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HISTORICAL EXCLUSIV Band 14

HISTORICAL EXCLUSIV Band 14

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ERIN YORKE ELIZABETH LANE
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dann merkte der Gatte, was sie empfand.
    Die Vernunft riet ihr, zu bleiben, wo sie war, doch sie hatte die lange Reise unternommen, um den Gemahl zu finden, und konnte es sich nicht leisten, ihn jetzt aus den Augen zu verlieren. Der aus der Richtung der Baustelle herüberdringende Lärm war zunehmend zu wüstem Geschrei geworden. Vorsichtig lugte Mary um das Zelt, konnte Cameron indes nicht sehen. Nach einigen Minuten erhaschte sie dann zwischen all den turbantragenden Indern einen Blick auf sein schwarzes Haar, und ihr stockte das Herz. Ihr Mann stand inmitten des Tumultes.
    Ohne zu überlegen, rannte sie, den Rucksack an die Brust drückend, zum Schienenstrang, kletterte in der Nähe der versammelten Menschen auf einen Stoß geborstener Schwellen und Holzabfälle und sah dann ungehindert, was geschah. Zwei große, gebogene Katars in den Händen haltende Männer, von denen einer eine klaffende Wunde an der Wange, der andere einen blutdurchtränkten Ärmel hatte, standen sich geduckt lauernd in dem von den Neugierigen geformten Kreis gegenüber, und der Hass, der von beiden ausging, war beinahe körperlich spürbar. Zwischen ihnen befand sich Cameron, unbewaffnet, schaute von einem zum anderen und sprach leise auf sie ein. Erneut konnte Mary seine Worte nicht verstehen, entnahm jedoch dem harten Ton seiner Stimme, seinen abfälligen Gesten und den mörderischen Blicken der beiden Kontrahenten, dass er die schlimmsten Beschimpfungen gegen sie ausstieß und sie wechselseitig herausforderte, es mit ihm aufzunehmen.
    Sie bekam einen trockenen Mund, denn der Gatte war zwar größer als die beiden, ihnen indes weder im Körperbau noch an Kraft überlegen. Er war zwei blindwütigen Rohlingen ausgesetzt, ohne sich mit irgendeiner Waffe verteidigen zu können. Mary rückte auf dem Holzstapel ein Stückchen höher, um noch bessere Sicht zu haben. Bestimmt hatte Cameron sich für die Strategie entschieden, die Inder zu bluffen und sie hinzuhalten. Plötzlich schleuderte er ihnen eine weitere, noch drastischere Beleidigung entgegen, und diesmal war er offensichtlich zu weit gegangen. Den Gaffern verschlug es die Sprache; der Mann mit dem verletzten Arm hob den in der Mittagssonne aufblitzenden Dolch und sprang Cameron mit wildem Aufschrei an.
    Mary sah den Gatten ihm einen wuchtigen Faustschlag versetzen. Es gab ein dumpfes Geräusch, und der rücklings hinstürzende Gegner ließ den Dolch fallen, spuckte Blut und griff sich an das vermutlich gebrochene Kinn. Cameron wandte sich dem zweiten Inder zu, der hastig den Katar in die Scheide steckte und, die Augen vor Angst hervorquellend, zurückwich. Mary war bestürzt und wunderte sich, warum ihr Mann nicht aufhörte. Der Kampf war doch zu Ende. Aber aus den Augen des Gatten sprach die wildeste Wut, die Mary je bei einem Menschen gesehen hatte. Er holte aus und rammte dem um Erbarmen Winselnden die geballte Hand in den Magen. Ächzend und nach Luft schnappend, brach der Inder zusammen und ging zu Boden.
    Ohne ihn eines Blickes zu würdigen, drehte Cameron sich um und verschwand durch die Zuschauer, die ihm schweigend eine Gasse bahnten. Unversehens überkam Mary ein Gefühl der Beklommenheit, das nicht durch das Verhalten des Gatten erzeugt wurde, da die beiden Inder die harte Bestrafung offenbar verdient hatten, sondern mehr durch seine eisige Entschlossenheit, die seinem früheren impulsiven, hitzigen Wesen nicht entsprach. Ihr war übel, und in dem Bemühen, an etwas anderes zu denken, schloss sie die Augen und sagte sich, es habe keinen Sinn, emotional zu reagieren. Alles, was sie brauchte, war die Unterschrift ihres Mannes auf einem wichtigen Stück Papier. Dann konnte es ihr einerlei sein, was aus ihm geworden war, denn sie würde für immer aus seinem Leben verschwinden.
    Langsam schlug sie die Lider wieder auf und sah, dass er den Rand der Menschenmenge erreicht hatte. Im Begriff, vom Holzstapel zu klettern, bemerkte sie, dass der Inder, dem Cameron wahrscheinlich das Kinn zertrümmert hatte, nach dem Katar griff, die Hand hob und zum Wurf gegen ihren sich entfernenden Gatten ausholte. „Pass auf, Cameron!“, schrie sie auf.
    Im Nu hatte er sich umgedreht und duckte sich geistesgegenwärtig. Der Dolch flog über seinen Kopf, grub sich in einen Telegraphenmast und blieb zitternd stecken. Sofort straffte sich Cameron, schnellte vor und griff den Inder an. Nach zwei, drei wuchtigen Hieben lag der Mann bewusstlos im Staub. Schwer atmend wandte Cameron sich ab und schaute zu

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