Historical Exclusiv 45
Der Ritter schüttelte den Kopf über diese kindliche Begeisterung.
Burggräben und Edelfräulein, das fehlte noch.
Eine Stunde später betrat Yves die Halle, gefolgt vom Herzog, der seine Hand schwer auf die Schulter seines Marschalls gelegt hatte.
„Eine gute Wahl, mein Sohn, doch Ihr wusstet schon immer, die richtige Entscheidung zu treffen. Es gefällt mir sehr, dass Ihr von Gabrielle de Perricault angetan seid. Sie ist die rechte Wahl für Euch.“
Saint-Roux warf seinem Herrn einen Blick zu. „Es mag zu früh sein, um über die Erfüllung ihres Angebots zu sprechen. Noch habe ich die Schlacht nicht gewonnen.“
Der Herzog lächelte. „Doch Ihr werdet, mein Sohn. In all den Jahren konnte ich sehen, mit welcher Entschlossenheit Ihr Euch in einen Kampf stürzt, selbst wenn Euer Herz nicht beteiligt ist.“ Er zwinkerte ihm zu, denn nun konnten sie belauscht werden, als sie durch die Menge der Adeligen schritten, die sich ehrfurchtsvoll verneigten. „Die Dame ist Euer.“
Trotz der überfüllten Halle konnte Yves die schlanke Gestalt von Gabrielle de Perricault leicht ausmachen. Sie trug ein einfaches Gewand in tiefem Blau, einer Farbe, die das Violett ihrer Augen besonders betonte und leuchten ließ. Er wunderte sich, dass ihm dies plötzlich in den Sinn kam.
Ihr ebenholzschwarzes Haar war unter einem Schleier verborgen, der von einem silbernen Reif gehalten wurde, dessen Schlichtheit ihm gefiel.
Der Schnitt ihres Surcots war gerade, keine Stickerei schmückte den Stoff. Die geraden Linien dieses Gewandes unterstrichen ihre Größe und Schlankheit, und Yves fand ihre Erscheinung alles andere als unangenehm. Sie trug keinen Schmuck, und ihr schlichtes Auftreten passte zu ihrer geradlinigen Art.
Alles in allem bot sie einen gefälligen Anblick. Saint-Roux fand es angenehm, dass ihre schlanke Figur weder plump noch zu mager war und dass ihre Größe es ihr gestattete, einem Mann direkt in die Augen zu blicken.
Gewiss mussten sie nicht ihren Ritt verlangsamen, damit sie folgen konnte. Diese Frau konnte ebenso lange und ausdauernd reiten wie ein Mann. Sie würde niemals eine Schwäche eingestehen.
„Und es ist an der Zeit, dass Ihr endlich ein Auge auf eine edle Dame werft, Yves.“ Der Herzog drückte die Schulter seines Marschalls vertraulich, und der Ritter sah in die schalkhaft funkelnden Augen seines Gönners. „Es gab einige, die ihre Bedenken äußerten über Euch und Euren, wie soll ich sagen, Geschmack in der Wahl einer Gefährtin.“
Der Marschall starrte den Herzog an. „Mein Geschmack ist nicht ungewöhnlich“, erwiderte er steif, und der Edelmann lachte.
„Das sagte ich mir auch, mein Sohn. Mir war klar, Ihr seid nicht aus der Art geschlagen. Gleichzeitig war mir auch bewusst, dass Ihr Euch nicht mit jedem billigen Frauenzimmer abgebt, sondern auf die Eine, die Richtige, wartet. Ich wusste, Ihr müsst erst einmal vernarrt sein, bevor Ihr für eine Frau eintretet.“
Vernarrt?
Der Herzog beugte sich vor und flüsterte Yves ins Ohr: „Gabrielle ist für Euch wie geschaffen. Großer Besitz, guter Stammbaum, nicht unattraktiv, wenngleich auch keine außergewöhnliche Schönheit. Nicht übermäßig heiratswillig, doch sie braucht einen Gemahl …“ Der Herzog verstummte kurz bei diesen Überlegungen, bevor er dann wieder vertrauensvoll weitersprach. „Sie ist eine vernünftige, herzliche Frau, auf die Ihr Euch verlassen könnt.“
Er klopfte seinem Marschall erneut auf die Schulter, und Yves war selbst überrascht, wie sehr es ihn schmerzte, wenn auf solch sachliche Weise über diese Frau gesprochen wurde.
Gabrielle de Perricault war bereit, ihr Leben für ihren Sohn zu opfern. Und so ein Charakterzug war bestimmt selten zu finden, insbesondere unter all den Edelfrauen, die er in all den Jahren kennengelernt hatte. Diese zarten Wesen waren zwar hübsch, doch hatten sie nur Interesse an sich selbst und ihrer eigenen Bequemlichkeit.
Gabrielle indes war von anderer Art, und er war nicht der Meinung, dass sie deshalb weniger begehrenswert wäre.
Doch vernarrt ? Saint-Roux warf der Betreffenden einen Blick zu, wenig erfreut über die Vermutung seines Herrn, er hätte diese Aufgabe nur angenommen, um die Zuneigung der Dame zu erringen. Noch nie hatte ihn ein Weib betört – das wäre gegen jede Vernunft –, und er konnte sich nicht vorstellen, warum der Herzog dies jetzt glaubte.
„Übrigens, ich beglückwünsche Euch zu den Fortschritten, die Gaston gemacht hat“, fuhr der
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