HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Willen dazu hatte.
Entschlossen sprang sie auf. Im Nu war ihr schwindlig; die Arme hingen ihr schlaff herunter, und beim Atmen gab es ein rasselndes Geräusch. Aber sie musste endlich Wasser finden. Sie zwang sich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Nach einer Weile wurde ihr unklarer Blick von einem trockenen Flussbett gebannt. Sie wankte voran, brach schließlich auf dem heißen Sand zusammen und begann, mit tauben Händen zu graben, zunächst noch langsam, doch bald mit zunehmender Verzweiflung. Die Mühe ließ sie keuchen, und durch den harten, kiesigen Untergrund riss sie sich rasch die Finger blutig.
Tiefer und tiefer wühlte sie die Erde auf, bis das Loch so tief war, dass sie mit den Armen nicht weiterreichen konnte. Vor Erschöpfung zitternd, brach sie auf dem aufgehäuften Sandhügel zusammen und ließ den Kopf über den Rand des Loches hängen. Sie hatte nur Steine und einige Wurzeln gefunden. Der Boden war unter der Oberfläche auf Armeslänge so ausgetrocknet wie zu ebener Erde. Die Erkenntnis war niederschmetternd, doch Mary hatte nicht mehr die Kraft zu weinen.
Am Nachmittag setzte der Wind ein. Heulend fauchte er von Osten durch das Gestrüpp und trug die Sonne verdunkelnde Schwaden aufgewirbelten roten Staubes heran. Furchtsam und verwirrt hockte Mary neben dem Gatten. Nie im Leben hatte sie einen ähnlichen Sturm erlebt.
Möglicherweise war der Witterungsumschwung daran schuld, dass Cameron sich rastlos und stöhnend hin und her wälzte, lautlos Worte formte und sich mit fiebrigem Blick wild in der Höhle umschaute, ohne Mary wahrzunehmen. Sie fragte sich, wo er in Gedanken sein mochte. Seit vielen Tagen hatte er durch nichts zu erkennen gegeben, dass er wusste, wer sie war oder wo er sich befand. Mittags hatte sie ihm das letzte Wasser eingeflößt und beschlossen, sobald die Sonne tiefer stand, wieder nach einem Quell oder Rinnsal zu suchen. Doch dann war vor Stunden der Sturm losgebrochen und hatte sie durch seine Wucht genötigt, in der Höhle zu bleiben. Inzwischen war die Abenddämmerung angebrochen, und der graue Himmel vom flammenden Licht der untergehenden Sonne überzogen. Niedergeschlagen ergab Mary sich in ihr Los. Sie hatte alles getan, was sie vermochte, doch das war nicht genug gewesen. In absehbarer Zeit würden Cameron und sie verdurstet sein.
Tränenfeuchten Blickes schaute sie einen Moment ins Freie, schloss dann die Augen und weilte in Gedanken bei der Tochter. „Lebe wohl, mein Kleines“, flüsterte sie bewegt. „Sei stark, wo immer du bist. Denke daran, wer du bist und woher du kamst, und vergiss nie, wie sehr dein Vater und ich dich geliebt haben.“
Sie schluckte schwer und sah dann wieder den Gatten an. Er schlief, und sein Atem ging regelmäßig. Welche Gnade es für ihn wäre, könnte er friedlich im Schlaf sterben, frei von Schmerzen und Ängsten.
Die Sonne versank, und ihre letzten blutroten Strahlen verblassten am Himmel. In der bald einsetzenden tiefen Finsternis würde nur noch das Wüten des Sturmes zu hören sein. Mary streckte sich neben dem Gemahl aus, schmiegte den Kopf an seine Schulter und legte ihm den rechten Arm über die Brust. Falls sie je von jemandem gefunden werden sollten, würde man sie so antreffen – im Tod vereint. „Ich liebe dich, Cameron“, flüsterte sie. „Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, auch dann nicht, als dein Stolz zwischen uns stand. Ich habe dir immer gehört, mein Herzallerliebster, und werde stets zu dir gehören. Ich liebe dich. Vergiss das nie.“
Er regte sich. Sie spürte die Bewegung seines Armes und dass er ihr sacht über das Haar strich. Vor Freude machte ihr Herz einen Sprung. Ja, alles war in Ordnung. Er hatte sie gehört und wusste, was sie für ihn empfand. Beglückt schloss sie die Augen, von Friede erfüllt.
Es war finster, als Cameron aufwachte. Totenstille umgab ihn. Bestürzt starrte er in die Dunkelheit und fragte sich klopfenden Herzens, wo er war. Langsam streckte er die Hand aus, um irgendetwas Festes zu erfassen, an dem er sich orientieren konnte. Er versuchte, den Arm zu heben, doch es gelang ihm nicht. Etwas Warmes, Weiches, Atmendes ruhte darauf. Jäh erinnerte er sich. Mary! Die Malaria! Die Höhle! Die scheußlichen Albträume! Die veilchenblauen Augen der Gattin, die er verschwommen vor sich wahrgenommen hatte. Marys Hand, die Berührung ihrer weichen Lippen! Die süße Mary! Ihr verdankte er sein Leben.
Er hob sich leicht an und bemühte sich vorsichtig, den Arm unter der
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