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Historical Collection Band 5

Historical Collection Band 5

Titel: Historical Collection Band 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda McCabe , Linda Skye , Marguerite Kaye , Margaret Moore , Jeannie Lin
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sah seiner Tochter in die Augen. Sein Gesicht war aschfahl, und er presste die Lippen aufeinander. Wie ein schwerer Stein senkte die Angst sich in Giselles Magen. Noch nie hatte sie ihren Vater so bekümmert gesehen.
    „Ma fille.“ Seufzend hielt er inne. „Meine Tochter“, wiederholte er dann mit kummerschwerer Stimme, „unserem Antrag auf eine Ehe zwischen dir und Henri wurde zugestimmt.“
    „Aber was bedrückt dich dann so?“, rief ihre Mutter besorgt.
    „Die Erlaubnis wurde zwar erteilt“, ihr Vater schluckte schwer. „Doch der Sohn des Lehnsherrn hat das droit du seigneur eingefordert – das Recht der ersten Nacht.“
    Giselle ließ den Kochlöffel fallen und hob die Hände an ihr Herz. Die Luft schien plötzlich zu dick zum Atmen zu sein, und ihre Brust hob und senkte sich schwer.
    „Nein“, widersprach ihre Mutter. „Nein! Henri wird unsere Abmachung brechen, kein Mann würde eine verdorbene Braut akzeptieren!“
    „Das spielt keine Rolle“, erklärte ihr Vater tonlos. „Der Seigneur besteht auf dem Recht seines Sohnes. Es wurde in dem Augenblick geltend, da er uns seine Erlaubnis zur Ehe erteilte. Er wird sich unsere Tochter auch dann nehmen, wenn Henri sich nicht an die Abmachung halten sollte.“
    „Quel horreur!“ Ihre Mutter schlug die Hand vor den Mund und sah Giselle an. „Oh, mein armes Mädchen …“
    Ungläubig starrte Giselle in die fassungslosen Gesichter ihrer Eltern, ihre Finger gruben sich in den Stoff der Schürze.
    „Papa“ , hörte sie sich fragen, und ihre Stimme klang merkwürdig gedämpft in ihren Ohren. „Welcher der Söhne des Seigneurs hat nach meinem Körper verlangt?“
    Das lange Schweigen ihres Vaters beantwortete die Frage, und sein kummervoller Blick bestätigte ihre Befürchtung. Giselles Knie gaben nach, und sie sank auf den Lehmboden.
    „Seigneur Eustache also“, flüsterte sie und barg das Gesicht in den Händen.
    Eustache de Fiennes.
    Er war der ältere der beiden Söhne des Seigneurs. Ein Soldat, der gerade erst von den Schlachtfeldern des Krieges gegen die Engländer jenseits des Kanals heimgekehrt war. Ein finsterer und in sich gekehrter Mann mit stählernem Blick und unnachgiebiger Haltung. Unter den Pächtern wurde ehrfürchtig über diesen heimgekehrten Sohn getuschelt, darüber, wie er ganze Heerscharen seiner Feinde gefällt hatte, ohne auch nur ins Schwitzen zu geraten. Bauerstöchter schwärmten kichernd von seiner männlichen Ausstrahlung und seiner beeindruckenden Gestalt. Doch Giselle wusste über den geheimnisvollen Herrscher nur, dass er mächtig war. Und gewissenlos.
    Und er wollte sie .
    Ein unerwarteter Funke der Erregung glomm in ihr auf. Ja, der junge Seigneur wollte sie, eine namenlose Bauerstochter. Die Vorstellung war erschreckend … und gleichzeitig unerhört aufregend.
    Solch ein männlicher und gut aussehender junger Seigneur hatte sicher zahllose heiratswürdige und schöne Verehrerinnen unter den Adligen, die um seine Gunst und um einen Platz in seinem Bett wetteiferten. Warum also verlangte er so dreist nach einer Nacht der verbotenen Leidenschaft mit ihr? Das droit du seigneur war zwar weit verbreitet, doch es wurde im Allgemeinen nicht geltend gemacht, wegen des Aufruhrs, den eine solche Forderung selbst unter den Dekadentesten der Adligen verursachte. So etwas zu verlangen war rücksichtslos und unbesonnen.
    Und, dachte Giselle sich, rücksichtslose und unbesonnene junge Männer können leicht beeinflusst werden, egal welcher Klasse sie angehören.
    Sie hörte auf zu zittern. Auch wenn sie noch nicht wusste, wie – sie war sicher, dass sie dieses Unglück zu ihren Gunsten würde nutzen können. Doch bevor sie diesen Gedanken weiter nachgehen konnte, schreckte der Klageruf ihrer Mutter sie auf.
    „Warum?“, jammerte diese. „Warum ausgerechnet dieses Ungeheuer von einem Mann? Er wird unsere Tochter vernichten, Bernard.“
    Müde erhob ihr Vater sich und ging zu Giselle hinüber, die im Staub kniete. Er ging vor ihr in die Hocke und hob mit seinen großen, rauen Händen ihr Gesicht an. Mit schwieligen Daumen wischte er ihre warmen Tränen fort.
    „Ma fille“ , sagte er mit schmerzerfüllter Stimme. „Vergib mir, doch es gibt nichts, was wir dagegen tun können. Die Macht des Seigneurs über uns ist vollkommen.“
    „Ich verstehe“, erwiderte Giselle leise.
    „Dann lasst uns jetzt essen“, bestimmte ihr Vater. „Und heute Abend werden wir dich dem Seigneur vorstellen, nachdem er gespeist hat.“
    Die

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