Historical Exclusiv 45
unten!“, schrie ein anderer Kämpfer, und Gabrielle verließ der Mut, als sie sah, dass er recht hatte. Eine andere Streitmacht kam von der Brücke zum Tor herauf. Es waren Philippes Männer, die im Wald verborgen gewesen waren.
Sie waren zwischen zwei Truppen eingekeilt, und man würde sie abschlachten wie Schweine nach der Fastenzeit!
Saint-Roux schätzte die Lage ab, doch selbst in dieser Situation konnte man keine Verzweiflung in seinem Gesicht erkennen. „Wählt eure Seite! Ich will keinen zwingen, bis zum Tod zu kämpfen“, rief er den Männern zu. „Die Gnade Gottes sei mit euch.“
Die Männer würden die Flucht ergreifen, solange sie noch eine Chance hatten, dessen war sich Gabrielle mit Schrecken bewusst. Und jene, die blieben, würden in einem unvermeidlichen Gemetzel zugrunde gehen. Thomas wäre Philippe preisgegeben. Sie unterdrückte Tränen der Enttäuschung, da sie den Feldzug als fehlgeschlagen ansah.
Würde es jemals wieder eine Gelegenheit geben, ihren Sohn zu retten?
Doch Gabrielle brauchte sich deswegen keine Sorgen zu machen. Die Männer scharten sich zusammen, und eine Entschlossenheit, die sie nicht erwartet hatte, leuchtete in deren Augen.
„Herr, wir folgen Euch!“
„Herr, wir werden nicht lebend von hier fortgehen ohne Euch und Thomas!“
Die Männer brüllten zustimmend und schlugen ihre Klingen aufeinander. Diese Begeisterung für den Kampf überstieg Gabrielles Erwartungen bei Weitem. Sie schaute sich um und war erstaunt, dass Yves die Treue dieser Männer so schnell gewonnen hatte.
„Welchen Weg, Herr?“, wollte einer der Ritter wissen.
„Führt uns!“, schrie ein anderer.
Was, wenn er sich entschließen sollte, den Kampf um Perricault aufzugeben? Gabrielle fürchtete plötzlich, dass Yves’ strategischer Verstand sich gegen den Wunsch ihres Herzens entschied. Selbst wenn die Männer sich entschlossen, weiter zu kämpfen, konnten sie doch alle getötet werden, denn sie waren zahlenmäßig unterlegen.
Aber wenn sie sich zur Flucht entschlössen, könnte Thomas Philippes Zorn zu spüren bekommen. Gabrielle drängte es, den Angriff fortzusetzen, um ihren Sohn zu befreien. Doch ehe sie ihre Sache vortragen konnte, hob Saint-Roux das Schwert und zeigte damit auf die Streiter Philippes. Sein Blick traf sich mit ihrem.
„Ich finde Thomas!“, erklärte er.
Gabrielles Herz begann zu rasen.
Die Männer schrien zustimmend. „Wir folgen Euch, Chevalier!“
Sie gaben den Pferden die Sporen und jagten durch das Tor der Vorburg. Mit solcher Wucht trafen sie auf die ankommenden Feinde, dass die Erde bebte. Gabrielle erschauerte bis in ihr Innerstes. Sie hatte kaum genug Zeit zu merken, dass die beiden Anführer in Kampfstellung gingen, da wurde ihre Stute vom Hieb einer Streitaxt getroffen und brach unter ihr zusammen.
Das Tier brüllte vor Schmerz auf, und Gabrielle rang nach Atem.
Yves fluchte, ritt rasch herbei, riss sie hoch und schwang sie vor sich in den Sattel. Er führte jeden Streich sicher, obwohl Gabrielles Körper ihn behinderte.
„Leon!“, rief er.
Der Mann war im nächsten Augenblick an der Seite seines Herrn, dabei schwang er seine Klinge mit tödlicher Bestimmtheit gegen die Widersacher.
„Nehmt sie mit Euch!“, murmelte er. Offenbar wollte er in der Gegenwart des Feindes ihren Namen nicht nennen. „Fort von diesem Ort!“
„Aber, Herr …“
„Tut es!“ Saint-Roux parierte einen besonders tückisch geführten Streich, ehe er dem Ritter einen deutlichen Blick zuwarf. „Und tut es sofort .“ Er gab Gabrielle einen Schlag aufs Gesäß, der wohl eher für einen ungezogenen Knappen gepasst hätte. „Geht!“
Sie hatte geschworen, seinem Befehl zu folgen, sosehr das in diesem Moment auch schmerzte.
Die Pferde standen Seite an Seite, und es gelang ihr, in den Sattel hinter Leon zu klettern. Der Ritter drehte sich behände um, dann gab er seinem Streitross die Sporen.
Gabrielle schaute zurück und sah den Chevalier im Kampf mit dem Anführer von Philippes Truppen. Es war nicht Philippe selbst, denn der betreffende Ritter trug nicht die Farben von Trevaine, indes sein Können war tödlich, und Gabrielle fürchtete um Yves’ Leben.
Zu ihrem Entsetzen sah sie, wie jemand in den Torturm schlüpfte. Das Fallgatter knarrte und begann sich erneut zu senken.
„Nein!“ Sie umklammerte Leons Schulter. „Saint-Roux darf nicht in der Burg gefangen werden!“
„Madame! Er weiß genau, was er tut.“
„Wir müssen ihn warnen!“
„Dafür ist
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