HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
aufleben lässt. Ich bin heute Morgen nicht bester Laune.“
Alayna verließ eilig das Gemach.
Eine Weile später betrat Lucien die Halle, wo viele noch mit ihrem Frühstück beschäftigt waren. Lucien achtete nicht auf die lautstarke Begrüßung seiner Männer und stieg auf das Podest hinauf. Dort ließ er sich auf seinen Stuhl zwischen Alayna und Agravar fallen. Angewidert schob er die Speisen von sich und befahl einem Diener, ihm Bier zu bringen.
Agravar tauschte einen verschwörerischen Blick mit Will. Dann klatschte er Lucien herzhaft auf den Rücken und erhob dröhnend seine Stimme. „Wie geht es dir, Herr Baron? Hast du gut geschlafen?“
Lucien wimmerte leise, bevor er den Wikinger böse ansah. „Gut genug.“
„Wie schön“, spottete Agravar. „Obwohl ich sagen muss, dass du heute ziemlich mitgenommen aussiehst. Geht es dir wirklich gut? Vielleicht hast du nur Hunger – diese Würste sind recht schmackhaft. Hier, versuche eine!“
Als der Nordmann ihm die Wurst unter die Nase hielt, wurde Lucien noch einen Ton blasser. Würgend stieß er die Hand seines Freundes weg. „Nein.“
Alayna konnte nur schwer ein Kichern unterdrücken.
Doch Agravar gab nicht so schnell auf. Laut rief er dem Diener zu: „Bring meinem Lord, dem Baron, ein paar andere Leckerbissen, da ihm die Wurst nicht mundet!“ Lächelnd wandte er sich Lucien zu. „Vielleicht ein paar rohe Eier? Oder bevorzugst du lieber etwas von dem Rebhuhn mit Holunderbeersoße, das von gestern Abend übrig geblieben ist?“
„Ich bin nicht hungrig, Agravar“, zischte Lucien, während sich ein dünner Schweißfilm auf seiner Stirn bildete.
„Vielleicht würde Euch etwas frische Luft bekommen, Mylord“, bot Alayna freundlich an. Alle Anwesenden warfen ihr erstaunte Blicke zu.
Agravar hatte sich zuerst wieder gefasst, denn er brüllte Lucien vergnügt ins Ohr: „Nein, Mylady, unser Lord Lucien muss tüchtig essen, um den ganzen Tag seinen zahlreichen Verpflichtungen nachgehen zu können. Ohne kräftige Nahrung werden wir Männer gebrechlich und schwach, und uns wird sogar speiübel – nicht wahr, alter Freund?“
Schadenfroh nahm der Wikinger sein Spiel wieder auf. Lucien schien entschlossen, sich von den ihm vorgesetzten Speisen nicht abschrecken zu lassen. Doch als ihm Agravar schließlich eine Platte mit dampfenden Pasteten anbot, stand er auf und verschwand eilig in Richtung des Aborts. Wenigstens warteten die anderen Männer, bis er außer Hörweite war, bevor sie in brüllendes Gelächter ausbrachen.
Alayna unternahm den Versuch, die Männer missbilligend anzusehen, aber schließlich musste auch sie lachen. Als ihr Gemahl zurückkehrte, wirkte seine Gesichtsfarbe schon wesentlich gesünder.
„Genug beim Frühstück herumgelungert, ihr faulen Taugenichtse. Macht Euch an die Arbeit.“
Die Männer verließen die Halle, während die Dienstboten eilig die Tische abräumten. Lucien beobachtete das Geschehen, offenbar zufrieden mit der bereitwilligen Befolgung seiner Anordnungen. Seine Augen nahmen einen sanften Blick an, als er sich Alayna zuwandte.
„Und womit wirst du dich heute beschäftigen, Mylady?“
Sie sah ihn ungläubig an. „Ich … ich möchte mit dem Koch und dem Seneschall noch einmal die Vorratskammern durchsehen. Sicher können wir von all dem Überfluss einige Dinge für die Leibeigenen entbehren. Wenn sie satt und zufrieden sind, werden sie sicher besser für uns arbeiten.“ Unsicher fragte sie: „Stimmt Ihr mir zu?“
Lucien lächelte sie zum ersten Mal mit wirklicher Freude an. Alayna verspürte eine plötzliche Schwäche in den Knien.
„Ich teile deine Meinung voll und ganz. Es ist eine große Ehre für mich, dass mir eine Dame wie du bei diesem Vorhaben hilft.“ Wieder lächelte er, und sie sah verzaubert zu, wie sein Gesicht jungenhafte, entspannte Züge annahm. Die harten Linien verschwanden, und seine Augen verloren ihren misstrauischen Ausdruck.
Da sie unfähig war, irgendetwas zu sagen, verbeugte er sich ritterlich vor ihr und folgte seinen Männern nach draußen.
Verträumt spielte Alayna mit ihrem goldenen Trinkkelch und dachte über seinen ungewohnten Charme nach. Ein Lächeln spielte auf ihren Lippen, während sie sich fragte, was mit ihr geschah. Gestern Nacht hätte sie ihn in ihrem Bett willkommen geheißen und alles gegeben, was er verlangte. Es stimmte sie tatsächlich etwas traurig, als sie das Hufgeräusch davonreitender Pferde hörte.
Immer noch gedankenverloren, stand sie auf und
Weitere Kostenlose Bücher