HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
beobachteten den Vikar jedoch weiterhin aufmerksam.
Der „Pump Room“ war nicht sehr voll, sodass es Georgiana nicht schwerfiel, Mr. Hawkins im Auge zu behalten. Was ihr mehr Sorgen machte, waren Ablenkungen von Leuten wie Mrs. Gilcrest. Bisher hatte sie es geschafft, ihre eigene Familie und ihre begrenzte Anzahl an Bekannten zu meiden. Doch der Marquess war einfach viel zu umworben, um nicht entdeckt zu werden.
Da stieß Ashdowne eine leise Warnung aus. Sie zuckte zusammen und machte sich darauf gefasst, eine weitere zielstrebige Mutter ertragen zu müssen, die sich auf ihn stürzte. Doch diesmal tauchte ein Mann auf. Er war so groß wie der Marquess, hatte schwarze Haare und dunkelgrüne Augen, die seltsam gelangweilt dreinblickten. Georgiana erkannte ihn als jenen Mr. Savonierre, den Mann, der den Londoner Detektiv nach Bath gebracht hatte. Das erste Mal hatte sie ihn nur von Weitem gesehen. Nun stellte sie fest, dass er eine recht eindrucksvolle Persönlichkeit war. Auf den ersten Blick erinnerte er sie an Ashdowne. Savonierres Gesichtszüge waren jedoch härter, und er strahlte eine Kälte aus, die der Marquess selbst in seinen hochmütigsten Momenten nicht besaß. Sie spürte, wie es sie schauderte.
„Ashdowne.“ Savonierre neigte den Kopf, doch in seinen Augen lag keine Herzlichkeit. Es schien vielmehr so, als würde es darin eine Welt von dunklen Geheimnissen geben. Georgiana konnte zwar nicht den Finger darauf legen, doch sie hatte das deutliche Gefühl, dass von ihm etwas Ungutes ausging.
Ashdowne musste es ähnlich ergehen, denn er antwortete recht einsilbig. Nach außen hin zeigte er sich gelassen und höflich, aber sie verspürte eine Unruhe an ihm, die sie verblüffte. Wer war dieser Mann?
„Sie genießen das Heilwasser?“, fragte Savonierre, und der Marquess zuckte scheinbar achtlos mit den Schultern. „Es ist sehr ungewöhnlich, einen Mann Ihres besonderen Formats hier in Bath anzutreffen. Aber wenn man sich die letzten Ereignisse ins Gedächtnis ruft, dann ist Ihr Aufenthalt hier vielleicht doch erklärlich.“ Savonierre schien auf etwas anzuspielen, das Georgiana nicht verstand.
„Ich finde nichts Ungewöhnlicheres daran als an Ihrem eigenen Besuch“, entgegnete Ashdowne. „Ich hätte angenommen, dass Ihnen Brighton mehr zusagt.“
„Ich habe einen Grund hier zu sein, eine familiäre Pflicht sozusagen“, erwiderte Savonierre. „Sie wissen doch sicher, dass Lady Culpepper eine Verwandte von mir ist?“,fragte er. Als der Marquess nur nickte und beinahe gelangweilt wirkte, lächelte Savonierre boshaft. Es ging etwas Bedrohliches von ihm aus, und Georgiana trat einen Schritt zurück. Ashdowne bewegte sich jedoch um keinen Zoll.
„Ich kam sofort, als ich von dem gestohlenen Collier erfuhr“, erklärte Savonierre. Er schaute kurz in die Menge und wandte sich dann wieder dem Marquess zu. „Ich muss zugeben, ich bin ein wenig enttäuscht von dem Londoner Detektiv, den ich mitbrachte. Nun sind schon vier Tage vergangen, und er hat den Dieb noch immer nicht gefunden.“
Georgiana war ebenfalls nicht allzu angetan von Jeffries, musste aber zugeben, dass seine langsame Vorgehensweise zu ihrem Vorteil war. „Ich mache mir da meine eigenen Gedanken“, sagte sie.
Bevor sie weitersprechen konnte, unterbrach Ashdowne sie. „Darf ich Ihnen Miss Bellewether vorstellen? Sie ist eine Amateurdetektivin und hat sich sehr mit dem Fall beschäftigt.“
„Tatsächlich?“ Savonierre richtete seinen Blick auf sie, und Georgiana fiel dessen Intensität auf. Gewöhnlich nahm sie jede Möglichkeit wahr, ihre Theorie darzulegen, doch diesmal fühlte sie sich dabei unwohl. Sie schien einen Frosch im Hals zu haben und wurde das Gefühl nicht los, dass Savonierre sie mit seinem stechenden Blick zum Schweigen bringen wollte. Sie sagte also nichts.
„Vielleicht habe ich da Erfolg, wo Mr. Jeffries es nicht schafft“, brachte sie schließlich heraus.
Anstatt sich wie andere Männer verächtlich abzuwenden, schaute Savonierre zwischen ihr und Ashdowne hin und her, und ein merkwürdiges Lächeln lag um seinen Mund. Seine grünen Augen glitzerten gefährlich. „Vielleicht, Miss Bellewether. Ich bin sehr gespannt.“
Sein Tonfall schien ein dunkles Versprechen zu enthalten. Georgiana atmete hörbar ein. Dann verbeugte er sich und ging von dannen. Erleichtert seufzte sie auf. „Wer ist er?“, flüsterte sie Ashdowne zu. „Und warum hasst er Sie so?“
Einen Moment lang antwortete der Marquess nicht.
Weitere Kostenlose Bücher