HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
redest du da? Ich fahre nirgendwohin“, unterbrach sie ihn.
„Du kannst nicht hierbleiben“, erklärte er. „Du musst in Sicherheit gebracht werden. Es wird nicht für immer sein. Nur bis ich diesen Schweinehund habe, der hinter dem Ganzen steckt.“
Ihre Miene wirkte nun fest entschlossen. „Ich laufe nicht fort“, sagte sie.
„Lilly …“
Sie legte ihm zwei Finger auf die Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Ich bleibe hier, Deegan.“
Er zog sie an sich, wobei seine Geste diesmal ein wenig verzweifelt wirkte. Er atmete den Duft ihres Haars ein und strich ihr über die seidigen Strähnen. „Ich will dich nicht verlieren, Lilly“, flüsterte er heiser. Dann küsste er sie leidenschaftlich.
Auch sie zeigte sich voll Verlangen und Sehnsucht nach ihm. „Ich werde dich nicht verlassen“, sagte sie, als sie sich voneinander gelöst hatten. „Ich liebe dich.“
Rasch küsste er sie von Neuem und wunderte sich, wie eine solch wunderbare Frau Gefühle für ihn hegen konnte. „Das darfst du nicht“, erwiderte er. „Ich bin ein Betrüger, Mädchen. Ein Lügner und …“
Sie schmiegte sich noch enger an ihn und küsste ihn so heftig, dass er jeglichen ehrenhaften Gedanken beiseiteschob. Leidenschaft ergriff ihn und ließ ihn alles außer Lilly in seinen Armen vergessen.
Stöhnend verstärkte er den Druck seiner Lippen. Sie seufzte, als sie seinen Kuss erwiderte und ihre Zunge gegen die seine drängte. Bebend schob sie sich an ihn und zog dabei an seinem sorgfältig gebundenen Halstuch.
Um ihr noch näher zu sein, rutschte er auf der Sitzbank zu ihr heran. Dabei bewegte er unwillkürlich sein verletztes Bein und zuckte vor Schmerz zusammen.
Lilly hielt sogleich inne. „Du brauchst wirklich einen Arzt“, sagte sie voll Mitgefühl und half ihm, sich aufrecht hinzusetzen.
„Es ist nur ein Kratzer“, meinte Deegan. „Ich will keinen Arzt. Ich bringe dich an einen sicheren Ort, und dann versorge ich die Wunde selbst.“
Sie blickte ihn aus ihren blauen Augen an. „Ich glaube kaum, dass es einen sicheren Ort für mich gibt“, sagte sie.
„Wenn du die Stadt verlassen würdest …“
„Nein.“
Er bewunderte ihre Entschlossenheit. Und er verfluchte ihre Starrköpfigkeit! „Dann finden wir hier ein Versteck für dich. Und jemanden, der dich beschützen kann.“ Doch er wusste nicht, wo und wer das sein sollte.
Da kam ihm plötzlich eine Idee.
Er klopfte an die Kutschendecke. Als der Fahrer die Trennwand öffnete, bat Deegan ihn, die Richtung zu ändern und eine andere Adresse anzusteuern. Ohne mit der Wimper zu zucken, lenkte der Kutscher sein Gefährt nach Nob Hill.
Lilly wusste, dass der Kutscher wie die meisten Droschkenfahrer von San Francisco Münzen Papiergeld vorziehen würde. Sie zahlte ihn deshalb mit ihrem dürftigen Haushaltsgeld, anstatt mit Deegans Scheinen. Als sie sich umdrehte, hatte Deegan sich bereits die Stufen bis zu dem überdachten Eingang hinaufgeschleppt und hämmerte gerade an die Tür.
Sie hätte bestimmt nicht den Mut aufgebracht, hier anzuklopfen. Das Haus war so riesig und wirkte so elegant, dass es eine Frau, die den größten Teil der Hausarbeit selbst verrichtete, einschüchterte. Dorische Säulen trugen das Dach des schmalen Vorbaus und wiederholten sich im Stockwerk darüber, wo sie einen Balkon einsäumten. Wenn man dort oben stand, hatte man vermutlich einen atemberaubenden Blick über die Stadt und die Bucht.
Die Tür wurde von einem Hausmädchen geöffnet, das Deegan lächelnd begrüßte. „Mr. Galloway!“
„Guten Tag, Molly“, erwiderte er freundlich und wirkte dabei ganz so, als ob nichts Nennenswertes geschehen sei. „Ist Mrs. Abbot zu Hause, und empfängt sie?“
Das Mädchen hatte inzwischen seine mitgenommene Erscheinung und das getrocknete Blut an seiner Kleidung bemerkt. „Mr. Galloway! Was ist denn mit Ihnen passiert?“, rief es, riss die Tür auf und wollte ihm helfen einzutreten.
Deegan legte jedoch den Arm um Lilly, und sie schritten gemeinsam in die Eingangshalle. „Vielleicht ist es das Beste, wenn ich einen Moment hierbleibe“, sagte er und wankte zu einer exotisch aussehenden Holzbank im Foyer. Er sah dabei noch bleicher als zuvor aus. Offenbar verließ ihn allmählich seine Kraft. Wenn Mrs. Abbot nicht darauf bestand, einen Arzt zu holen, der sich um die Schusswunde kümmerte, würde Lilly es selbst tun. Seine Beteuerung, es gehe ihm gut, sollte wahrscheinlich bloß beruhigend auf sie wirken.
Aber sie war nicht
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