HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
König Heinrich IV., neu zu überdenken. Wolf war der festen Überzeugung, dass er jeden fadenscheinigen Beweis gegen seinen Vater widerlegen könnte. Immerhin war er jetzt im Besitz des alten Siegelrings sowie des Siegels, das Bartholomew hatte nachmachen lassen und das nach dem Tod seines Vaters auf ihn übergegangen war. Ganz zu schweigen von dem vergilbten Pergament, das Clarences Namen und ein geheimnisvolles Siegel trug.
Wolf hoffte auch, Tommy Tuttle ausfindig machen zu können, den Agatha Kathryn gegenüber erwähnt hatte. Er fragte sich, wie gebräuchlich dieser Name wohl in London sei und ob er diesen Mann, der in geheimnisvoller Beziehung zu einem zwanzig Jahre zurückliegenden Verbrechen stand, jemals würde aufspüren können. Er schwor sich, dass er nach Windermere zurückkehren, Agatha holen und sie dazu bringen würde, selbst vor König Heinrich auszusagen, wenn es nötig sein sollte.
Schließlich war ihm bewusst, dass er von Kathryn loskommen musste. Sie stellte eine Bedrohung für sein beherrschtes, wohlgeordnetes Leben dar. Das Letzte, was er jetzt brauchen konnte, war, noch weiter ihrem unerhörten Zauber zu verfallen.
Sie erreichten Burg Kendal kurz vor Einbruch der Dunkelheit und wurden auf den Treppen von einer rundlichen kleinen Frau empfangen, die prächtig gekleidet war und ein blaues Gewand mit Kruseler trug. Wolf erkannte sie als die Marchioness, Lady Mary Beauchamp.
„Willkommen in Kendal“, begrüßte sie Lady Mary herzlich und voll von übersprudelnder Redefreude. „Es ist so schön, Gäste zu haben, aber wir haben ja leider so selten welche. Ihr seht müde aus, meine Liebe. Ihr müsst den ganzen Tag geritten sein. Sicher seid Ihr hungrig und durstig und wünscht, Euch auszuruhen. Wir werden sehen, was wir tun könn… Ach je, jetzt habe ich es ja schon wieder getan“, sagte sie, indem sie ihrem Wortschwall absichtlich Einhalt gebot. „Wie geht es Euch?“
Sie nahm Kathryn beim Arm und zog sie von den Rittern fort. „Ich bin Lady Mary, John Beauchamps Frau. Ach, es ist so gut, Euch hier zu haben. Wenn nur meine Schwiegertochter Charlotte ebenfalls hier sein könnte.“ Kathryn musste über Lady Marys Überschwänglichkeit lächeln und folgte ihr bereitwillig. Es war angenehm, Wolfs mürrischer Gesellschaft für einen Augenblick zu entkommen, obwohl sie sich fragte, ob Lady Mary ihr jemals die Möglichkeit geben würde, auch etwas zu sagen. „Ihr seid doch Lady Kathryn, nicht wahr? Unsere Gefolgsleute haben mich darüber in Kenntnis gesetzt …“
Wolf hörte kaum auf das Geplapper der Frau, während er Kathryn und Lady Mary in die Halle folgte. Kathryn schien sich wohl zu fühlen, und Wolf wusste, dass Lady Mary um ihr Wohlbefinden besorgt war.
Nicholas und Wolf durchquerten die Halle und folgten einem der Ritter des Marquess, der sie zu einer Wendeltreppe im hinteren Teil der Burg führte. Sie stiegen die Stufen hoch, bis sie einen kleinen Raum im Turm erreichten, John Beauchamps Arbeitszimmer. Es war ein runder Raum mit lang gezogenen, schmalen Fenstern in den Steinmauern. Der Lichteinfall, der bei vollem Tageslicht vermutlich mehr als ausreichend war, wurde jetzt durch einen tief hängenden Kerzenleuchter ersetzt.
Der Marquess of Kendal war kein besonders großer Mann, aber kräftig gebaut. Ganz offensichtlich war er in seinen jungen Jahren ein Mann der Tat gewesen. Sein Haar war grau an den Schläfen, sonst aber noch überall rotbraun, so wie Wolf es in Erinnerung hatte. Er hatte ein freundliches Funkeln in seinen durchdringend blickenden blauen Augen und schien so zurückhaltend zu sein wie seine Frau gesprächig. Wolf fragte sich gerade, wie er am besten den wahren Grund seines Besuchs in Kendal vorbringen sollte, als der Marquess ihn endlich ansprach.
Indem er Wolf anschaute, sagte er leise: „Haltet Ihr mich für so einen senilen alten Narren, Bürschchen, dass Ihr glaubt, ich würde den Namen Gerhart nicht erkennen?“
8. KAPITEL
Nie im Traum hatte Wolf die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass Lord John Beauchamp, Marquess of Kendal, sich an den Namen seines deutschen Großvaters erinnern würde, und er war untröstlich, den Marquess vielleicht durch diese Täuschung gekränkt zu haben. Er wollte diesen Mann auf seiner Seite haben, nicht gegen sich.
„Seid Ihr jetzt John oder Wolfram?“, fragte der Marquess. „Offensichtlich hat zumindest einer den Angriff überlebt. Ich schätze, Ihr seid Wolf, obwohl alle drei von Euch Jungen das Aussehen Eures Vaters
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