HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
sie kurz fest in seinen Armen, bevor er sich von ihr wegrollte und vorgab zu schlafen.
Alayna weinte leise in der Dunkelheit. Es war erstaunlich, dass sie immer noch Tränen zu vergießen hatte.
Bald verließ Alayna jede Hoffnung. Ihre Mutter beobachtete argwöhnisch den sich stetig verschlechternden Zustand ihrer Ehe. Alayna fiel es immer schwerer, überzeugende Gründe dafür zu finden, warum sie ihren Gemahl nicht verlassen sollte. Veronica drängte sie inständig zu diesem Schritt.
In manchen Nächten kam er zu ihr und liebte sie schweigend, während die alte Leidenschaft zwischen ihnen auflebte. Jedes Mal begegnete sie ihm mit ebenbürtigem Verlangen und genoss das Gefühl, ihm für kurze Zeit nahe zu sein. Doch diese Begegnungen trugen nichts dazu bei, dass sich ihre Beziehung verbesserte. Nachdem er seine Erfüllung gefunden hatte, drehte er sich wortlos auf die andere Seite. Alayna konnte nur schlaflos die Decke anstarren und sich fragen, was seiner wahren Natur entsprach – sein herzloses Verhalten oder sein wundervolles, sanftes Liebesspiel?
Nach einiger Zeit ergriff sie eine unerwartete Teilnahmslosigkeit. Sie wünschte, ihre Wut würde sie übermannen, damit sie ihn wenigstens zu einem ihrer früheren Streitgespräche herausfordern könnte. Doch sie hatte keine Kraft mehr dazu. Allmählich begann sie, Veronicas Wünsche in Erwägung zu ziehen. Vielleicht sollte sie sich einfach geschlagen geben und zulassen, dass ihre Mutter sie zurück nach London brachte.
24. KAPITEL
Es geschah bei einem Abendmahl, als Luciens besonders übel gelaunt war, dass Alaynas Zorn erneut geweckt wurde.
Alle saßen gemeinsam am Herrentisch und leisteten ihrem mürrischen Lord widerwillig Gesellschaft. Alayna beging den Fehler, mit Will zu sprechen.
Sie fragte ihn nur, wie die Fortschritte auf Thalsbury vorangingen. Statt Wills Antwort ertönte jedoch ein Knurren aus Luciens Richtung. „Vielleicht würde es dir gefallen, zusammen mit unserem guten Ritter an diesem Ort zu leben“, sagte er. „Dort könntest du dich selbst vom Zustand des Anwesens überzeugen und natürlich auch von Wills Wohlergehen, sooft du wolltest.“
Wills Gesicht lief rot an. Offensichtlich fiel ihm zu dem eindeutigen Vorwurf keine passende Antwort ein. Alayna fuhr herum und sah ihn lange an. Dabei war sie sich durchaus der entsetzten Blicke all derer bewusst, die sie liebte – ihre Mutter, Mellyssand, Hubert und Eurice.
Nachdem die barschen Worte verklungen waren, überkam sie plötzlich eine verzehrende Wut. Ihr ganzer Körper begann zu kribbeln, und auf einmal fühlte sie sich wieder auf wundervolle Weise lebendig. Langsam erhob sie sich auf unsicheren Beinen, die ebenfalls vor Zorn zu zittern schienen.
Genug. Sie hatte nun endgültig genug ertragen.
Für eine schier endlose Zeit hatte sie sein beleidigendes Benehmen ertragen, seine verletzende Missachtung und seinen grausamen Spott. Es hatte ihr das Herz gebrochen, tagtäglich seine gequälten Augen zu sehen und zu wissen, dass er den Schmerz seiner Vergangenheit nicht überwinden konnte. Doch nun war es ihr gleichgültig. Sie hatte genug!
Stolz hob sie das Kinn und warf ihm den arrogantesten und verächtlichsten Blick zu, den sie zustande brachte. „Du, mein gemeiner, launischer Gemahl mit deinen schlechten Manieren, kannst von mir aus zur Hölle gehen!“
Agravar unterdrückte nur mit Mühe ein Lachen.
Indem sich Lucien seiner Gemahlin zuwandte, erhob er sich drohend vor ihr. Der Ausdruck seiner Augen war beängstigend, doch Alayna zeigte sich nicht im Mindesten davon beeindruckt.
„Sei lieber vorsichtig, Gemahlin“, warnte er sie. „Ich schätze es nicht, wenn unsere privaten Angelegenheiten in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden. Doch wenn du mich zu sehr reizt, werde ich meinen Zorn auch nicht vor jenen verbergen, die deine Demütigung mit ansehen könnten.“
„Willst du mich etwa schlagen, Lucien?“, fragte sie mutig.
„Ich kann mich vielleicht nicht mehr lange beherrschen, wenn du mich herausforderst.“
Sie glaubte ihm nicht. Verwundert stellte sie fest, dass ihr seine Drohung sogar völlig gleichgültig war. Sollte er doch endlich eine Entscheidung über ihre Zukunft herbeiführen, auch wenn dies bedeutete, dass sie ihn für immer verlassen würde. Alles war besser als diese schreckliche Teilnahmslosigkeit, die er seit seiner Rückkehr aus dem Kloster gezeigt hatte.
Alayna hob ihr Kinn noch höher, dann zuckte sie mit den Schultern. „Es gibt nichts, womit
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