HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
bald mit den Kräften am Ende gewesen. Die Sklavenkarawane konnte noch Meilen entfernt sein. Das Wichtigste war jetzt, voranzukommen.
Der Nachmittag ging in die Abenddämmerung über. Wolken zogen am aufgehenden Mond vorbei. Die Luft roch nach Regen.
Mary trottete neben dem Gemahl her und presste, um sich Mut zu machen, Jennifers Hütchen an die Brust. Es war gefährlich, nach Sonnenuntergang noch unterwegs zu sein. Vor einiger Zeit waren Mary und Cameron nur einen Steinwurf weit entfernt an einer Löwengruppe vorbeigekommen, die ein zur Strecke gebrachtes Zebra fraß. Das hungrige Knurren und das Krachen der Knochen hatte Mary Schauer über den Rücken laufen lassen. Und eine Weile später hatte sie das schrille Quieken eines Warzenschweins gehört und im Gebüsch das gefleckte Fell eines Leoparden bemerkt.
Cameron hatte das schussbereite Gewehr in der Hand. Hin und wieder zuckte er zusammen, wenn ein Geräusch durch die Dunkelheit zu ihm drang.
Dann drängte Mary sich schutzsuchend hinter ihn, während er mit angelegtem Karabiner langsam einen Kreis beschrieb, und atmete auf, sobald er, da keine Gefahr bestanden hatte, die Waffe wieder sinken ließ. Sie sehnte sich nach einer Rast, versagte sich jedoch jede Klage. Sie durfte nicht anhalten. Die Tochter war irgendwo vor ihr. Sie musste zu ihr gelangen.
Der Weg stieg an und wand sich durch Lavagesteinsbrocken, als Cameron jäh erstarrte. „Riech mal!“, sagte er leise.
Mary schloss die Augen und schnüffelte. Der beißende, vom Wind herübergewehte Geruch war unverkennbar der Rauch eines Feuers. Heftig klopfenden Herzens öffnete sie die Lider und schaute den Gatten an.
„Hör gut zu“, flüsterte er. „Sobald wir wissen, wo die Karawane ist, müssen wir einen sicheren Ort finden. Dort werde ich dich zurücklassen und allein weitergehen, um die Lage auszukundschaften. Versprich hier und auf der Stelle, dass du dich nicht vom Fleck bewegen und ruhig verhalten wirst.“
„Cameron!“, entrüstete sich Mary. Vor Empörung achtete sie nicht auf die Stimme der Vernunft, die ihr sagte, dass der Gatte recht hatte. Falls es zu einer bewaffneten Auseinandersetzung kam, würde sie ihn aufgrund ihres schwachen Zustandes nur behindern. Aber es brachte sie auf, dass er überhaupt ein solches Ansinnen an sie gerichtet hatte, obwohl er wissen musste, wie sehr der Mutterinstinkt sie zu der Tochter trieb.
Finster starrte er sie an, das grimmige, entstellte Gesicht vom Mondlicht beleuchtet. „Ich will dich nicht verlieren, Mary! Bitte, versprich mir, dass du tun wirst, worum ich dich gebeten habe, oder wir gehen keinen Schritt weiter.“
Der Rauch war jetzt stärker wahrzunehmen. Seufzend senkte Mary die Lider und nickte ergeben. Sie hielt sich vor, dass diese Entscheidung tatsächlich zu ihrem Besten war. Sie würde Jennifer bald wiedersehen. Dennoch widerstrebte es ihr, sich zurückhalten zu müssen, während sie mit Cameron auf dem mondbeschienen Weg weiterstapfte, der plötzlich und unerwartet bergab verlief. Sie sah eine schmale Schlucht vor sich liegen und wusste, dass dies fraglos der Dscharengpass war. Der Widerschein eines Feuers zuckte über die karstigen Felswände, und Essensduft wurde vom Nachtwind herübergeweht.
Cameron hielt die Gattin am Arm fest. „Jetzt bist du nah genug an der Schlucht“, flüsterte er. „Zwischen den Felsen hier wirst du sicher sein.“
Mary bezwang den Wunsch, ihm zu widersprechen. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Wahrscheinlich war es wirklich besser, sich auszuruhen. Dann konnte sie sich vielleicht später nützlich machen.
Nach Überprüfung des Geländes entschied Cameron sich für eine schmale Spalte unter einem überhängenden Felsvorsprung und befahl Mary: „Warte hier! Ich werde dort zwischen den großen Steinbrocken auf der linken Seite des Passes hinunterschleichen. Sie geben mir genügend Deckung, so dass ich bestimmt nah genug an das Camp herankommen kann.“
Mary schlüpfte in die Felsspalte und setzte sich. „Sei vorsichtig!“, warnte sie den Gatten.
„Das werde ich sein, mein Mädchen.“ Einen Moment lang drückte er ihr beruhigend die Hand und wandte sich dann ab, kam indes nach wenigen Schritten zurück und sagte: „Hier, nimm das Gewehr. Es ist geladen. Gib einen Schuss ab, falls du in Bedrängnis geraten solltest.“
„Aber nun hast du keine Waffe!“
„Doch, ich habe noch das Buschmesser. Mach dir keine Sorgen.“
Ehe Mary weitere Einwände erheben konnte, hatte Cameron ihr den
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