HISTORICAL EXCLUSIV Band 17
Smelter, Ltd.
Donovan staunte noch über das, was er gelesen hatte, als der Fremde schon zurückkam, mit zwei Hammern, einem Keil und einem Brecheisen ausgerüstet. „Stehen Sie nicht herum“, sagte er freundlich. „Lassen Sie uns das Rad wechseln und zusehen, dass wir den Berg hinunter in diese Stadt kommen und zu dem Essen, das Sie mir versprochen haben.“
Sarah war früh ins Bett gegangen. Sie lag in der Dunkelheit, lauschte dem eintönigen Klopfen des Regens und fühlte sich einsamer als je zuvor in ihrem Leben.
Die Stunden waren quälend langsam vergangen. Sie konnte nirgendwohin gehen, niemanden besuchen, keiner kam, weil er sie brauchte. Da hatte sie sich vergeblich mit Putzen, Nähen, Lesen und Tagebuchschreiben abzulenken versucht.
In ihrer Einsamkeit hatte sie erwogen, ob sie Smittys Mädchen besuchen solle. Doch dann war ihr eingefallen, dass die bei einem solchen Wetter besonders viel zu tun hatten, weil die Männer dann gern im Saloon herumhingen.
Als die Dämmerung hereinbrach, zündete sie die Lampe an und begann damit, ihre Kleidungsstücke, Bücher und die anderen dürftigen Habseligkeiten danach zu sortieren, ob sie eingepackt oder weggeworfen werden sollten. Ihren guten wollenen Rock und den Sonntagsschal wollte sie Varina schenken, die brauchte die Sachen dringend. Die Bücher würde sie demjenigen hinterlassen, der die kleine Schule übernahm. Von diesen Dingen abgesehen blieb wenig außer Unterwäsche und Pflegemitteln. Sehr gut, dann konnte sie mit leichtem Gepäck reisen.
Wohin sollte sie gehen? Sarah grübelte darüber nach, als sie schlaflos unter der Steppdecke lag. Vielleicht wäre California das Richtige? Oder sogar Canada? Das war gleich, solange sie dort nur nicht wieder Donovan begegnete.
Plötzlich hämmerte jemand an der Tür. Das riss Sarah aus ihren Träumereien. Jedenfalls war es nicht Donovan, der an die Brettertür klopfte und Einlass begehrte. Wer hier wieder und wieder kurz pochte, der war in großer Sorge und brauchte ihre Hilfe.
Sie schlug die Bettdecke zurück, zog den Morgenmantel über und durchquerte eilig den Schulraum. Im Dunkeln musste sie sich eine Weile abmühen, bis sie den Riegel lösen konnte. Als sie endlich die Tür öffnete, stürzte der junge Mann, der sich wohl dagegengelehnt hatte, zu Boden.
„Miss Sarah!“ Es war Myles Smithers, der mit seiner jungen Frau und einem vierjährigen Sohn am Bachlauf lebte. Er war vom Regen durchnässt und in großer Aufregung.
„Es geht um Betsy, Sarah. Die Fruchtblase hat sich geöffnet, und ihre Wehen haben eingesetzt. Sie leidet sehr, und ich weiß nicht, was ich für sie tun kann. Du musst schnell kommen.“
Sarahs Müdigkeit verflog im Nu. Betsy Mae Smithers war erst im nächsten Monat fällig. Wenn die Geburt eingesetzt hatte, konnte es ernsthafte Schwierigkeiten geben.
„Geh und sattel mir das Maultier“, wies sie den zitternden Myles an. „Bis du ihn fertig hierherbringst, habe ich mich angezogen.“
Myles eilte in den Regen hinaus, und Sarah rannte in ihren Schlafraum, zog das Nachthemd aus und ihre Kleidung an. Sie machte sich große Sorgen um Betsy, zudem war es gut, gebraucht zu werden.
Myles hatte sein eigenes dürres, scheckiges Pferd mitgebracht. Er saß obendrauf und wartete am Fuße der Treppe auf Sarah, die nun im Mantel und mit schwarzer Medizintasche die Stufen heruntergeeilt kam. Ihr kräftiges Maultier stand auch schon geduldig im Regen.
„Der Bach war schon ziemlich angeschwollen, als ich ihn überquert habe. Hoffentlich kommen wir noch zurück. Betsy Mae und der kleine Eli sind dort unten ganz allein.“
„Dann los.“ Sarah schwang sich gekonnt in den Sattel und bohrte ihrem Maultier die Stiefelspitzen in die Flanken. Es war nicht weit bis zu den Smithers, höchstens einige Meilen. Aber das Durchwaten des Baches konnte im Frühling wegen des Schmelzwassers gefährlich sein. Bei einem Unwetter wie diesem musste eine solche Durchquerung zum Albtraum werden. Noch schlimmer: Wenn der Bach über die Ufer trat, würden die nahe gelegenen Siedlerhäuschen, dazu gehörte auch das der Smithers, überflutet werden.
Wie ein Leuchtfeuer war Myles’ Pferd in der Dunkelheit auszumachen. Sarah folgte ihm durch den Regen. Als sie auf dem gewundenen Weg am Bachufer zwischen den Espen ritten, sahen sie den schlammigen Fluss, der so hoch angestiegen war, dass er bereits die Hufeisen des Maultieres umspülte. An dieser Stelle wäre das Wasser im Bach sehr tief, es ginge bis über ihre
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