HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
ich wieder einmal blutbefleckt nach Hause gekommen bin? Ich habe es nie geschafft, mich aus einem Kampf herauszuhalten.“
„Nur bei unfairen Kämpfen ist dir das nicht gelungen, mein Lieber“, warf Hannah ein. „Du nanntest es damals ausgleichende Gerechtigkeit.“
„Und das mache ich jetzt auch wieder?“
„Oh nein“, widersprach sie. „Du hast dich nur um Miss Lilly gekümmert, weil sie …“
„So verdammt selbstzerstörerisch ist“, ergänzte Deegan den Satz und zog an seiner Zigarette.
„Ich wollte eigentlich sagen: weil sie eine so hinreißende Frau ist“, verbesserte sie ihn. „Aber es ist etwas Wahres an dem, was du sagst. Sie scheint nicht zu verstehen, dass ihre wilde Entschlossenheit, dieser Belle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sehr selbstzerstörerisch sein kann. Sie begreift nicht, dass sie mit ihrer Mission eine Lawine lostreten könnte.“
Deegan schaute nachdenklich aus dem Fenster. Langsam blies er den Zigarettenrauch aus. „Noch ist der erste Stein nicht wirklich ins Rollen gekommen. Der Tod einer Prostituierten ist nicht bedeutend genug, um jemanden in Barbary Coast aufzurütteln.“
„Aber hier geht es nicht um den Mord an Belle“, sagte Hannah. „Es geht um die Tatsache, dass Miss Lilly Zeugin dieses Mordes wurde.“
„Und du glaubst, dass sich der Mörder darüber Gedanken machen wird?“
Hannah machte einen Knoten in den Faden und schnitt ihn ab. „Ich habe gehört, dass er noch immer nach ihr sucht. Außerdem weiß er inzwischen, dass sie Miss Lilly genannt wird. Bald wird er noch mehr wissen.“
„Verdammt!“, stieß Deegan hervor.
„Und es ist wirklich Karl Severn, der sie sucht. Jedenfalls sind es seine Männer, die sich in der Nachbarschaft umhören.“
Wieder fluchte er. „Dann können wir auf keinen Fall bereits alle Fakten kennen.“ Er drückte die Zigarette auf einer Untertasse aus und warf die Kippe in den Hinterhof. „Was du mir von Severn erzählt hast, so scheint er mir nicht der Typ zu sein, der sich wegen einer Frau Sorgen macht – ob sie nun Zeugin eines Mordes war oder nicht.“
„Warum erkundigt er sich dann nach ihr?“, fragte Hannah.
„Ich habe keine Ahnung.“ Er setzte sich erschöpft auf einen der Stühle. „Vielleicht müssen wir uns noch einmal Belles Tod vor Augen führen. Wir müssen herausfinden, warum sie ermordet wurde.“
Seine alte Freundin legte ihr Nähzeug beiseite. „Bist du dir so sicher, dass er sie wirklich umgebracht hat?“
„Ja, inzwischen schon.“ Deegan holte die Aufnahme von Belle aus seiner Jackentasche. „Das hier habe ich gefunden und außerdem mit einer anderen Hure in Belles Bordell gesprochen, die angeblich überhaupt nichts von Belle Tauber gehört hat.“
Hannah betrachtete interessiert die Fotografie. „Miss Lilly ist wirklich ein Wunder“, sagte sie. „Ich kannte Belle vom Sehen, habe jedoch kaum mit ihr gesprochen. Diese Aufnahme erinnert mich daran, wie sie aussah, als sie hierherkam – und nicht, wie sie in den letzten Wochen ihres Lebens gewirkt hat.“
„Und wie war das?“, hakte Deegan nach. Er hatte immer wieder das Bild betrachtet und versucht herauszubekommen, was wohl bei Belle passiert sein und schließlich zu dem Mord geführt haben mochte. Doch er hatte keine Antworten gefunden, sondern sich nur weitere Fragen gestellt.
Hannah dachte einen Moment nach. „Sie schien ausgelaugt“, sagte sie schließlich. „Vielleicht krank. Ich kannte sie kaum, Digger.“
„Glaubst du, sie war todkrank?“, bohrte er nach. Schlimme Krankheiten waren unter den Frauen des Viertels nicht selten verbreitet.
„Vielleicht, aber ich nehme es eigentlich nicht an. Sie kam mir wie eine Frau vor, die noch daran glaubte, dass man das Leben hier hinter sich lassen kann.“
„Dir ist es gelungen.“
Sie lächelte wehmütig. „Mein lieber Digger, trotz allem hast du deine Naivität noch nicht ganz verloren, nicht wahr?“
„Naivität!“, empörte er sich. „Willst du damit sagen, dass du noch immer Kunden hast? Ich hatte geglaubt, dass das Geld, das ich dir geschickt habe, es dir ermöglichte, dein früheres Leben aufzugeben.“
„Ist es dir gelungen, Barbary Coast aufzugeben?“, fragte sie mit leiser Stimme.
Er kannte die Antwort darauf nur allzu gut.
Hannah verstand sein Schweigen. „Jetzt macht es keinen Unterschied mehr, ob ich Geld von Männern nehme oder nicht, um mit ihnen ins Bett zu gehen“, erklärte sie. „Ich bin einmal eine Hure gewesen. Selbst wenn ich
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