HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Seraphina unsicher an. Sie hatte plötzlich einen so hoffnungslosen, so verzweifelten Ausdruck in ihrem hübschen Gesicht.
„Nein …“, erwiderte Seraphina leise, die in ihren Gedanken immer noch bei Heywood war. „Ich fürchte, es wird mir nie gelingen.“
Der Earl schaute sie mitleidig an. Furcht und Unsicherheit lagen in ihrem Blick. „Ich meinte das Pferd“, sagte er ruhig, während Seraphina in weite Ferne starrte und seine Anwesenheit völlig vergessen zu haben schien.
„Oh …“ Betroffen schaute sie zu dem Sprecher auf. Er war ein Fremder und hatte doch ohne Mühe ihre Gedanken erraten. „Ja …“, erwiderte sie schließlich nach einer langen Pause und senkte den Kopf, während sich ihre Wangen rosig färbten. „Der Sturz war meine eigene Schuld, denn ich habe zu viel von ihm verlangt“, fuhr sie hastig fort. „Im Allgemeinen ist er gut zu leiten.“
„Anders als der Mann, den Ihr nicht heiraten wollt?“
„Ja“, erwiderte Seraphina ohne nachzudenken, denn sie war erneut überrascht von der Leichtigkeit, mit welcher der Fremde ihren Gedankengängen folgte. „Ich weiß nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen. Doch nichts, was ich über ihn gehört habe, lässt mich guten Mutes sein …“ Sie unterbrach sich entsetzt, als sie gewahr wurde, was sie dem Unbekannten alles anvertraute. „Ich sollte jetzt lieber nach Hause zurückkehren.“ Abermals sprudelte sie die Worte überstürzt hervor. „Bevor man Jupiter vermisst …“
„Ihr sollt ihn wohl nicht reiten?“ Heywoods Vermutung traf offensichtlich ins Schwarze.
„Ja. Mein Vater meint, wir seien uns charakterlich zu ähnlich.“
„Im Eigensinn?“, fragte der Earl neckend. Aus einem unerklärlichen Verlangen heraus verspürte er den Wunsch, die Schatten von ihren grünen Augen zu vertreiben und sie wieder lächeln zu sehen.
„In der Undiszipliniertheit“, verbesserte Seraphina ihn ironisch und erinnerte sich dabei an Edmunds Bemühungen, diesen ihren speziellen Charakterfehler auszumerzen.
„Dann sollte ich Euch in der Tat lieber in den Sattel helfen und Euch Eures Weges gehen lassen, bevor Euer Vater bemerkt, dass er recht hatte.“ Der Earl drehte lachend die Steigbügelriemen in die richtige Lage und untersuchte den Sattelgurt.
„Ja.“ Ihre Stimme klang heiser und gepresst, als Heywood sich zu ihr umdrehte und ihr den Arm um die Taille legte. Die unerwartete Beschleunigung ihres Herzschlages und ein seltsames Ziehen in ihrem Körper verursachten Seraphina ein Schwindelgefühl, ebenso wie jenes überwältigende Gefühl der Vertrautheit, das in ihr die Erwartung weckte, der Fremde müsse sie in die Arme nehmen, festhalten, beschützen. Aber das war Unsinn. Er war verheiratet – und eben ein Fremder.
Vor ein paar Minuten noch hätte sie geschworen, sie fühle bei der Berührung durch einen Mann nichts als Widerwillen. Und nun … ein Unbekannter hatte sie zum Lachen gebracht … sie hatte seine Nähe gespürt … und es war, als habe sich dabei ein Abgrund unter ihren Füßen aufgetan. Noch einen Schritt weiter, und sie wäre verloren. Sie starrte den fremden Mann mit weit aufgerissenen Augen hilflos an. Dann wich das Blut aus ihrem Gesicht. Sie wurde aschfahl. Er wusste das alles, genauso wie er alle ihre Gedanken erraten hatte!
Seraphina vernahm den Atem des Fremden. Der Augenblick, in dem er sie einfach hätte emporheben und in den Sattel setzen sollen, war lange verstrichen. Ihre Blicken trafen sich, und die Farbe seiner Augen wandelte sich langsam vom funkelnden Bernsteingold zum tiefen verheißenden Braun.
„Wenn Ihr Euern Zukünftigen nur ein einziges Mal so anseht, wird er nicht mehr von Eurer Seite weichen.“ Die Stimme des Unbekannten war leise, rau, plötzlich ohne allen Spott. Irgendwie änderte sich unmerklich die Art, in der seine Hand auf ihrer Taille ruhte. Was eine ritterlich Geste gewesen war, wurde zum Beginn einer Umarmung. Langsam, beinahe lässig, zog er Seraphina an sich, bis der Abstand zwischen ihnen nur noch die Breite eines Pergamentblattes ausmachte. Noch einen Herzschlag, und er würde sie küssen. Edmund hatte sie auch geküsst – einmal. Die Erinnerung daran stürzte Seraphina in plötzliche Panik. Mit angstvoll geweiteten Augen wich sie zurück.
Sofort löste der Earl wortlos seinen Griff und hob nur sekundenschnell fragend die dichten schwarzen Brauen.
„Ihr wolltet mir auf das Pferd helfen, Sir.“ Seraphina kam sich sehr töricht vor und sprach das Erste aus, was ihr in den Sinn
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