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HISTORICAL EXCLUSIV Band 23

HISTORICAL EXCLUSIV Band 23

Titel: HISTORICAL EXCLUSIV Band 23 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARIE-LOUISE HALL LAURIE GRANT
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war, wie er geglaubt hatte, als Ross und Reiterin aus dem Walde aufgetaucht waren, sondern dass die junge Frau tatsächlich die Absicht hatte, die Mauer zu überspringen. Selbst mit Pavanne hätte er sich das zweimal überlegt, geschweige denn mit einem nicht zugerittenen, ungeschickten Jungpferd. Er beobachtete, wie die schlanke, in Grün gekleidete Frauensperson sich bemühte, das feurige Tier wieder in ihre Gewalt zu bekommen, und schwankte dabei zwischen der Bewunderung ihrer Geschicklichkeit und dem Vorgefühl eines Unheils. Denn der Hengst war bereits zu nahe an der Mauer, als er die Vorderbeine hob und zum Sprung ansetzte. Er drehte sich und schielte seitwärts. Erstaunlicherweise hatte sich die junge Frau bis jetzt im Sattel gehalten. Aber nicht mehr lange, dachte Heywood grimmig, und setzte sich eilends in Bewegung. In diesem Augenblick bäumte sich das Pferd so wild auf, dass es sich fast nach rückwärts überschlug und seine Reiterin abwarf.
    Kein Reiter überlebt einen solchen Sturz! Noch als dieser Gedanke durch Heywoods Kopf schoss, flog die Frau über den Kopf des Tieres und landete mit einem dumpfen Schlag am Fuße der Mauer.
    „Verdammt!“ Er beschleunigte seine Schritte aus Angst, möglicherweise zu spät zu kommen.
    Seraphina lag auf einem Haufen welker Blätter, die der Wind am Fuße der Mauer zusammengeweht hatte, und rang nach Atem. In den Sekunden, in denen sie durch die Luft geschleudert wurde, war ihr bewusst geworden, dass es ihr keineswegs gleichgültig war, ob sie am Leben blieb oder den nächsten Tag nicht mehr erlebte. Mit großer Erleichterung stellte sie fest, dass die herbstlichen Blätter sie vor allem Schlimmeren, mit Ausnahme von ein paar neuen Schrammen, bewahrt hatten. Langsam und wütend auf sich selbst richtete sie sich auf. Ein solch unerfahrenes Jungpferd über die Mauer springen zu lassen, war dumm gewesen und selbstsüchtig … es hätte Jupiters Hals ebenso kosten können wie den ihren. Die Fasanenfeder auf ihrem Barett war abgeknickt und schaukelte vor ihren Augen hin und her. Mit einem wenig damenhaften Fluch zog Seraphina die Handschuhe aus, riss die Feder vollends von der Kappe und rieb sich dann Ellenbogen und Schulter, die am meisten bei dem Sturz abbekommen hatten.
    „Wie ich sehe, ist Euch nichts weiter zugestoßen, wenn auch ohne Euer Verdienst.“ Die Stimme war trocken, amüsiert und sehr männlich.
    Aufgeschreckt fuhr Seraphina herum und erblickte vor sich ein Paar Reitstiefel aus dem feinsten spanischen Leder sowie enge Beinkleider, die muskulösen Schenkel wie eine zweite Haut umspannten. Als sie verwirrt den Kopf hob, bekam sie zwei spöttisch blitzende goldbraune Augen zu Gesicht, umrahmt von Wimpern, die ebenso schwarz waren wie das Haupthaar und der kurz gestutzte Bart.
    Für einen Augenblick hielt der Fremde ihren Blick fest. Dann ließ er ihn zu ihren vor Überraschung halb geöffneten Lippen wandern und von dort zu dem Mieder ihres Gewandes.
    Warum nur sah er sie so merkwürdig an? Eine Mischung aus Furcht und Ärger ergriff Seraphina, während sie die eindringliche Musterung des Unbekannten über sich ergehen ließ. Ihre Ehe mit Edmund hatte ihr auf unerfreuliche Weise beigebracht, was von der körperlichen Überlegenheit eines Mannes zu erwarten war. Und, dachte sie, als sie der kräftigen Arme und Schultern ansichtig wurde, ein Vergleich mit Edmund würde dem zwischen einer Weidengerte und einem Eichbaum gleichkommen.
    Zum erste Male seit Jahren wünschte sie wieder, sie hätte auf ihre Mutter gehört, die ihr geraten hatte, einen Stallburschen zur Begleitung mitzunehmen. Gleichzeitig bereute sie bitter, am Morgen ausgerechnet ihr ältestes Gewand herausgesucht zu haben – aus Widerspenstigkeit … einfach weil ihre Mutter darauf bestanden hatte, dass sie als Witwe bei jeder Gelegenheit Trauerkleidung tragen sollte. Das verblichene salbeigrüne Reitkleid war für Seraphina angefertigt worden, als sie kaum dem Kindesalter entwachsen war, und Bess hatte große Schwierigkeiten gehabt, das Mieder zu schnüren. Wenn man bedachte, was es an ihren Rundungen alles mehr oder weniger verhüllte, so war es wohl nicht viel mehr, als nackt dazustehen.
    Und trotzdem brachte es Seraphina nicht fertig, ihren Blick von dem Fremden abzuwenden. Es war irgendetwas seltsam Vertrautes in seinem Antlitz, das sie einfach nicht losließ. Nein, sie konnte ihm nicht zuvor begegnet sein. Ein solches Gesicht vergaß man nicht. Es war kraftvoll, die Nase gerade und schmal,

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