HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
war wie sie. Der wohlhabende und mächtige Savonierre schien auf einmal seine Gelassenheit verloren zu haben. Sein Gesicht war aschgrau, sein Mund angstvoll verzogen. Georgiana starrte ihn verblüfft an.
„Ich befürchte, Sie sind soeben Zeuge meiner größten Schwäche geworden“, sagte er, nachdem er sich wieder erholt hatte. Seine Stimme klang so kühl wie zuvor. „Ich habe vor Höhen Angst“, sagte er knapp, legte ihre Hand erneut auf seinen Arm und führte sie dann auf die andere Seite.
Sie ging unsicher neben ihm her und wusste nicht, was sie von all dem halten sollte. Die Katze hatte Angst vor Höhen? Aber das konnte doch nicht sein! Er war doch für seinen Wagemut und seine Beweglichkeit berühmt. Georgiana hätte ihn am liebsten darauf angesprochen. Er musste ihre Absicht bemerkt haben, denn er warf ihr einen rätselhaften Blick zu.
„Ich hoffe, ich kann in dieser Angelegenheit auf Ihre Diskretion zählen“, sagte er mit seiner seidenweichen, dennoch bedrohlich klingenden Stimme. „Ich würde nicht gern gegen so eine hübsche junge Dame vorgehen müssen.“
Georgiana nickte stumm und war sich nicht sicher, ob sie sein Bekenntnis glauben sollte oder nicht. Savonierre war klug genug, um so etwas zu erfinden, um den Verdacht von sich abzulenken. Aber das würde ja bedeuten, dass er wusste, dass sie ihn für die Katze hielt. Woher sollte er das wissen? Georgiana wünschte sich, dass Ashdowne sich nicht so unverständlich verhalten hätte; nun würde sie viel darum geben, seine Meinung zu hören.
Dann wurde ihr mit einem Schlag klar, was ihre neue Entdeckung bedeutete. Wenn Savonierre wirklich Höhenangst hatte, dann blieb nur noch ein Mann auf ihrer Liste der Verdächtigen.
Ashdowne.
14. KAPITEL
Georgiana stand im „Pump Room“ und spielte mit ihrem Fächer, während Bertrand in ihrer Nähe auf einem Stuhl lümmelte. Üblicherweise hätte sie den eleganten Damen in ihren Abendkleidern und den Gentlemen, die um sie schwirrten, aufmerksam zugehört. Doch an diesem Abend war sie dafür zu aufgeregt. Sie dachte an das bevorstehende Treffen mit Savonierre.
Sie hatte die letzten Stunden damit zugebracht, sich geschickte Fragen für ihren Hauptverdächtigen auszudenken.
Das hatte sich als eine schwierige Aufgabe erwiesen. Vielleicht wäre es das Beste, zuerst auf seine Ankunft in Bath einzugehen und ihn zu fragen, wo er sich während des Diebstahls aufgehalten hatte. Dies musste jedoch so geschehen, dass er nicht misstrauisch wurde. Angestrengt runzelte sie die Stirn. Plötzlich entdeckte sie Ashdowne, der schnurstracks auf sie zukam.
Georgiana schaute sich suchend nach einer Möglichkeit um, dieser Begegnung aus dem Weg zu gehen, aber der Einzige, der sich in ihrer Nähe befand, war Bertrand – keine große Hilfe. Im Allgemeinen war sie kein Feigling; doch an diesem Abend hatte sie schon genug zu tun, ohne obendrein mit ihrem Assistenten streiten zu müssen. Wenn er überhaupt noch ihr Assistent war. Nach dem schrecklichen Auftritt am Nachmittag betrachtete sie ihn eigentlich nicht mehr als Unterstützung. Sie verspürte außerdem einen ziemlichen Herzschmerz, den sie aber zu ignorieren versuchte.
Sie ärgerte sich, als sie seinen grimmigen Gesichtsausdruck sah. Er kämpfte sich durch die Menge von Matronen und heiratsfähigen Töchtern, und sie wandte sich abrupt Bertrand zu, um ihn nicht begrüßen zu müssen. Doch sie hatte kaum das Wort an Bertrand gerichtet, als Ashdowne auch schon zwischen sie und ihren Bruder trat.
„Entschuldigen Sie bitte, ich würde gern mit Ihrer Schwester sprechen“, sagte er mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass Georgiana der Mund offen blieb. Sie hätte sich am liebsten geweigert, mit ihm zu reden, doch der Blick in seinen Augen enthielt eine Warnung, die sie zurückhielt.
„Was gibt es?“, fragte sie, nachdem er sie in eine Ecke geschoben hatte. Ashdowne konnte wirklich sehr autoritär sein. Sie schaute ihn trotzdem herausfordernd an. Er sah nicht gut aus, sondern wirkte gehetzt und unglücklich. Sie spürte, wie sein Anblick ihr Herz erweichte. Anstatt mit ihm zu streiten, wollte sie ihm übers Gesicht streicheln.
„Verzeihen Sie mir“, sagte er. Er sprach so leise und undeutlich, dass sie ihn kaum verstand.
„Wie bitte?“
„Ich möchte mich entschuldigen“, wiederholte er etwas lauter. „Mir ist klar, dass ich heute Vormittag ziemlich heftig geworden bin, aber ich versuche nur, Sie zu beschützen, Georgiana. Dafür bin ich doch da –
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