HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
das Kinn fest, die Wangenknochen markant, der Mund … um den sinnlichen Mund lag etwas verwirrend Raubtierartiges, das ihr ein warnendes Prickeln über den Rücken laufen ließ. Dieser Mann war ein Raubritter, gewohnt sich zu nehmen, was er wollte und wann er es wollte.
Das Lächeln um die Lippen des Earls vertiefte sich, als er Seraphinas Erschauern wahrnahm und seinen Grund mutmaßte.
„Ihr braucht keine Angst zu haben. Ich tue Euch nichts.“
„Ich habe keine Angst“, entgegnete Seraphina wahrheitswidrig und ließ nun endlich die Lider über ihre Augen sinken.
„Schon möglich, da Ihr offensichtlich nicht einmal Angst vor dem Tod zu haben scheint“, räumte der Earl ein und hob mit leichtem Spott die Brauen. „Ich nehme an, Ihr habt einen guten Grund dafür, dass Ihr Euern Hals riskiert.“
Der unverschämte Tonfall und das spöttische Lächeln vertrieben Seraphinas Besorgnis und machten einem unverhüllten Ärger Platz. Sie war ganz und gar nicht dazu aufgelegt, männliche Herablassung über sich ergehen zu lassen, selbst wenn der Betreffende schön und schwarz war wie der Teufel in Person.
„Man will mich verheiraten!“, grollte Seraphina und begegnete wieder seinem herausfordernden Blick. „Ist das nicht Grund genug für eine Frau mit Verstand?“
„Für einen Mann mit Verstand aber ebenso“, gab der Earl gelassen zurück. Er hatte vorgehabt, der Fremden seine Hilfe beim Einfangen des Pferdes anzubieten und sie dann ihrer Wege ziehen zu lassen, doch nun war seine Neugier geweckt und die vor ihm liegende Aufgabe vergessen. Sie konnte nicht von Stand sein, denn keine Dame des Adels würde allein und noch dazu im Herrensitz ausreiten, wenn auch ihre Sprache die der gebildeten Kreise war. Ob sie wohl die Tochter des Verwalters war, mit der Herrschaftstochter erzogen und ihre abgelegten Kleider tragend? überlegte Heywood. Oder das uneheliche Kind eines der Edelleute der Gegend? Selbst auf den feuchten Blättern sitzend und mit Schmutzstreifen im Gesicht verbreitete sie ein Fluidum um sich wie eine Herzogin. Er ertappte sich dabei, wie er die Unbekannte freundlich anlächelte.
„Wenn ich gewusst hätte, was meiner wartete, als ich die Ehe schloss, hätte ich meinem Hals wohl ebenso wenig Vorsicht gewidmet.“
„Und das wäre furchtbar schade gewesen, nicht wahr?“, versetzte Seraphina, denn ihr Zorn war von dieser, wie sie meinte, Spöttelei wieder entfacht. „Dann wäret Ihr nicht hier und könntet nicht über mein Missgeschick lachen!“
„Der Verlust wäre ganz auf meiner Seite“, erwiderte der Earl sanft und ließ seinen Blick lässig von ihrem Gesicht zu ihrer schlanken Taille wandern.
„Und der Gewinn auf der meinen“, sagte Seraphina schnippisch, hielt dann aber inne bei dem Gedanken, dass es vielleicht nicht besonders klug wäre, einen Fremden zu provozieren, wenn sich in Rufweite kein Beistand finden ließ. Doch zu ihrer Erleichterung schien er nicht verärgert zu sein, sondern warf nur den Kopf in den Nacken und lachte schallend.
„Ich sehe, Euer Witz ist genauso bemerkenswert wie Eure Schönheit, Mädchen.“
Bei diesen Worten lächelte er sie mit einer Vertraulichkeit an, die sie als ebenso lästig empfand wie seine Komplimente. Bestürzt vergegenwärtigte sie sich, dass der Fremde offensichtlich annahm, sie sei von geringerer Herkunft. Zwar war dieser Irrtum angesichts ihrer Kleidung und des Mangels an schicklicher Eskorte verständlich, doch er ärgerte Seraphina nichtsdestoweniger.
„Viel öfter hat man mir gesagt, dass mein Temperament zu meiner Haarfarbe passe“, erwiderte sie gereizt und blickte den Unbekannten warnend an.
„Da Euer Haar zurzeit unter Euerm Barett verborgen ist, kann ich mich dazu nicht äußern. Doch es ist ohne Zweifel die gemeinste Verleumdung.“
„Nun, dann ist es um Eure Urteilsfähigkeit genauso arm bestellt wie um die meine, als ich versuchte, mit Jupiter die Mauer zu überspringen“, entgegnete Seraphina und stellte dabei fest, dass sie immer noch verwirrt war von dem Spott, der dem Fremden um die Mundwinkel spielte.
„Das hoffe ich nicht, bei Gott!“, erwiderte der Earl gefühlvoll.
„Ihr solltet mir nicht immer so bereitwillig zustimmen!“ Seraphina bemühte sich krampfhaft, ihren Zorn weiter zu nähren, doch als sie in das vergnügte Antlitz des Fremden blickte, glitt unvermittelt ein Lächeln über ihre Lippen. „Also gut“, räumte sie nicht unfreundlich ein, „es war natürlich ein bisschen töricht.“
„Ein
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