HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Kinkaid war ein ehrenwerter Mann – in Grenzen jedenfalls.
Ein Ruck an seinem Halfter machte es ihm schwer, Ali weiterhin unterwürfig durch die dunkle Gasse zu folgen. Gegenwärtig bewegten sie sich an der äußeren Stadtmauer entlang, wobei sich Jed im Hinblick auf einen Fluchtweg alles ganz genau ansah. Die Straße änderte ihren Verlauf und folgte dann wieder einer anderen Richtung.
Der Auktionsblock befand sich für unbefugte Augen kaum einsehbar mitten in dem Irrgarten aus Gängen und Gassen. Als Jed aus der Dunkelheit auf den heißen, sonnendurchfluteten Marktplatz hinaustrat, spürte er sofort die Gefahr, und seine Erregung wuchs. Ali hatte recht; Jed Kinkaid brauchte das Abenteuer wie die Luft zum Atmen. Dennoch ließ er sich von dem Ägypter geduldig um den Basar herumführen, und während der Krämer öfter stehen blieb, um sich mit den Einwohnern zu unterhalten, merkte sich Jed die Lage der Pferche und brachte heimlich den Sprengstoff an. Da Ali ihn mit seinem Körper vor neugierigen Blicken abschirmte, schaffte er das problemlos.
Nun mussten sie nur noch den Sklavenhändler finden, den die Kidnapper in der Oase erwähnt hatten, denn ohne ihn konnte Jed nicht sicher sein, dass sich Victoria Shaw hier irgendwo befand. „Die Zeit wird knapp, Ali. Erkundigen Sie sich nach Zobeir“, befahl Jed im Flüsterton.
Der Ägypter zog ihn jedoch nur hinter sich her und ging auf einen alten Wasserverkäufer zu. Jed fand, dies sei nicht der richtige Zeitpunkt, um Durst zu bekommen. Ärgerlich sah er zu, wie der unter dem schweren Behälter mit der langen Tülle gebeugte Alte Ali einen Becher der kostbaren Flüssigkeit einschenkte.
„Ich will noch mehr kaufen, Großvater, und dazu benötige ich eine weitere Information.“ Ali drückte dem Alten eine Münze in die knorrige Hand. „Ich möchte wissen, wie ich diesen wertlosen Sklaven am besten verkaufe. Kannst du mir erklären, wo ich einen guten Sklavenhändler finde, der mir sagt, wo ich für eine so armselige Ware noch einen guten Preis erziele?“
„Der anerkannteste von allen ist Zobeir. Da drüben steht er; es ist der Dicke. Der kann dich am besten beraten. Einen so hübschen Mann wie deinen kauft er möglicherweise selbst. Dann sparst du sogar noch die Gebühr für den Auktionator.“
Im Stillen regte sich Jed mächtig über den Wasserträger auf. Hübscher Mann! Ali indessen dankte dem Alten und ging mit dem Amerikaner im Schlepp über den Marktplatz.
„Es-salamu ’alekum“, rief der Ägypter und näherte sich den Männern. Den ärgerlichen Jed zerrte er ziemlich grob hinter sich her. Mit dem Gewehr im Arm und dem strengen Blick in Jeds Richtung wirkte Ali Sharouk eher wie ein ernst zu nehmender Wüstenbewohner denn als harmloser Krämer aus der Stadt.
„W-’alekum es-salam“, antwortete einer der Männer endlich, blickte jedoch die Unbekannten argwöhnisch an.
„Kannst du mir sagen, ob hier bald eine Auktion stattfindet? Ich möchte ein wenig Geld verdienen und mich gleichzeitig von dieser Last befreien.“ Mit dem Kopf deutete Ali auf Jed.
„Du bist Ägypter, nicht wahr?“, erkundigte sich der als Zobeir ausgemachte Dicke.
„Ja“, bestätigte Ali gelassen. „Meine Familie zieht über das Land bei Berenika.“
„Und du willst hier einen Sklaven verkaufen?“, fragte ein anderer Sklavenhändler mit einem abschätzenden Blick auf den angebundenen Mann.
„Man hat mir gesagt, dass das in Khartum leichter und einträglicher sei als in Kairo, besonders wenn es sich um einen weißen Sklaven handelt.“
„Dennoch ist es ein dreistes Unternehmen für jemanden, der in einem Land lebt, welches eher von Europäern als von einem Khediven regiert wird“, bemerkte Zobeir.
„Nicht so dreist wie das Verbrechen, das dieser Schakal verübt hat.“ Ali machte eine düstere Miene, zwang Jed auf die Knie und versetzte ihm einen harten Schlag.
„Was war das für ein Verbrechen?“, erkundigte sich Zobeir höllisch.
„Er hat sich meiner Frau genähert“, berichtete Ali und erzählte damit die Geschichte, die Jed erfunden hatte. „Ich schwor bei Allah, dass dieser Haufen Kameldung dafür bezahlen würde. Der Tod ist zu einfach für ihn. Er soll während der nächsten Jahre erfahren, was Elend ist. Außerdem will ich mir auf seine Kosten die Taschen füllen. Wird es nun hier eine Auktion geben, oder muss ich mir selbst einen Käufer suchen?“
„Morgen wird eine private Versteigerung abgehalten. Ich glaube allerdings, dass du nicht viel für
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