HISTORICAL EXCLUSIV Band 21
zu durchschauen hinter seiner aalglatten Fassade. „Leider bin ich immer noch dabei, den Ablauf der Geschehnisse zu rekonstruieren“, sagte sie säuerlich. „So würde ich zum Beispiel gern wissen, wann Sie in Bath ankamen, Mr. Savonierre.“ War das ein überraschtes Aufblitzen, das sie in seinen dunklen Augen sah?
„Ah, ich hatte also nicht unrecht, Sie für klug zu halten, Miss Bellewether. Sie glauben doch aber sicher nicht, dass ich etwas mit dem Diebstahl zu tun habe?“
Als sie schweigend ihre Locken zurückwarf, lachte er laut. Es war jedoch nicht der warme, ansteckende Ton, den Georgiana von ihrem Assistenten kannte.
„Oh, das ist ja sehr interessant. Ich verstehe jetzt, warum Ashdowne Sie an der kurzen Leine halten will“, sagte Savonierre.
„Was meinen Sie damit?“, fragte sie. Es überraschte sie, dass er den Marquess erwähnte. Sie schaute Savonierre an, und seine dunklen Augen betrachteten sie mit einer Intensität, die ihr den Eindruck vermittelte, entblößt zu werden. Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass er sie willenlos machen wollte, aber nicht in der sinnlichen Art Ashdownes, sondern durch die Macht seiner finsteren Persönlichkeit.
Georgiana wurde es auf einmal unheimlich. War dieser Mann ein Dämon? Sie glaubte gewöhnlich an Tatsachen und nicht an eingebildete Phänomene, doch etwas an ihm verunsicherte sie zutiefst. Endlich wandte er seinen Blick von ihr ab, und sie atmete erleichtert auf.
„Ich habe gar nichts gemeint“, antwortete Savonierre und ließ seinen Blick gleichgültig durch den Raum wandern. Als er sich ihr wieder zuwandte, sah sie fort. „Andererseits bin ich mir sicher, dass Sie klug genug sind, um herauszufinden, was ich gemeint habe – falls Sie allein darüber nachdenken.“
Georgiana blinzelte. Seine Worte schienen eine verschlüsselte Botschaft zu enthalten, die sie nicht verstand. Sie bemühte sich, ihren Verstand zu gebrauchen, und begriff plötzlich, dass Ashdowne recht gehabt hatte. Savonierre war viel zu gefährlich für sie.
„Wie auch immer, ich weiß nicht mehr weiter, Miss Bellewether, denn mein Londoner Detektiv scheint ebenso ahnungslos zu sein, wie Sie das von sich behaupten“, sagte er und wandte sich wieder dem Diebstahl zu, wobei er so tat, als ob es nie um etwas anderes gegangen wäre.
„Ich nehme an, dass es Fälle gibt, die selbst für berufene Ermittler schwierig sind“, murmelte sie.
„Vielleicht“, stimmte Savonierre zu. „Aber Sie, Miss Bellewether, enttäuschen mich. Ich hatte geglaubt, dass Sie den Diebstahl inzwischen aufgeklärt hätten.“
Georgiana wusste nicht, ob sie beleidigt oder geschmeichelt sein sollte. „Es ist schwierig, als Außenseiter Zugang zu den notwendigen Information zu bekommen. Man hat mir nicht einmal erlaubt, die Bediensteten zu befragen oder den Tatort in Augenschein zu nehmen“, verteidigte sie sich.
Savonierres harter Mund zuckte. „Möchten Sie den Raum sehen, in dem der Diebstahl stattgefunden hat?“, fragte er beiläufig.
„Natürlich, das möchte ich schon seit Langem“, rief Georgiana, ohne über ihre Worte nachzudenken.
Savonierre lächelte ohne Wärme. „Meine liebe Miss Bellewether, wenn ich gewusst hätte, dass dies ein so großes Verlangen von Ihnen ist, hätte ich es sogleich befriedigt“, sagte er.
Georgiana errötete, als sie seine Worte hörte. Seine Miene hatte sich jedoch nicht verändert, sondern wirkte weiterhin höflich und distanziert. Sie spürte, dass er kein Interesse an ihr als Frau hatte. Vielleicht war er einer von jenen Männern, für die Frauen nur Freiwild waren, das es zu erlegen galt. Vielleicht spielte er ja auch nur mit ihr, um Ashdowne zu provozieren.
Dieser Verdacht erschien ihr so plausibel, dass sie sich auf einmal besser fühlte. „Wann kann ich den Tatort sehen?“
„Sie können ihn gern sofort begutachten“, erwiderte Savonierre. „Der Raum ist verschlossen, und ich lasse ihn bewachen, sodass alles an seinem Platz blieb. Es ist noch alles so, wie es nach dem Diebstahl war.“
Georgiana atmete hörbar ein, als er aufstand und ihr den Arm reichte. Sie erhob sich zwar auch, schüttelte aber den Kopf. „Ich glaube, morgen wird noch früh genug sein. Ich könnte gleich am Vormittag herkommen, wenn Sie so nett wären, einem Diener Ihre Anweisungen zu hinterlassen.“
Sie spürte, wie er sie betrachtete, und gab sich den Anschein von Gleichgültigkeit. Dann hörte sie ihn leise lachen. „Meine liebe Miss Bellewether, wollen Sie
Weitere Kostenlose Bücher