HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
schmerzhafte Leere war in ihr, eine Leere, die sich nach und nach mit Jammer und Pein füllte. Hatte Edmund recht gehabt – lag der Fehler bei ihr? Wollte Heywood sie auch nicht?
Sie sah ihn hilflos mit tränenerfüllten Augen an.
„Ich verstehe nicht …“ Der Earl schien ihre eigenen Gedanken wiederzugeben. „Ihr wollt mich nicht heiraten, aber dennoch meine Geliebte sein?“
„Geliebte?“ Seraphinas Mund war so ausgetrocknet, dass sie krampfhaft zu schlucken versuchte. „Ich bin eine Carey. Ich werde keines Mannes Geliebte.“
„Ich könnte Euch dennoch zu der meinen machen.“ Mit geübten Fingern strich Heywood über Seraphinas Rücken. Ein Schauer lief durch ihren Körper, gefolgt von einer unsinnigen, fast ungehörigen Freude. Er wollte sie! Und er hatte recht – wenn er es wünschte, konnte er sie zu seiner Geliebten machen. Er musste sie nur küssen, und schon vergaß sie ihren ganzen Stolz, wusste nicht mehr, was Recht und Unrecht war. Dieser Gedanke ernüchterte sie. Hastig ließ sie die Lider über die Augen sinken, denn sie war jetzt nicht in der Lage, ihn anzublicken.
„Nun, wenn Bedarf ist …“ Die Stimme versagte ihm, als Seraphina mit der Zungenspitze über ihre trockenen, aufgesprungenen Lippen fuhr.
„So also!“ Entsetzt riss Seraphina die Augen wieder auf und starrte Heywood ungläubig an. „Haltet Ihr mich für eine …“
„Dirne?“ Er hob spöttisch die Augenbrauen. „Das möchtet Ihr mich doch gerne glauben machen, oder?“
„Oh …“ Seraphina errötete. „Ihr habt die ganze Zeit gewusst, dass …“
„Fast die ganze Zeit“, erwiderte der Earl trocken. „Wenn Ihr wieder einmal eine erfahrene, leichtfertige Person darstellen möchtet, dann solltet Ihr zuvor lernen, diese Rolle auch mit den Augen und nicht nur mit Worten zu spielen, denn sonst fehlt Eurer Darbietung die Überzeugungskraft …“ Lächelnd strich er mit den Fingerspitzen über ihre Wangen. „Insbesondere wenn Eure Wimperntusche von Tränen weggewaschen wird … und Ihr solltet auch beim Küssen nicht die Augen schließen.“
„Ihr … Ihr habt nicht …“, stammelte Seraphina.
Heywood schüttelte den Kopf. „Sherard hat Euch nicht viel über die Liebe beigebracht, nicht wahr?“
„Nein“, räumte Seraphina ein, und ihre Augen wurden so dunkel wie die Nadeln der Föhren, als sie an die zwei Anlässe dachte, die sie an Edmunds Bett geführt hatten – einmal als ängstliche, unsichere Braut und das andere Mal als verzweifelte und gedemütigte Ehefrau. „Er … ich habe ihm wohl nicht besonders zugesagt. Das ist auch der Grund dafür, dass … dass ich solche Angst davor hatte, Euch zu heiraten …“
„Wie?“ Heywood atmete hörbar auf, und seine Augen leuchteten plötzlich so freudig, dass Seraphinas Herz wie wild gegen ihre Rippen schlug. „Ihr habt Eure Meinung geändert? Ihr wollt die Ehe mit mir schließen?“
„Ja.“ Als dieses Wort ausgesprochen war, schien eine Zentnerlast von Seraphina abzufallen. „Sofern Ihr sicher seid, dass ich es bin, die Ihr haben möchtet, und nicht nur mein Vermögen.“
„Närrchen …“ Heywood zog sie an sich und gab ihr einen Kuss. „Behaltet Euer Vermögen. Euch will ich haben … in meinem Haus, an meinem Tisch und in meinem Bett.“
„Mehr als irgendeine andere Frau?“, fragte Seraphina hastig, während irgendjemand ihr die Kehle zuzudrücken schien. „Ich weiß, dass es bei Hofe üblich ist, eine … eine Geliebte zu haben, aber ich … ich könnte nicht teilen …“
„Ich auch nicht.“ Heywood nickte ihr zu. „Ich will keine andere als Euch, solange Ihr …“ Er unterbrach sich und wurde bleich, als Seraphina die Augen schloss und ihren Kopf an seine Brust legte, ein glückliches Lächeln auf den Lippen.
Beinahe hätte er gesagt: „… solange Ihr lebt.“ In den letzten Minuten hatte er völlig vergessen, was ihn eigentlich hierher nach Mayfield gebracht hatte – vergessen, dass er eine Verräterin der Krone in den Armen hielt – vergessen, was nun seine Aufgabe war.
„Ich möchte gern die Eheschließung noch vor Neujahr vollziehen“, sagte Heywood Sekunden später unvermittelt und versuchte, die Freudlosigkeit, die ihn bei der Erinnerung an seine Mission ergriffen hatte, zu verbergen. „Das bedeutet, dass Ihr mir so schnell wie möglich an den Hof folgen müsst. Es wird natürlich Rederei geben, da Ihr ja erst seit Kurzem verwitwet seid.“
„Das wird mir nichts ausmachen.“ Seraphina hob den Kopf und lächelte
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