Historical Exclusiv 45
leicht zu beben und ließ Gabrielle in ihrem Innersten erschauern.
Sie wäre eher gestorben, als ihn merken zu lassen, welchen Einfluss er auf sie hatte. „Ihr holt Eure Vorstellung über Verschwiegenheit für meinen Geschmack von sehr weit her, Chevalier!“
„Madame!“ Der Ritter knirschte hörbar mit den Zähnen, dann beugte er sich näher und murmelte leise: „Innerhalb der Mauern der Burg gibt es Leute, die der Geschichte des Herzogs misstrauen könnten. Ich selbst hörte sie letzten Abend darüber reden.“
Sie konnte sich nicht von seinem eindringlichen Blick lösen.
„Der Herzog, Ihr habt es vielleicht bemerkt, ist überzeugt davon, dass ich Euer Angebot nur annahm, weil ich Eurem Charme verfallen bin.“ Yves verzog die Lippen, als ob sie ein Geheimnis teilten. Gabrielles Herz blieb fast stehen, in dem Bewusstsein, was dieses Geheimnis bedeutete.
„Wir beide wissen, dass dies nicht wahr ist. Wie auch immer, es schien passend, diese Geschichte zu verbreiten“, fuhr er fort.
Doch Gabrielles Stolz ließ es nicht zu, die Angelegenheit so ohne Weiteres zu akzeptieren. Mochten sie beide wissen, wie völlig absurd der Gedanke des Herzogs war, aber es war eine Unverschämtheit von dem Ritter, die Wahrheit so zu entstellen. Sein tadelnswertes Betragen verärgerte sie so sehr, dass sie eine Weile brauchte, die Bedeutung dessen zu erfassen, was er gesagt hatte.
Dann starrte sie ihn an. „Ihr küsstet mich nur mit der Absicht“, zischte sie ungläubig, „um Tratsch zu verbreiten?“
Yves nickte, offensichtlich stolz darauf, was er getan hatte. „Es schien das Beste für Euch zu sein. Wir möchten doch nicht, dass gewisse Vermutungen aus diesen Mauern dringen.“
„Schurke!“ Gabrielle brachte das Lächeln des Ritters mit einer Ohrfeige zu einem Ende – zum zweiten Mal in weniger als einem Tag. „Wie könnt Ihr es wagen , mein Ansehen zu beschmutzen, nur um Euren Zielen zu dienen? Wisst Ihr, was die Leute heute Morgen zu mir sagten? Was glaubt Ihr, für was für eine Sorte von Frauenzimmer man mich hält, die einen Liebhaber mit auf die Reise nimmt, um eine Braut Christi zu werden?“
Gabrielle spuckte auf den Stallboden, und Yves trat in offensichtlichem Erstaunen einen Schritt zurück. „Nehmt das für Eure Gefälligkeit! Und erspart mir jede weitere dieser Art!“
Sogleich führte sie ihren Hengst aus dem Unterstand, griff nach dem Sattelknauf und steckte den Fuß in den Steigbügel. Sie zog sich mit all ihrer Willenskraft in Methuselahs Sattel. Es war sicher nicht leicht, aber Gabrielle war wütend genug, um es zu schaffen. Kalt blickte sie auf Yves hinab, seine Wange war heftig gerötet von ihrem Schlag.
„Ihr denkt nicht vernünftig darüber“, sagte er mit unerwarteter Ruhe. „Gerüchte werden unvermeidlich kommen und gehen, doch der wahre Nutzen wird durch gewisse Annahmen über unsere …“
„Ich kümmere mich nicht um Eure Ansichten von einem wahren Nutzen!“, rief sie zornig. Methuselah scharrte ungeduldig, offensichtlich übertrug sich ihre Stimmung auf das Pferd. „Mein Ansehen ist das Einzige, was mir noch geblieben ist, und ich werde nicht zusehen, wie Ihr es für Eure Ziele zerstört!“
Die Falten in seiner Stirn vertieften sich. „Ich wollte Euch nicht verletzen, Madame, aber …“
„Trotzdem habt Ihr es getan!“ Gabrielle war von maßloser Wut erfasst, obwohl sie nicht wagte herauszufinden, warum er ihren Zorn so sehr erregt hatte.
Stattdessen wies sie mit ihrem behandschuhten Finger in seine Richtung. „Mein ganzes Leben hat man mir gesagt, wie ich den Bedürfnissen eines Mannes dienen kann. Ich habe genug von dieser Rolle! Ich werde nicht nach Eurer Pfeife tanzen, Chevalier, gleichgültig, wie klug Ihr zu handeln denkt. Es wird keine weiteren Berührungen dieser Art zwischen uns geben. Verstehen wir uns?“
Yves presste die Lippen fest zusammen, als er zu ihr hinaufstarrte, und in Gabrielles Ohren klang ihr Pulsschlag wie Donnergrollen.
Was hatte sie getan? Oh, sie hatte einen Fehler gemacht, sie konnte ihre Zunge nicht im Zaum halten – und das bei einem Mann, den sie nicht gut kannte! Was hatte sie veranlasst, ihre Gedanken Yves de Saint-Roux so deutlich zu offenbaren?
Doch er setzte lediglich mit einer ungeduldigen Handbewegung seinen Helm auf. „Seid gewiss, Madame, das tun wir“, sagte er schroff.
„Dann lasst uns losreiten.“ Gabrielle stieß die Fersen in Methuselahs Flanke, und das Pferd sprang davon, begierig darauf, nach den Tagen im
Weitere Kostenlose Bücher