HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
krampfhaft, denn der Mund war ihr plötzlich trocken geworden. Es war die eine Sache, den Eltern Trotz zu bieten, aber der Königin … „Bitte“, flehend blickte sie Heywood an, „könntet Ihr der Königin nicht sagen, dass Ihr mich nicht anziehend genug findet für eine Heirat?“
„Das würde nicht der Wahrheit entsprechen, und nur ein Narr versucht, Elizabeth Tudor zu belügen.“ Der Earl blieb unerbittlich.
„Aber … aber wenn Ihr mich für eine Dirne haltet …“, protestierte Seraphina, und ihre Wangen röteten sich bei diesen Worten.
„Dirne oder Jungfrau, das spielt keine Rolle, wenn die Braut eine Verwandte der Königin ist und ein Vermögen mit in die Ehe bringt“, erwiderte Heywood zynisch.
Seraphina biss sich auf die Lippen und spürte, wie sich ein Kloß in ihrer Kehle zusammenballte. Sie war sich bewusst, dass das der Grund für das Hiersein des Earls war, und wusste nur zu gut, was er von ihr dachte. Also, warum tat es dann so weh, wenn er ihr all das so schonungslos ins Gesicht sagte? Ungeduldig wischte sie sich über die Augen, in denen Tränen aufstiegen, und stieß dabei gegen den goldenen Reif, mit dem die Haube auf ihrem Kopf befestigt war. Sie fiel mit einem dumpfen Geräusch zu Boden, ähnlich dem, den ein abgeschlagenes Haupt verursachen soll.
Seraphina starrte auf das Bündel schwarzer Seide, das im Schein der Kerzen einen rötlichen Glanz erhielt. War es denn wirklich Verrat, wenn man sich dem Befehl der Königin, eine Ehe einzugehen, widersetzte? Fast krank vor Angst lehnte sie sich gegen das Türgewände und versuchte, das Bild des Schafotts, das vor ihr entstanden war, aus ihrem Kopf zu vertreiben. Diese Gedanken waren töricht … aber waren sie das wirklich? Wenn ein König die Häupter der Frauen, die er angeblich geliebt und mit denen er das Bett geteilt hatte, abschlagen lassen konnte, würde seine Tochter dann zögern, eine entfernte Verwandte wegen Ungehorsams mit Kerkerhaft im Tower zu bestrafen … oder zum Tode durch die Axt?
„Mylady, was ist Euch?“
„Lasst mich!“, schrie Seraphina und schreckte vor Heywood zurück wie vor dem Henker, als er ihre Schulter berührte.
Sofort ließ er seine Hand sinken und presste die Lippen aufeinander. „Ich hatte nicht erwartet, dass ich Euch so zuwider bin, Mylady“, sagte er langsam. „Ich dachte …“ Er unterbrach sich und lachte bitter. „Es ist ohne Bedeutung, was ich dachte, denn ich befand mich offensichtlich im Irrtum. Ich werde Euch nicht weiter bedrängen.“
„Geht nicht! Bitte!“ Verzweiflung schwang in Seraphinas Stimme.
Harsch und unversöhnlich blickte der Earl sie an. „Ich sehe keinen Grund zum Bleiben.“
„Bitte …“, sagte Seraphina tonlos, während nun doch Tränen ihren Blick trübten und sie selbst nicht mehr wusste, warum sie Heywood zurückhalten wollte.
„Nun?“, fragte er ungeduldig.
„Elizabeth …“ Wie bei einem Kind brach die Angst aus ihr hervor. „Die Königin … würde sie mir wirklich den Kopf abschlagen lassen?“
„Wer weiß, was eine Tudor tut, wenn man sie reizt“, erwiderte der Earl verbissen.
„Gewiss …“ Seraphinas Stimme schwankte, und sie griff sich unwillkürlich an den Hals. Als Heywood fortfuhr, sie mit kaltem Blick zu mustern, wandte sie sich langsam um.
„Kommt her!“ Er packte ihre Schultern und zwang sie, ihn anzusehen. „Wenn Ihr solche Angst habt, dann lasst mich Euch helfen …“ Er hielt inne, und seine zornige Miene milderte sich, als er sah, wie dicke Tränen unter ihren getuschten Wimpern hervorquollen und schwarzbraune Streifen auf den Wangen hinterließen. „Versteht Ihr mich nicht?“ Er seufzte. „Elizabeth hat uns befohlen zu heiraten. Wenn Ihr in dieser Frage der Königin zu Willen seid, kann ich vielleicht …“
„Oh, ich verstehe wohl. Ihr sorgt Euch einzig und allein darum, wie Ihr Euch bei der Königin beliebt machen könnt.“ Sie warf den Kopf zurück und begegnete seinem Blick mit furchtsamem und zugleich zornigem Ausdruck. Dabei löste sich das aufgesteckte Haar und fiel ihr lose über den Rücken. „Die Gunst der Königin und mein Vermögen sind Grund genug, um die Hand einer Dirne anzuhalten! Das allein brachte Euch her! Das allein hält Euch hier!“
„Nein!“ Der Earl trat auf sie zu und schlang seine Arme so fest um sie, dass sie wie in einer Falle gefangen war. „Ihr selbst seid es, die mich hier hält.“
„Lügt nicht!“, rief Seraphina und versuchte, den Kopf zu wenden, als Heywood sich zu
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