HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
glücklich“, sagte sie lächelnd. „Ich danke Ihnen nochmals, Sir, dass ich sie morgen bei Ihnen lassen kann.“
Seufzend strich der alte Mann den Kaftan glatt. „Befürchten Sie nichts, Madam. Ihre Tochter ist bei mir in Sicherheit.“
„Ich sorge mich nicht um sie. Ich habe jedoch etwas, das ich Ihnen geben muss.“ Mary machte die Schildpatttasche auf, entnahm ihr ein versiegeltes Couvert und erklärte: „Ich habe Ihnen aufgeschrieben, was zu tun und wer zu benachrichtigen ist, falls mir etwas zustoßen sollte.“ Verlegen hielt sie inne. Der Emir musste sie für überaus ängstlich halten, da sie ihm nur mitgeteilt hatte, dass sie mit dem nächsten Morgenzug verreisen würde. Die genauen Umstände hatte sie ihm verschwiegen. Sie waren nur dem Händler in Kilindini und seiner Frau bekannt, die ihr helfen wollten, den Plan auszuführen.
Halil ibn Aybak furchte die Stirn. „Sind Sie wirklich entschlossen, eine so anstrengende Reise zu unternehmen? Es wäre mir ein Leichtes, einen meiner Diener zu entsenden.“
„Ja, ich habe alles genau bedacht. Ich selbst muss meinen Gatten finden. Das ist das Klügste.“
Halil seufzte wieder und entgegnete leicht ironisch: „Darüber kann man geteilter Meinung sein, meine liebe Mrs. MacKenna.“
„Wollen Sie damit andeuten, dass ich im Irrtum bin?“
„Nun, das vielleicht nicht. Aber Sie sind noch sehr jung. Menschen Ihres Alters vertreten oft den Standpunkt, sie müssten alles so hinbiegen, wie sie es gern hätten, und sind dann nicht gegen Überraschungen gefeit.“
Mary warf dem Emir einen erstaunten Blick zu. „Ich fand es stets wichtig, mein Leben selbst in die Hände zu nehmen.“
Halil lachte verhalten. „Wer will denn unbedingt über sein eigenes Schicksal befinden? Die unerwarteten Entwicklungen im Leben sind doch viel interessanter als alles, was man vorausplanen kann. Durch unvorhergesehene Ereignisse wird der Mensch stark und weise. Sie lehren ihn die wahre Bedeutung des Wortes Glück.“
„Sie sprechen in Rätseln, Sir.“
„Wirklich? Nehmen Sie sich an meinem Leben ein Beispiel, Madam. Glauben Sie, ich hätte mir einfallen lassen, den Aufstand zu planen, durch den meine Familie von der Macht vertrieben wurde? Oder dass ich mich in Mombasa niederlassen würde, im Exil, fern der Heimat? Natürlich nicht! Dennoch bin ich nun hier, unterhalte mich mit Ihnen in diesem hübschen Gärtchen und habe das Gefühl, es sei uns bestimmt gewesen, in diesem Haus zusammen zu sein.“
Mary nickte verständnisvoll, stimmte dem Emir indes nicht zu. Ihrer Meinung nach war jeder des eigenen Glückes Schmied. Sie schaute dem Äffchen zu, das sich von der Palme geschwungen hatte und, ein Stück Mango im Händchen, mit großen Sprüngen zur Küche unterwegs war, unter lautem Kreischen verfolgt von Jenny und den Jungen. Sie lachte auf. „Waren denn diese beiden Rangen nicht geplant, Sir?“
„Nein, gewiss nicht. Auch ihre Mutter war in meinem Leben nicht vorgesehen. Genau das ist der springende Punkt, Madam. Von meinen drei Frauen war nur Halima von vornherein für mich bestimmt. Unsere Ehe wurde arrangiert, als wir noch Kinder waren.“
„Halima ist eine großartige Frau“, sagte Mary und sah in Gedanken die hoch aufgerichtete Gestalt der Araberin mit dem vollen grauen Haar und dem wachen, scharfsinnigen Blick vor sich.
„Sie ist eine pflichtbewusste Gattin, die mir drei mittlerweile verheiratete und bei ihren Familien lebende Töchter und einen Sohn geschenkt hat, der im Krieg gefallen ist. Aber Sie sollten wissen, Madam, dass sie und ich im Wesen sehr unterschiedlich sind. Sie gehört zu mir wie mein rechter Arm, und ich würde mich nie von ihr trennen, auch wenn unsere Ehe nie sehr leidenschaftlich war.“ Halil seufzte schwer und blickte zu den langsam am dunkelnden Himmel erkennbaren Sternen hinauf. „Aziza hingegen …“
„War auch sie nicht eingeplant?“, drängte Mary den Emir sacht zum Weitersprechen.
„Sie ist die Tochter eines Freundes, die ich eines Tages unverschleiert in seinem Haus gesehen habe. Unsere Blicke trafen sich, und wir verliebten uns Hals über Kopf. Ich musste sie haben. Der Islam gestattet einem Mann mehrere Gattinnen, und sie hatte nichts dagegen, meine Zweitfrau zu werden. Die Leidenschaft …“
Halil versank in verträumtes Schweigen, und man sah ihm an, dass er in Erinnerungen schwelgte.
„Siebenmal wurde Aziza guter Hoffnung“, fuhr er nach einer Weile in bekümmertem Ton fort. „Doch alle Kinder starben bei
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