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HISTORICAL EXCLUSIV Band 22

HISTORICAL EXCLUSIV Band 22

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARGO MAGUIRE JACQUELINE NAVIN
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legte seinen Arm fester um sie, und sie ließ sich an seine Brust fallen. Er musste schlucken, als er sich bewusst wurde, dass sie noch einsamer auf dieser Welt war als er selber. Das ungewohnte Gefühl, sie beschützen zu müssen, durchfuhr ihn, und er wünschte, er könnte sie vor dem Leid bewahren, die alte Bridget zu verlieren. Zwar kannte er die Schmerzen des Verlusts sehr gut, hatte aber keine Erfahrung darin, Trost zu spenden.
    „Werdet ihr jetzt versuchen, Euch auszuruhen?“
    „Ich erinnere mich, wie meine Mutter gestorben ist“, flüsterte sie, ohne seine Frage zu beachten. „Bridget blieb immer länger und länger und wollte gar nicht zu mir hinauskommen. Ich dachte, sie müsste nur meine Mutter lieben, nicht mich.“
    „Kommt mit und esst etwas.“
    Kathryn hatte keinen Appetit und antwortete nur mit einem Kopfschütteln, als Wolf ihr Essen anbot. Plötzlich erinnerte Kathryn sich an etwas und ging hinüber zur Truhe. Sie öffnete sie und nahm ein braunes Tuch heraus, das von einem Gegenstand, der darinnen steckte, beschwert wurde.
    „Eine merkwürdige alte Frau gab mir heute dies“, sagte sie. Er hörte, dass in ihrer Stimme nichts mehr von dem sonstigen Ungestüm und der Lebhaftigkeit lag. „Sie bat mich, es niemandem außer Euch zu zeigen.“ Kathryn reichte Wolf das Bündel und setzte sich wieder neben Bridget.
    Nachdem er den weichen Stoff entfernt hatte und den Siegelring seines Vaters erblickte – das Siegel, das gestohlen worden war –, war er erstaunt, wie wenig Eindruck dies auf ihn machte. Eine kleine Stimme im hintersten Winkel seines Kopfes drängte ihn zwar, Kathryn nach der Alten, die ihr den Ring gegeben hatte, zu befragen, doch das erschien ihm jetzt nicht wichtig. Eine andere, ungewohnte und viel lautere Stimme sagte ihm, dass seine jetzige Aufgabe darin bestünde, dieser jungen Frau Beistand zu leisten und Trost zu spenden. Einer Frau, die ihre älteste Freundin, vielleicht sogar ihre einzige Freundin überhaupt, verlor – die Amme, die ihr eine Mutter gewesen war.

6. KAPITEL
    Bridget hörte noch vor dem Morgengrauen auf zu atmen.
    Kathryn sah teilnahmslos zu, wie Wolf das weiche Leinentuch über das vertraute Gesicht der alten Frau zog; dieses einst so fröhliche Gesicht, das sie lachend und weinend gesehen hatte. Kathryn glaubte, dass sie selbst geweint haben musste, war sich dessen aber kaum bewusst. Sie fühlte sich elend, war todunglücklich und erschöpft. Sie hatte einen üblen Geschmack im Mund, und alle ihre Gelenke und Knochen taten weh.
    Wolf zog sie in die Arme und setzte sich mit ihr in den Stuhl neben das Feuer. Er streckte seine langen Beine aus und legte seine Füße auf den Schemel. Kathryn saß behaglich und sicher an seine Brust geschmiegt und fühlte das ruhige, gleichmäßige Pochen seines Herzens.
    Wolf beobachtete den Sonnenaufgang und zog Kathryn näher an sich heran. Sie ist so ganz anders als alle Frauen, die ich jemals gekannt habe, dachte er und seufzte. Wann hatte er angefangen, sie schön zu finden? Sie kleidete sich in Lumpen, mit denen keine der Damen von Königin Catherine auch nur in demselben Raum hätte sein wollen. Sie fügte sich den Schlägen eines betrunkenen Stiefvaters, floh aber auf der Reise aus Wolfs Schutz, um nach Somerton zurückzukehren und treu auf Rupert Aires zu warten. Erst gestern hatte Wolf sie dabei erwischt, wie sie den Flur entlanggelaufen war wie ein gehetztes Kätzchen. Sie hatte sich für den Juvet-Jungen eingesetzt wie einer von König Heinrichs Richtern und sich rührend um ihre sterbende Base gekümmert.
    Wie konnte er sie nicht schön finden?
    „Sie hat niemals eigene Kinder gehabt“, bemerkte Kathryn still. Wolf zog sie sofort fester in seine Arme. „Rupert und ich waren alles, was sie hatte. Er hätte hier sein sollen.“
    Ihre Worte brannten sich in sein Bewusstsein.
    Rupert . Bei Gott, er würde sie zu Sir Rupert bringen. So schnell Janus sie nach London tragen konnte.
    Der Trauergottesdienst und das Begräbnis fanden noch vor der Mittagsstunde statt. Kathryn bemerkte, dass der Earl trotz seines aufgeblasenen Balzgehabes am Tag zuvor sich nicht die Mühe machte, der Totenmesse für ihre Verwandte beizuwohnen. Er ging lieber auf die Jagd.
    Sie war Wolf und seinen Männern dankbar, die alle erschienen waren; ebenso etliche Bedienstete, die Bridget kennengelernt hatten. Es überraschte sie, den jungen Alfie dort zu sehen, der in Begleitung einiger Leute gekommen war, mit denen Kathryn in der Stadt

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