HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
sie sich mit Ali unterhielt. Jed befand sich nicht in der Stimmung, den beiden Menschen zuzuhören – der Frau, die er abgöttisch geliebt hatte, und dem Mann, den er für seinen Freund gehalten hatte. Er fühlte sich wie ein Außenseiter.
Seit Tagesanbruch waren sie nun bereits unterwegs. Sie hatten weder mittags noch zum Abendessen angelegt, sondern sich während des Segelns von ihren Vorräten ernährt. Jeds Reisegefährten hatten es offenbar eilig, nach Kairo heimzukehren, und wenn es so weiterging, würden sie ihr Ziel kurz nach Einbruch der Dunkelheit erreichen. Nun, ich werde auch irgendwohin gehen, dachte Jed, und da werde ich blauäugige Frauen vergessen, die mit Liebkosungen das eine, und mit Worten etwas ganz anderes sagen.
Es hatte keinen Sinn; er vermochte sich nichts vorzumachen. Für Jed Kinkaid brachte die Stadt, die immer näher kam, nur das Ende seiner Träume.
Die Feluke bewegte sich weiter voran. Zu seiner Linken sah Jed das Dorf Esch-Schobak, rechts lag Et-feben. Bald würden sie an den zerfallenen Mauern von Memphis vorbeikommen, und danach würden sie die alten Pyramiden von Gizeh im Licht der untergehenden Sonne sehen. Dann mussten sie die Inseln in der Mitte des Nils umsegeln, und schließlich würde sich Kairo am linken Flussufer erheben.
Während die Feluke an den jahrhundertealten Ruinen vorbeiglitt, welche längst Vergangenes festzuhalten schienen, verfluchte Jed im Stillen die Tatsache, dass die Zeit etwas war, das man nicht anzuhalten vermochte. Wäre es so, würde er nur wenige Stunden zu der Zeit zurückreisen, in der Vicky noch im Liebesspiel gefangen war und ihm nichts verweigerte, so dass er ihr das Versprechen abnehmen konnte, seine Frau zu werden.
So jedoch sah sein Leben nicht anders aus als die am Flussufer verstreuten Ruinen, und so fühlte er sich auch. Bald würde Vicky von Bord gehen und für ihn verloren sein. Sollte er noch einmal mit ihr reden und sie von ihrer Entscheidung abzubringen versuchen?
Jed kämpfte noch verbissen mit seinem Ego, als er hörte, wie Vicky Ali über die genaue Lage ihres väterlichen Anwesens informierte, das sich einige Meilen nördlich der Stadt befand. Aus der Verzweiflung erwuchs ihm neuer Mut. Er richtete sich auf und ging auf Vicky zu. Sein fester Schritt hallte im Kiel der Feluke wider.
Victoria zwang sich dazu, die kleinen Wellen des Nils zu beobachten, in denen sich das Licht des Sonnenuntergangs wie tausend glitzernde Diamanten spiegelte. Sie gestattete ihren Gedanken keinen freien Lauf, weil sie sich dann doch nur um den Mann ranken würden, der sich ein kleines Stück von ihr entfernt, jedoch weit außerhalb ihrer Reichweite befand.
Mit einem Mal hörte sie seine Schritte auf dem sonnentrockenen Holz. „ Vicky, wir müssen miteinander reden“, sagte er. Seine Stimme klang so unbeirrt, dass es ihr ans Herz griff. Offenbar hatte Jed trotz allem noch nicht die Hoffnung aufgegeben.
„Es gibt nichts zu diskutieren“, erklärte Victoria und blickte weiter auf den Fluss, bis Jeds Finger an ihrem Kinn sie sanft zwangen, ihn anzuschauen.
„Sieh mir wenigstens in die Augen, wenn du mich anlügst“, forderte er. „Wir haben noch vieles ungesagt gelassen. In meinem Eifer habe ich dich möglicherweise bedrängt und von dir eine Antwort verlangt, die du noch nicht zu geben bereit warst.“
„Ich werde niemals dazu bereit sein, dir das zu geben, was du verlangst.“
„‚Nie‘ ist eine lange Zeit, Vicky.“ Mit dem Zeigefinger strich er leicht über ihre Wange, legte ihn dann über ihre Lippen und bewegte ihn zu ihrem Kinn weiter.
„Dein Antrag interessiert mich nicht. Mich hat es sehr erleichtert, dass die Angelegenheit offen ausgesprochen und damit erledigt wurde“, erklärte sie trotzig und kämpfte gegen die Empfindungen an, die Jeds Berührung in ihr auslöste. Dass Ali überrascht die Augenbrauen hob und das Segel nicht mehr ganz so fest hielt, entging ihr. Die Feluke steuerte hart nach rechts, bevor er sie wieder auf Kurs brachte.
„Worin besteht denn dann das Problem, Vicky?“ Jed bemühte sich, Geduld zu zeigen.
„Das Problem bist du!“ Am liebsten hätte sie ihn zum Heck des Boots zurückgeschickt. „Wie konntest du nur annehmen, ich würde einen Mann wie dich heiraten wollen?“
Heiraten? Ein Lächeln breitete sich auf Alis Gesicht aus. Warum hatte ihm keiner dieser närrischen Ausländer gesagt, dass von Heirat die Rede gewesen war? Dann war diese Diskussion ja mehr als nur ein Streit unter
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