HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
“, rief er aus.
Kathryn schaute ihn verwundert an.
„Agatha hieß die zweite Frau von Philips Vater Clarence.“ Wolf war äußerst verwirrt von Kathryns Antwort. „Man dachte doch all die Jahre lang, sie sei tot.“
„Das glaube ich nicht, Gerhart“, widersprach Kathryn. „Ich selbst sah sie zwei Mal in Fleisch und Blut vor mir stehen, das zweite Mal in ihren eigenen Gemächern. Dort hat sie mich auch einen losen Stein aus der Außenwand neben ihrem Fenster ziehen lassen, wo ich den Ring fand. Sie hatte ihn dort versteckt.“
„Und sie bat Euch, ihn mir zu geben?“, fragte er. Er beobachtete, wie sie die Füße anmutig aus dem Wasser hob und ihre weichen Lederschuhe wieder anzog.
„Sie sagte, ich solle den Siegelring dem Mann mit den Silberaugen und dem schwarzen Haar übergeben. Das konntet nur Ihr sein“, erklärte ihm Kathryn, wobei sie bewusst verschwieg, dass Agatha ihn den „Wolf“ genannt hatte. Während sie den Baumstamm entlanggingen, fragte sie sich, was es wohl mit diesem verborgenen Siegel auf sich haben mochte und warum Agatha gewollt hatte, dass Wolf es bekam. Die Äußerungen der Alten waren so verworren. Kathryn konnte sich gut vorstellen, dass Agatha von allen Gästen auf Windermere nur zufällig Wolf als Empfänger des Ringes gewählt hatte. Vielleicht gefiel Lady Agatha sein Äußeres. Es war zweifelsohne ansprechend.
Was hatte Agatha noch über den „rechtmäßigen Earl“ gesagt? Kathryn konnte sich nicht genau erinnern. Das war auch nicht von Bedeutung. Philip war der jetzige Earl und die alte Frau offensichtlich nicht mehr im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte.
„Sagt mir … wer sonst aus Windermere hat Euch noch irgendwelche Mitteilungen zukommen lassen?“ Sie kamen zu der Wiese zurück, wo die Pferde grasten.
„Nur Lord Colston“, erzählte ihm Kathryn. „Er sagte, er würde bei Baron Somers oder sogar beim König um meine Hand anhalten.“
„ Was? “
„Ihr mögt es vielleicht nicht glauben, Gerhart“, sagte sie, indem sie anhielt und ihn ansah, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, „ich mag zwar unscheinbar sein, aber doch nicht so sehr, dass niemand mich heiraten wollte, wie Ihr zu glauben scheint.“
„Aber ich habe nie gesagt, dass Euch niemand will …“
Sie musste lachen. „Es war nicht das, was Ihr gesagt habt.“
„Habe ich es angedeutet?“ Wolf musste daran denken, wie würdevoll Kathryn am ersten Abend in der Großen Halle von Windermere erschienen war und wie sie bei dem Zwischenfall mit dem kleinen Alfie so vortrefflich mit dem Earl umzugehen verstand. Er dachte daran, wie gut sie mit ihm auf Janus passte und wie sie gerade eben noch ihre nackten Füße anmutig, ja verführerisch, in das kühle Wasser des Sees getaucht hatte. Ihre vollen, sinnlichen Lippen. Ihre Augen mit diesem unglaublichen Grün, die von den längsten Wimpern eingerahmt waren, die er je bei einer Frau gesehen hatte. Sie war alles, nur nicht unscheinbar und schwer zu verheiraten. „Unmöglich“, sagte er leise.
Die Glut im dunklen Grau seiner Augen war verwirrend. Kathryn spürte deutlich, dass diese Augen sie gefährlich aus dem Gleichgewicht bringen könnten, wenn sie noch länger hinsah, und wandte sich schnell zum Gehen. „Es ist eine Schande mit Windermere“, sagte Kathryn nach einer Pause.
„Eine Schande?“
„Windermere ist doch Philips Erbe, oder etwa nicht?“, fragte sie. „Dennoch beschäftigt er einen Kämmerer, der es zulässt, dass die Wirtschafterin das Regiment führt und die Burg verfällt. Der Gutsverwalter missbraucht seine Rechte, und der Vogt beutet die Leibeigenen aus. Der Grundbesitz des Earls ist …“
„Woher wisst Ihr das alles, Kathryn?“, fragte Wolf, erstaunt über ihre Beobachtungen.
„Nun, ich habe Augen und Ohren und eine gute Auffassungsgabe“, sagte sie. „Es gehört nicht viel dazu, um zu erkennen, was hier geschieht oder getan werden müsste, um die Lage zu verbessern.“
„Was würdet Ihr tun, Kathryn, wenn Ihr Lady Windermere wäret?“
„Ich weiß nicht, ob ich überhaupt Lady Windermere sein möchte“, sagte sie verächtlich, „aber wenn ich Philips Kämmerer wäre, würde ich den Verwalter, über den die Leute tuscheln, vor den Richter bringen. Der Vogt, wie er auch immer heißen mag, müsste sich ebenso verantworten. Dann würde ich die Wirtschafterin hinauswerfen – sie hatte kein Recht, Lady Clarisse zu quälen – und Handwerker einstellen …“
„Was meint Ihr damit, dass sie Lady Clarisse
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