HISTORICAL EXCLUSIV Band 14
Der hochgewachsene Engländer eilte in das Zimmer, nahm Victoria in die Arme und gab ihr einen leichten Kuss auf die Hand.
So würde ich diese leidenschaftliche Frau nicht begrüßen, und Vicky befriedigt eine solche Ergebenheitsgeste sicherlich auch nicht, dachte Jed verachtungsvoll. Als Reed sich endlich von ihr zurückzog, bemerkte Jed, dass sie weinte. Große Tränen rollten ihr über das zarte Gesicht. Der Gedanke, dies könnten Freudentränen sein, brachte ihn in Weißglut.
„Reed.“ Seine mühsam beherrschte Stimme klang barsch.
„Kinkaid“, erwiderte Hayden die knappe Begrüßung und nickte kurz. „Mit Ihnen befasse ich mich gleich. Zuerst will ich mich davon überzeugen, dass es Miss Shaw gut geht, bevor ich sie nach Hause zu ihren Eltern schicke.“
„Zu ihren Eltern?“, fragte Jed spöttisch.
„Selbstverständlich.“ Die Unverschämtheit dieses Rüpels verärgerte Hayden; es war indes unter seiner Würde, wegen des vulgären Amerikaners in Victorias Gegenwart die Fassung zu verlieren. Da ihm jedoch bei dessen verächtlichem Grinsen die Beherrschung schwerfiel, beschloss er, seine Verlobte so schnell wie möglich heimzuschicken, damit er sich dann mit dem selbstgefälligen Kerl so beschäftigen konnte, wie der es verdiente.
„ Victoria, Liebling, dir scheint es so gut zu gehen, wie man es unter den gegebenen Umständen erwarten kann. Deine Rückkehr macht mich überglücklich, doch ich darf meine Pflicht gegenüber deinen Eltern nicht vernachlässigen. Ich werde dich von einer Eskorte zum Anwesen deines Vaters bringen lassen, damit er sowie deine liebe Mutter an meinem Glück teilhaben können.“
„Hayden, willst du denn gar nicht wissen, was geschehen ist?“, fragte Victoria bestürzt.
„Gewiss, meine Liebe, doch das hat Zeit bis morgen. Im Übrigen bist du wahrscheinlich äußerst erschöpft, und der richtige Platz für dich ist jetzt dein eigenes Bett.“
Ihr eigenes Bett! Du Narr verdienst sie überhaupt nicht, hätte Jed Hayden beinahe angeschrien. Er hoffte nur, dass diese Zurückweisung Victoria die Augen öffnete.
„Hayden, ich …“ Victoria versuchte, ihren Verlobten nicht mit dem Mann zu vergleichen, der ihr das Leben gerettet und ihr Herz erobert hatte.
„Nichts da, Victoria.“ Hayden griff nach einer Glocke, um seinen Assistenten herbeizurufen. „Ich will nichts mehr hören. Sei ein gutes Mädchen und tue, was man dir sagt.“
Jed fasste es nicht, dass Victoria brav gehorchte. Das war nicht die feurige Vicky, die er kannte. Der Amerikaner konnte einfach nicht glauben, dass sie ihm den Rücken kehren und diesen Raum immer noch als Hayden Reeds Zukünftige verlassen würde, doch als der Assistent erschien, schlug sie die Augen nieder, wünschte ihrem Verlobten artig eine gute Nacht und erhielt dafür einen schicklichen Kuss auf die Wange.
Ehe sie Reeds Lakaien in den Flur hinaus folgen konnte, hielt Jed sie zurück. Er wusste, dass der Moment der Wahrheit gekommen war. „Willst du mir nicht Auf Wiedersehen sagen, Vicky?“
„Ge… gewiss“, antwortete Victoria leise. Sie spürte Haydens Verärgerung und fühlte sich, als würde sie in zwei Teile zerrissen, doch diesen Schmerz musste sie Jed zuliebe ertragen. Sie musste stark sein.
„Leben Sie wohl, Mr. Kinkaid“, begann sie und blickte auf ihre zerschlissenen Schuhe hinunter. Weil Jed schwieg, schaute sie wieder hoch. An seinen Augen erkannte sie es: Er hatte nie geglaubt, dass sie diesen Raum ohne ihn verlassen und in eine Zukunft treten würde, die nur Hayden Reed einschloss. Einen Moment schwankte sie, doch dann wusste sie, dass sie weiterreden musste.
„Ich danke Ihnen für alles, was Sie getan haben. Ich weiß, was es Sie gekostet hat.“ Den Tränen nahe, küsste sie ihn auf die Wange. Dann drehte sie sich rasch um und floh.
Erschüttert blickte Jed auf die Tür, die sich hinter ihr schloss. Vicky hatte ihn tatsächlich verlassen, und das für irgendeinen Esel, der sie niemals so lieben würde, wie er, Jed, es getan hätte. Nun, vielleicht ist das ja auch gut so, dachte er. Er kannte sie wohl doch nicht so gut, wie er angenommen hatte. Es stimmt schon; sie hätten niemals zusammengepasst.
„So, Kinkaid. Nun zu Ihnen“, sagte Hayden Reed forsch. „Sie hatten den ausdrücklichen Auftrag, nichts weiter zu tun, als das Lösegeld abzuliefern. Dagegen wurde mir berichtet, dass die Oase mit Leichen übersät war und das Geld, Miss Shaw, der Ägypter sowie Sie verschwunden waren. Ich empfehle Ihnen, mir
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