HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
Aufzug wissen, dass ich nicht nur irgendein Junge war?“
„Aber er hat es gewusst, Mylady“, gab Nicholas zu Bedenken, indem er ihren Verdacht aussprach und damit bestätigte. „Er hat es gewusst.“
Irgendwie wurde Kathryn gewahr, dass die Vögel zwitscherten. Langsam wurde sie wach, bewegte sich aber noch nicht und genoss einfach die Stille des Augenblicks und die Wärme und Stärke des Mannes, mit dem sie umschlungen dalag.
Mann? Umschlungen?
Sie zog die Beine an, setzte sich auf und wandte ihr Gesicht Wolf zu, der mit angewinkeltem Ellbogen, den Kopf auf einer Hand, auf einer Seite lag.
„Guten Morgen, Mylady“, sagte er leise. „Ich hoffe, Ihr habt wohl geruht?“ Sein Blick schweifte zu ihren Lippen und dann an ihr hinab. Er konnte nicht widerstehen, ihre sanften Rundungen zu betrachten.
Kathryn schaute an sich hinunter und bemerkte, dass sich ihr Gewand dort, wo es zerrissen war, geöffnet hatte und Wolf den Blick auf ihre zarte weiße Haut und ihren üppigen Busen mit den rosa Spitzen freigab. Voll Scham raffte sie den Stoff zusammen.
Wolf musste schlucken. Er richtete sich auf und legte ihr hastig eine Decke um die Schultern. „Sucht Euch etwas Anständiges zum Anziehen“, sagte er schroff. „Wir brechen bald auf.“
Kathryn trug an den folgenden drei Tagen Frauenkleider und hielt sich stets mit einem Gebände und ihrem alten Umhang bedeckt. Wolf blieb während des Rittes schweigsam und beantwortete ihre Fragen kaum. Er war verdrießlich und in Gedanken vertieft. Kathryn glaubte fast, dass er sie jetzt, seitdem er sie geküsst hatte, noch finsterer ansah als jemals zuvor. Sie fragte sich, warum er so mürrisch sein mochte, doch all ihre Versuche, die Antwort aus ihm herauszulocken, scheiterten.
Wolf teilte ihr mit, dass sie nur noch einen anderen Aufenthalt vor ihrer Ankunft in London hätten, nämlich das Gut von John Beauchamp, dem Marquess of Kendal. Er erwähnte nicht, dass der Marquess Bartholomew Colstons engster Freund gewesen war und schon einige Versuche unternommen hatte, am Hofe Heinrichs IV. Erkundigungen über den Tod von Bartholomew Colston und seinen Söhnen einzuziehen, die aber jedes Mal vereitelt wurden. Zurzeit von Bartholomews Tod hatten am Hof Argwohn und Misstrauen geherrscht, sodass Bolingbroke eine nochmalige Prüfung der Beschuldigungen gegen den Earl nicht erwog.
Wolf gedachte, den Marquess ins Vertrauen zu ziehen, um seinen Beistand und seine Unterstützung zu gewinnen, die von unschätzbarem Wert sein würden, wenn er sein Beweismaterial gegen Philip vor König Heinrich V. ausbreitete. Vielleicht würde ja dieser Heinrich den Fall wieder aufnehmen und sich selbst ein Urteil bilden.
Wolf hatte es nahezu aus seinem Gedächtnis verbannt, bald Westminster zu erreichen und dort Kathryn König Heinrich übergeben zu müssen. Und Rupert Aires. Dieser Gedanke gefiel ihm gar nicht. Die Tatsache, dass Kathryn solch eine Wirkung auf ihn hatte, war außerordentlich beunruhigend. Nein, es war geradezu unglaublich. Weder hatte jemals eine Frau in diesem Ausmaß von seinen Gedanken Besitz genommen, noch hatte er sich zu irgendeinem Zeitpunkt so viele Sorgen um jemanden gemacht wie um Kathryn. Das musste aufhören.
Er konnte nicht sagen, was König Heinrich von ihr wollte, wenn sie endlich in London eintraf. Vielleicht würde er ihr erlauben, Rupert zu heiraten. Es war aber auch denkbar, dass Lady Kathryn Somers eine politische Funktion zu erfüllen hatte. Möglicherweise wollte Heinrich sie aus diplomatischen Gründen verheiraten. Was immer auch geschehen würde, Kathryn war auf sich allein gestellt und dem Wohlwollen des Königs ausgeliefert, egal, wie sehr Wolf sich auch wünschen mochte, dass es anders wäre.
Seine Gedanken schweiften zu Annegret, der Tochter eines deutschen Markgrafen, mit dem sein Großvater eine Verbindung wünschte. Bis jetzt war es Wolf gelungen, einer tatsächlichen Verlobung mit Annegret, einem blassen, unterwürfigen Mädchen, das beinahe das genaue Gegenteil von Kathryn war, aus dem Weg zu gehen, obwohl beide Familien diesen Bund sehr befürworteten.
Während sie auf Burg Kendal zuritten, schmiedete Wolf seine Pläne. Er würde John Beauchamp bitten, mit ihm nach London zu kommen und diskrete Erkundigungen über die vorliegenden Beweise gegen Bartholomew Colston einzuholen. Vielleicht wäre der Augenblick günstig, und König Heinrich würde es in Erwägung ziehen, Bartholomew Colstons Rolle bei dem angeblichen Mordanschlag auf seinen Vater,
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