „Ich wollte dich niemals so lange belügen, aber als du dich mit mir unterhalten hast, als du mich … geküsst hast …“ Ihre Worte gingen in einem Schluchzen unter. „Ich wollte nur noch für ein Weilchen Isabella sein. Nur um mit dir zusammen zu sein, um mir vorzustellen, wie das Leben sein könnte, wenn ich nicht ich wäre und du nicht du. Wenn wir nur …“
Plötzlich nahm er sie in die Arme und küsste sie mit einer Leidenschaft und Intensität, die ihrer in nichts nachstand. Ein Kuss, der alle Liebe und Verzweiflung beinhaltete, die sie nicht in Worte fassen konnten.
„Es tut mir leid, es tut mir leid“, schluchzte sie und hielt ihn fest. Ihre Augen waren geschlossen. „Ich gehe jetzt, ich verspreche es, und du musst nie wieder …“
„Sch“, flüsterte er und küsste ihre Wange, ihre geschlossenen Lider. „Ruhig jetzt, Maria. Ich fürchte, ich kann dich nicht gehen lassen.“
Sie nickte unglücklich. „Du musst mich festnehmen. Ich weiß. Aber ich habe die Kette zurückgelassen. Ich habe nichts gestohlen.“
Sie war schockiert, als er lachte. Lachte und sie erneut küsste. „Oh doch, das hast du. Du hast mein Herz gestohlen.“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Maria erschrocken und versuchte, zurückzuweichen. Doch er hielt sie fest.
„Ich will damit sagen, dass ich dich liebe, egal ob du Isabella oder Maria oder sonst wie heißt, und dass ich dich nicht gehen lassen kann. Nicht, wenn heute Abend unser Verlobungsbankett stattfindet.“
Nun war sie sich sicher, dass sie träumte! Sie löste sich aus seiner Umarmung und starrte ihm in die Augen. Er lächelte sie an, als bereite ihm ihre seltsame Situation Vergnügen. Sie, das ganze Leben schien ihm Freude zu bereiten. „Wovon redest du?“, fragte sie, auch wenn sie Gefahr lief, sich zu wiederholen.
„Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass Gouverneur Augusto mein Onkel ist, der Bruder meiner Mutter? Dass du, Maria-Isabella, meine Verlobte aus dem fernen Spanien bist? Du kannst mich jetzt nicht verlassen. Was wäre ein Verlobungsbankett ohne die wunderschöne zukünftige Braut?“
„Ich … du …“, stammelte sie. Sie presste die Hand an ihren Kopf, in dem sich alles drehte.
Er wurde plötzlich ernst, seine dunklen Augen sahen sie eindringlich an, lasen jedes Gefühl, das sich auf ihrem Gesicht widerspiegelte. „Und wie wäre mein Leben ohne dich? Leer und kalt, so wie es war, bevor ich dich gefunden habe. Bitte, Maria. Bleib bei mir. Heirate mich. Lass mich dich so glücklich machen, wie du mich glücklich gemacht hast. Lass mich dir alles geben.“
Maria lachte hilflos. „Ich … nein, Carlos, Ich kann nicht! Du verdienst etwas Besseres als eine Zofe, eine Lügnerin. Du verdienst …“
„Ich verdiene dich nicht. Aber ich brauche dich. Du musst bei mir bleiben. Wir sind eins – wir gehören zusammen.“ Er hielt ihre Hand fest in seiner und küsste ihre Finger, ihr Handgelenk. Die kleinen Narben auf ihrer Haut, als wären sie Schönheitsmale. Er hatte recht. Sie gehörten zusammen.
Und zusammen konnten sie alles bewältigen. Die Vergangenheit, die Zukunft. Sogar die gesamte Neue Welt.
„Dann werde ich dich heiraten“, sagte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn mit all der Freude und der Liebe, die sie im Herzen trug
Er lachte, hob sie hoch und wirbelte sie herum im goldenen Sonnenlicht, das von nun an alle ihre glücklichen Tage beleuchten würde.
– ENDE –
Hingabe auf Befehl des Seigneurs
1. KAPITEL
Herzogtum Normandie, Frankreich, 1067.
D unkelheit senkte sich bereits über den kleinen Garten, den Giselle hinter der Hütte ihrer Eltern angelegt hatte. Auf Händen und Knien jätete sie Unkraut
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