HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
erziehen hoffte, hielt ihn davon ab.
„Die Ehre der Engländer wird in der ganzen Welt anerkannt“, erwiderte Victoria kühl, „und ich bin genauso ehrenwert wie meine Landsleute.“ Damit hob sie ihren Rocksaum, so dass die Haremsgarderobe unter ihrer eigenen Kleidung zu erkennen war. „Sie befahlen mir, diese Sachen anzuziehen. Das habe ich getan, und ich erwarte, dass Sie jetzt ebenfalls Ihr Versprechen einhalten.“
„Sie glauben wohl, Sie könnten mich übertölpeln, ja? Der Aufenthalt im Sklavenpferch wird Ihnen guttun. Falls Sie bis morgen nicht wirklich demütig geworden sind, werde ich mir etwas ausdenken, das mich mehr amüsiert. Vielleicht sind Sie ja gar keine Jungfrau mehr. Ich werde also einen Arzt holen lassen, der das untersucht.“
„Falls jemand in meine Nähe kommt, töte ich erst ihn und dann mich selbst“, erklärte Victoria kalt.
„Bringt die Frau hinaus!“, befahl Zobeir entnervt. „Werft sie in den Pferch!“
O Hayden, wo bist du? schrie Victoria innerlich, während sie mit hoch erhobenem Haupt hinausschritt.
4. KAPITEL
Die hohen Mauern von Khartum erhoben sich vor den Reisenden. Die staubige Oberfläche, über die sich das Morgenlicht ergoss, erschien Ali wie ein böses Omen. Seine Magen- und Kopfschmerzen wurden noch schlimmer.
In El Nalaral, einem Dorf zwischen Khartum und den Steinbrüchen nördlich davon hatte er sich nämlich gestern Abend seine missliche Lage mit Sabib erleichtern wollen, während Jed Kinkaid einen großen Teil des Lösegeldes großzügig für Ausrüstungsmaterial ausgegeben hatte, das er für seinen verrückten Befreiungsplan benötigte.
Ali hoffte, dass Allah Verständnis für seine kleine Alkoholsünde aufbrachte; viel mehr besorgte den Krämer, dass er sich heute Morgen so schlecht fühlte.
„Das wird noch böse enden“, murmelte er und trottete missmutig neben Jed her, denn die Pferde sowie die von dem Amerikaner angekauften Lebensmittel hatten sie in einer Felsspalte versteckt.
„Hören Sie auf zu jammern“, sagte Jed, der Khartums Mauern sowie die Feluken in Augenschein nahm, welche vor dem Haupttor der Altstadt im Blauen Nil vor sich hin dümpelten.
Das kalte, gefährliche Glitzern in Kinkaids grünen Augen ließ Ali erschaudern. Er nahm den Packsack mit dem Sprengstoff, den Jed dem französischen Betreiber des Steinbruchs bei Kerrari abgekauft hatte, auf die andere Schulter. Es war ihm nicht recht, so ein Material mit sich herumzutragen, doch der Amerikaner fühlte sich offenbar wohl mit solcher Gefahr.
„Ali, Sie wissen doch noch, was Sie zu tun haben, wenn wir in die Stadt kommen, ja?“
„Sie haben es mir ja auch nur ein halbes Dutzend Mal erklärt, und ich verstehe durchaus Ihre Sprache, wenn sie auch barbarisch ist.“
„Sie brauchen ja nicht gleich beleidigt zu sein.“ Jed lächelte trügerisch. „Wenigstens betreten Sie Khartum als freier Mann. Sie müssen ja nicht den Gefangenen spielen und brauchen nicht in die Sklavenpferche zu gehen.“
„Ich finde das Ganze einfach widersinnig. Es ist doch nur eine Vermutung, dass die Frau dorthin gebracht wurde! Für diesen Irrsinn sollte ich Sie tatsächlich verkaufen. Dann wäre ich Sie wenigstens los.“
Jed blieb stehen, packte den Krämer bei seiner Gallabije und zog ihn so dicht heran, dass ihre Nasen beinahe aneinanderstießen. „An so etwas sollten Sie nicht einmal denken! Falls dort drinnen irgendetwas schiefgeht, bringe ich Sie um und werfe Ihre Leiche den Schakalen vor. Meinen Sie, Ihre Fatima wird gern eine Witwe?“
„Wenn dieses Unternehmen in einer Katastrophe endet, dürfen Sie mich nicht dafür verantwortlich machen.“ Gelassen schob Ali Jeds Hände fort. „Wenn Sie nicht so verdammt impulsiv gewesen wären, hätten wir das Geld längst übergeben und könnten uns schon wieder auf dem Heimweg nach Kairo befinden.“
„Würden Sie etwa in Ihrer armseligen Werkstatt eine Lieferung Messing bezahlen, ohne die Ware erhalten zu haben?“
„Ihnen macht das ja auch noch Spaß!“, rief Ali. „Wenn die Shaw nicht entführt worden wäre, würden Sie sich jetzt mit Schwierigkeiten amüsieren, die genauso gefahrvoll sind wie diese hier.“
„Halten Sie den Mund, Ali“, warnte Jed.
„Es stimmt doch! Sie berauschen sich an der Gefahr, wie ich mich gestern an Sabib berauscht habe. Sie sind süchtig danach, Kinkaid. Sie wissen nicht einmal, wie unverfroren das ist, was Sie machen.“
„Ich begreife nur nicht, weshalb ein großer Kerl wie Sie sich scheut, die
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