Historical Exclusiv 45
Sie war sich des ungewöhnlichen Umstandes völlig bewusst, weshalb ihre Stimme hochmütig klang. „Ich habe kein Bedürfnis nach solchem Luxus, besonders nicht in diesen Zeiten.“ Sie fasste nach ihrem Sattel, doch der Ritter war rasch an ihrer Seite.
Wieder atmete sie den betörend männlichen Geruch seiner Haut ein, und sie spürte ein starkes Kribbeln in ihrem Bauch. Verflucht sei der Mann dafür, dass er sie so sehr durcheinander brachte!
„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie so kalt, wie sie konnte.
Yves erstarrte sofort, seine Augen verengten sich, als er sie anblickte. Er sah aus, als wolle er noch etwas sagen, doch dann schüttelte er den Kopf und schlang die Finger ineinander. Nun erst sah Gabrielle, dass er bereits seine ledernen Handschuhe angezogen hatte.
Ihre Blicke trafen sich, und ihr stockte der Atem, als sie das bernsteinfarbene Leuchten in seinen Augen wahrnahm. „Habe ich die Ehre, Euch beim Aufsteigen behilflich sein zu dürfen, Madame?“
Oh, er war ritterlich, so viel war sicher! Obgleich Gabrielles Herz seiner Nähe wegen aufgeregt schlug, obgleich seine makellosen Gesichtszüge offensichtlich Besorgnis für sie bargen, war es an der Zeit, seine Versuche, sie in seinen Bann zu ziehen, zu beenden.
„Nein!“, entgegnete sie schroffer, als es unter den gegebenen Umständen angebracht war. „Nein, Ihr werdet mich nie wieder berühren!“
Er presste die Lippen kurz aufeinander, ehe sich seine Züge besänftigten. „Vielleicht habt Ihr mich nicht richtig verstanden“, sagte er in einem gefährlich ruhigen Ton. „Ich wollte Euch lediglich beim Aufsteigen behilflich sein.“
Gabrielle schnaubte verächtlich. „Das ist genau, was ich meine, Chevalier, obwohl ich bezweifle, dass Ihr dieselbe Art von Aufsteigen meint.“
Yves richtete sich abrupt auf. „Dahinter ist nichts Ungebührliches verborgen.“
„Und ich würde sagen, doch!“, fuhr sie ihn an. „Ich wünsche Euer Wort, Sieur, und noch an diesem Morgen, dass Ihr niemals mehr danach trachten werdet, mich zu berühren!“
„Nicht einmal im höflichen Umgang?“
„Aus keinem Grund, wie auch immer!“
Der Ritter verschränkte die Arme über der Brust und starrte sie an. Er war ihr sehr nahe, doch gab es für Gabrielle keinen Platz, vor ihm zurückzuweichen. „Es ist in der Tat lange her, dass eine Dame mich so widerwärtig fand, nicht einmal meine Unterstützung beim Aufsitzen auf ihr Pferd anzunehmen.“
Oh, er würde sie mit seinen Worten nicht zur Närrin machen! Diese Berührung wäre nur die erste von vielen, und wenn sie nachgäbe, würde er nicht aufhören, sie zu bestürmen. Daran hegte sie keinen Zweifel.
„Und es ist in der Tat lange her, seit ich einem Mann von Ehre begegnete, der sein Gelöbnis noch am selben Tage brach, an dem er es gab!“, erklärte sie. Ihre Worte trafen ihn, denn er holte so tief Luft, dass seine Nasenflügel bebten.
Aber sogleich war er wieder völlig gefasst. Es war, als ob sie sich seine flüchtige Reaktion nur eingebildet hätte, doch dies war eine entmutigende Erkenntnis. Wie auch immer, Gabrielle wollte nicht nachgeben.
„Was für ein Einfall weiblicher Einbildungskraft ist das? Noch niemals habe ich ein Gelübde gebrochen!“
„Dieser Kuss gestern Abend war keine Sinnestäuschung, und ebenso wenig war er willkommen! Ihr habt geschworen, dass unsere Verbindung nur dem Namen nach vollzogen wird.“
Yves sah sich nach allen Seiten um, dann beugte er sich näher und senkte seine Stimme. „Madame, das ist weder der passende Ort noch die Zeit für diese Unterhaltung.“
„Ha! Ich wette, Ihr findet niemals die Zeit oder den Ort, um Euren Bruch unserer Vereinbarung zu besprechen.“
„Bruch?“ Er knirschte mit den Zähnen, dann sah er Gabrielle tief in die Augen und fuhr leise drängend fort. „Ich habe niemals meinen Schwur gebrochen …“
„Nein? Dieser Kuss ging weit über unsere Absprache hinaus.“
„Dieser Kuss“, stieß er hervor, „war allein zu Eurem Nutzen.“
Gabrielle musste über so viel Kühnheit beinahe laut nach Luft schnappen. Dass er solch einen Gedanken in Worte fasste, erstaunte sie. „Ihr habt eine hochmütige Meinung über Euer Benehmen, Sieur!“
„Und ich dachte, Ihr seid ein Weib von ungewöhnlich klarem Verstand!“, murmelte Yves enttäuscht. Er fuhr sich mit der behandschuhten Hand durchs Haar und sah sie erneut an. Ärger flammte in seinen bernsteinfarbenen Augen auf.
„Ihr selbst wünschtet Verschwiegenheit.“ Seine Stimme begann
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