HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
gewöhnlicher Gauner würde ausgerechnet an einem Abend, an dem es in dem betreffenden Haus vor Gästen und Dienern nur so wimmelte, einen Einbruch wagen.
Wer auch immer für die Tat verantwortlich war, hatte keine Zeit damit verloren, andere Zimmer zu durchsuchen, sondern genau gewusst, wo er seine Beute finden würde. Plötzlich ließ Georgiana die Hand sinken und hob den Kopf, während ihr wieder die Unterhaltung, die sie heimlich mit angehört hatte, in den Sinn kam. Bereits das Geflüster war ein Hinweis darauf gewesen, dass Lord Whalsey und Mr. Cheever etwas Schändliches planten. Doch hätte sie nie geglaubt, dass die beiden ein derart gewagtes Verbrechen zu bewerkstelligen vermochten.
Mit grimmigem Gesicht schrieb Georgiana alles auf, was die beiden gesagt hatten, einschließlich Mr. Cheevers Bemerkung, dass ihn die Anwesenheit der Diener bis dahin abgehalten hatte, „es“ zu holen. Ach, das ist ja alles wirklich einfach, dachte Georgiana, und während sie Mr. Cheever und den Mann, für den er arbeitete, als Erste auf ihre Liste setzte, stellte sie sich wieder vor, wie sie berühmt wurde.
So vielversprechend ihr die beiden Verdächtigen auch zu sein schienen, wollte Georgiana doch alle Möglichkeiten durchgehen. Deshalb überlegte sie sich, wer sonst noch an jenem Abend da gewesen war, der für das Verbrechen verantwortlich sein könnte. Bei dem Schuldigen könnte es sich um einen Diener handeln, dachte sie, auch wenn solche Fälle selten waren. Wer von den Bediensteten hätte außerdem Zeit gehabt, während des Fests am Haus hochzuklettern? Sie hoffte, dass sich die Gelegenheit ergeben würde, Lady Culpeppers Dienstboten zu befragen, um möglicherweise wichtige Informationen aus ihnen herauszubringen.
Was die Gäste betraf, fiel es Georgiana nicht leicht, allzu viele Verbrechenskandidaten aus der gehobenen Gesellschaft von Bath auf ihre Liste zu setzen. Die meisten hielt sie für zu dumm, um ein so raffiniertes Verbrechen zu begehen, und wieder andere erschienen ihr zu ehrlich und einfallslos, als dass sie auf einmal eine kriminelle Laufbahn eingeschlagen hätten. Als sie sich jedoch all diese braven Gesichter vor Augen führte, erinnerte sie sich plötzlich wieder an den Vikar und seinen offen bekannten Widerwillen den Reichen gegenüber. Stirnrunzelnd überlegte sie, ob dem eifernden Kirchenmann ein solcher Diebstahl zuzutrauen wäre. Seine hasserfüllten Worte hatten sie verstört, und sie schrieb ihn, ohne weiter zu zögern, an die zweite Stelle ihrer Verdächtigenliste.
Noch einmal ging sie in Gedanken alle durch, die sie auf der Gesellschaft gesehen hatte. Die wohlhabenden Witwen, die gichtkranken Greise und die jungen Mädchen schloss sie von vornherein aus, da sie nicht glaubte, dass sie es zuwege bringen würden, durch ein Fenster im oberen Stockwerk zu steigen. Nein, der Täter musste jemand sein, der beweglich und schlank war, der die Kraft besaß, eine Hauswand hochzuklettern. Jemand, der sicherlich Gelenkigkeit besaß und der … der ganz in Schwarz gekleidet war?
Georgiana kniff die Augen zusammen, als sie sich die elegante dunkle Gestalt Ashdownes vorstellte. Ashdowne, der anscheinend nach Belieben auftauchte und wieder verschwand, wirkte auf sie wie ein Mann, der zu allem fähig war – auch dazu, an einer Mauer emporzuklimmen. Seine Kraft hatte er ja bewiesen, als er sie so mühelos von seinem unter ihr liegenden Körper hochgehoben hatte. Bei der Erinnerung an diese Szene errötete Georgiana erneut, vor allem wenn sie daran dachte, dass dieser gut aussehende Gentleman sie vor den Augen aller zu einer stotternden Närrin hatte werden lassen.
Georgiana schnaubte vor Wut über sich selbst und den Mann, dem es so leicht gelungen war, ihr die Sprache zu rauben. Er führte etwas im Schilde, dessen war sie sich sicher! Er war einfach zu – zu gesund, als dass er ein Heilwasser gebraucht hätte. Natürlich kann seine Anwesenheit in Bath auch etwas mit einer Frau zu tun haben, fiel Georgiana auf einmal ein – ein Gedanke, der seltsamerweise ein Gefühl der Enttäuschung nach sich zog. Es geschah schließlich recht häufig, dass Männer der besseren Gesellschaft ein Techtelmechtel mit Ehefrauen, Witwen oder anderen bereitwilligen Damen anfingen. Doch irgendwie hatte Georgiana von dem Besitzer dieser auffallend klugen Augen mehr erwartet.
Als sie sich die Frauen vorstellte, die am Abend zuvor bei der Gesellschaft gewesen waren, fiel es ihr schwer, eine passende Kandidatin zu finden. Ihrer
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