HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
sprechen und Ihnen selbst ein paar Fragen stellen.“
„Wer sind Sie?“, wollte Lady Culpepper wissen.
„Georgiana Bellewether, Mylady“, erwiderte sie, wobei sie sich fragte, ob die Frau vergesslich war.
„Ein Niemand also!“, sagte Lady Culpepper in einem erhabenen Ton. „Sie glauben wohl, dass Sie hier so einfach hereinplatzen können …“
„Aber Sie haben mich doch eingeladen, Mylady“, protestierte Georgiana und erhielt für diese Unterbrechung einen weiteren vernichtenden Blick.
„Junge Dame, Sie sind sehr impertinent. Ich willigte ein, Sie zu sehen, weil ich glaubte, dass Sie etwas über das gestohlene Schmuckstück wüssten.“
„Aber das tue ich doch auch“, meinte Georgiana. „Ich kann Ihnen helfen, wenn …“
„Bah, die Hilfe eines dummen Mädchens, das glaubt, mehr als die Höhergestellten zu wissen!“
„Ich kann Ihnen versichern, dass meine Fähigkeiten zu Hause bekannt sind, auch wenn hier in Bath …“
„Zu Hause! Das ist doch zweifellos ein unwichtiges, ein winziges Dorf!“, schnaubte Lady Culpepper.
Georgiana verstand, dass sie nun eine andere Taktik anwenden musste. „Was können Sie denn schon verlieren, Mylady?“, fragte sie. „Ich will keine Belohnung für meine Dienste, sondern Ihnen nur so gut, wie es mir möglich ist, behilflich sein.“
Bei dem Wort „Belohnung“ leuchtete in Lady Culpeppers Augen die Geldgier auf. „Die werden Sie auch sicherlich nicht bekommen“, schnappte sie. Für einen Moment schaute Georgiana sie nur gleichmütig an. Schließlich schnaubte ihre Ladyschaft noch einmal und hob stolz den Kopf. „Also gut. Stellen Sie Ihre Fragen, aber rasch, denn ich habe Wichtigeres zu tun, als den Marotten jedes dummen Mädchens in Bath nachzukommen.“
Während der wenigen Minuten, die Lady Culpepper ihr gnädig gewährte, fand Georgiana heraus, dass die Schmuckschatulle tatsächlich offen vorgefunden und ihr restlicher Inhalt unberührt zurückgelassen worden war. Die Tür war verschlossen gewesen, und der Diener, der davorgestanden hatte, schwor, niemand sei ins Zimmer gelangt.
„Warum haben Sie einen Diener damit beauftragt, vor der Tür Wache zu stehen? Ist das immer seine Aufgabe oder nur dann, wenn im Haus eine Geselligkeit stattfindet?“, erkundigte sich Georgiana.
Lady Culpepper schien durch die Frage ein wenig aus der Fassung gebracht, doch dann hob sie wieder den Kopf und schaute Georgiana hochnäsig an. „Das, junge Dame, geht Sie gar nichts an. Genug der Fragen!“
„Aber, Mylady!“, protestierte Georgiana. Leider wurde ihre Bitte, den Tatort und sein Umfeld zu begutachten, mit einer überheblichen Geste zurückgewiesen. Die gleiche Abfuhr erlebte sie, als sie bat, mit den Bediensteten sprechen zu dürfen. Lady Culpepper wurde immer gereizter.
Sie ließ sich durch das Verhalten der feinen Dame keineswegs einschüchtern. Je mehr Ihre Ladyschaft sprach, desto mehr erinnerte sie Georgiana an ein Fischweib, sodass sie sich fragte, wer wohl ihre Vorfahren gewesen waren. Sie unterdrückte ein Seufzen und versuchte, so weit es ging, doch noch ein wenig mit ihrer Untersuchung voranzukommen. „Können Sie sich einen Ihrer Diener oder Gäste vorstellen, der so etwas tun würde, Madam?“, fragte sie.
„Natürlich nicht!“, erwiderte Lady Culpepper hitzig. „Man hofft doch, dass niemand aus dem näheren Bekanntenkreis ein verabscheuungswürdiger Verbrecher ist! Das hier ist natürlich Bath und nicht London, und ich verdiene es wohl nicht anders, wenn ich mein Haus jedem Hinz und Kunz öffne, der sich hier aufhält. Ich werde sofort nach London zurückkehren, sobald ich mein Collier wiederhabe. Und dort werde ich nicht mehr so leichtfertig Einladungen aussprechen.“
Georgiana machte sich nicht die Mühe, sie darauf hinzuweisen, dass Diebstähle in der verrufenen Großstadt London wesentlich öfter vorkamen, sondern nickte stattdessen zustimmend und fuhr dann fort: „Sie haben keine Feinde oder jemanden, der die Absicht haben könnte, Ihnen zu schaden?“
Ihr fiel auf, dass die ältere Frau auf einmal blass wurde. Ob Lady Culpepper bei der bloßen Erwähnung einer solchen Boshaftigkeit wütend wurde oder ob es der Wahrheit entsprach, konnte Georgiana nicht sagen.
„Gehen Sie, mein Kind! Ich habe bereits genug Zeit mit diesem Unsinn verschwendet“, sagte Ihre Ladyschaft, und ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Gleich darauf rief Lady Culpepper Jenkins, den Butler, damit er Georgiana hinausbegleitete. Sie konnte also
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