HISTORICAL EXCLUSIV Band 22
verächtlich. Offensichtlich bezweifelte er, dass irgendjemand ihn besiegen könnte.
„Ich habe beinahe zwei Wochen gebraucht, um meine Mutter davon zu überzeugen, unsere Ehe nicht von der Kirche annullieren zu lassen. Trotzdem würde es ihr nicht schwerfallen …“
„Ist es das, was du willst?“, brüllte er.
„Willst du es vielleicht, Lucien? Warum bestrafst du mich so grausam? Warum lässt du mich dir nicht helfen? Zusammen könnten wir …“
„Warum belästigst du mich weiter mit diesem sinnlosen Geschwätz, da ich doch deutlich gesagt habe, dass ich in Ruhe gelassen werden will?“ Er brüllte die letzten Worte, doch Alayna blieb standhaft.
„In Ruhe lassen? Damit du mit deinem Selbstmitleid allein sein kannst? Ja, das würde ich am liebsten tun, so weit hast du mich schon gebracht. Manchmal wünsche ich mir sogar, dass du die gerechte Strafe für die Dummheit erhältst, die du in den letzten Wochen gezeigt hast. Aber natürlich kann dich nichts mehr berühren, so eingenommen bist du davon, in deiner ganz persönlichen Hölle zu schmoren. Oh, mein zorniger Rachegott, du scheinst oft so unberührbar zu sein, was die Sorgen und Ängste der normalen Sterblichen betrifft. Daher ist es höchst passend, dass dein Leid deiner eigenen Vorstellung entsprungen ist, denn nur du in deiner einzigartigen Grausamkeit könntest so eine schreckliche Bestrafung für dich selbst ersinnen.“
„Fordere mich nicht heraus, Weib“, warnte er sie mit gefährlicher Miene. Er wollte an ihr vorbeigehen, doch sie stellte sich ihm in den Weg. Überrascht stellte sie fest, dass er sie nicht einfach beiseite stieß.
„Du bist ein Narr“, brüllte sie ihn an. „Du bist so unglaublich dumm, dass ich gar nicht weißt, wie du überhaupt jeden Morgen aus unserer Kammer herausfindest. Du überlässt dich deinem Hass und deiner Bitterkeit, während du dich von deinem Glück abwendest.“
„Dieses Glück ist eine Täuschung. Es entspringt lediglich den törichten Wunschträumen eines Mannes.“
Alayna blickte ihn verächtlich an. „Das ist doch wirklich das Dümmste, was ich jemals gehört habe!“
Während sie fortfuhr, bemerkte sie seinen erstaunten Gesichtsausdruck, mit dem er auf ihren Vorwurf reagierte. „Du bist also wütend auf deine Mutter? Ist es das, was dich quält? Nun, ich kenne den Grund dafür nicht, auch wenn es vielleicht ein guter ist. Aber ich habe nichts getan, was dich verletzen könnte. Ich war dir treu und brachte dir nur Freundlichkeit entgegen, nichts weniger!“
„Frauen …“
„Verschone mich mit deinem Gerede über Frauen!“, rief sie, während sie mit dem Fuß aufstampfte. „Du weißt nichts von Frauen! Sie unterscheiden sich nicht sehr von den Männern – es gibt gute und schlechte von ihnen. Doch wir sprechen hier von mir. Ich, Alayna, bin keine Lügnerin, und ich habe dich niemals betrogen. Habe ich dir jemals einen Grund gegeben, an mir zu zweifeln?“
Lucien erwiderte nichts.
„Nein, gewiss nicht!“, beantwortete sie ihre Frage selbst. „Aus deiner unverschämten Bemerkung in der Halle schließe ich, dass du dir irgendeine verschwörerische Liaison zwischen Will und mir in den Kopf gesetzt hast, aber es ist einfach nicht wahr.“ Sie hielt kurz inne, um ihre bebenden Glieder unter Kontrolle zu bringen. Dann atmete sie tief ein, während sie sich zwang, ruhig zu bleiben. Nach einer Weile fuhr sie fort, dieses Mal mit sanfter, flehender Stimme.
„Ich weiß, dass du leidest.“ Er blickte weg, als könne er ihre Worte nicht ertragen. „Was auch immer deine Mutter getan hat, es ist vorüber. Sie hat dein Leben einmal zerstört. Lass nicht zu, dass dies auch ein zweites Mal geschieht.“ Zögernd trat sie einen Schritt auf ihn zu.„Lucien, mein Gemahl. Wende dich bitte nicht ab von mir. Wir hatten doch so viel, etwas das ganz allein uns beiden gehörte.“
Sein Gesicht blieb jedoch verschlossen, und er entfernte sich von ihr. Als sie sich ihm wieder nähern wollte, warf er ihr einen hasserfüllten Blick zu. „Verlass mich“, forderte er wütend.
Tränen traten in ihre Augen. Alayna schüttelte den Kopf, als ob sie sich weigern würde, ihn zu verlassen. Dennoch sprach sie die Worte nicht aus, zu entsetzt war sie von dieser grausamen Antwort auf die hoffnungsvollen Worte, die ihrem Herzen entsprungen waren. Schließlich wirbelte sie herum und rannte die Stufen hinunter. Dabei hielt sie nur mühsam ihr Schluchzen zurück, bis sie außer Hörweite war.
Wohin sollte sie gehen?
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