HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
holte tief Luft und wandte den Blick zu Seraphina und Heywood. „Und wann werdet ihr heiraten?“
„Ende Dezember“, gab der Earl bereitwillig Auskunft, während er jeder der beiden Damen einen Becher Honigwein überreichte.
„So bald schon!“ Grace wurde weiß wie die Wand. „Ihr könnt doch nicht …“
„Warum nicht?“, fragte Heywood unbefangen.
„Weil …“, begann Grace voller Leidenschaft, hielt dann jedoch inne. „Weil es unziemlich ist. Lord Sherard ist noch kaum erkaltet in seiner Gruft …“ Ihre blauen Augen füllten sich mit Tränen. „Was werden die Leute von dir sagen, Seraphina?“
„Diese Eile geht nicht von mir aus …“ Unwillkürlich suchte Seraphina nach einer Entschuldigung.
„Und auch nicht von mir“, ergänzte der Earl trocken. „Es ist ausschließlich eine politische Notwendigkeit. Nun gestattet mir bitte, mich für einen Augenblick zu entschuldigen, damit ich die Notenblätter heraussuchen kann.“ Er verneigte sich kurz und verschwand im Nebenzimmer.
Seraphina nahm einen Schluck von dem Honigwein, doch sein süßer, feuriger Geschmack konnte ihren Ärger auch nicht dämpfen. Politische Notwendigkeit! Sie wusste, dass das der Grund für ihre Heirat war, aber es war nichtsdestoweniger unerfreulich, wenn man es anderen unter die Nase rieb!
Grace’ Wangen hatten sich wieder etwas gerötet, während sie von dem Wein probierte. „Ich bin wirklich sehr überrascht, dass du einer solchen Verbindung zugestimmt hast. Nach Edmunds Tod hast du geschworen, nie wieder zu heiraten … und nun nimmst du ausgerechnet ihn. Er hat weder Grundsätze noch ein Herz für Frauen … oder gar Treue.“
„Ich musste zustimmen, oder meine Eltern hätten mich aus dem Haus gewiesen. Außerdem hätte ich mir den Zorn der Königin zugezogen. Du denkst doch nicht etwa, dass ich etwas für ihn übrig habe?“ Seraphina sprach absichtlich laut, sodass Heywood es hören und sie ihm alles mit gleicher Münze heimzahlen konnte.
„Es tut mir leid.“ Sofort setzte Grace ein sanftes Lächeln auf. „Ich vergaß, dass reiche Erbinnen oft weniger eine eigene Wahl haben als arme Verwandte. Wenn du nach deiner Hochzeit eine Freundin brauchen solltest, kannst du auf mich zählen.“
„Ich danke dir. Doch nun wollen wir nicht mehr über mich reden. Erzähle mir lieber, wie du an den Hof gekommen bist. Ich hatte angenommen, du ziehst es vor, still und friedlich in Sherard House zu bleiben, nun da … da die Dinge sich so verändert haben.“
„Du meinst, da wir nun eine Königin haben, die dem alten Glauben nicht mehr geneigt ist …?“ Grace lächelte traurig. „Ich hätte es in der Tat vorgezogen, in Sherard House zu bleiben, doch es war nicht möglich.“
„Edmunds Erbe hat dich doch hoffentlich nicht hinausgeworfen?“, fragte Seraphina und stellte dabei verdrossen fest, wie sehr sie sich von der Freundin im Aussehen unterschied. Grace war wie immer makellos, von der schlichten Haube bis zu der fleckenlosen seidenen Schuhspitze. Jedes ihrer silbrig schimmernden Haare war an seinem rechten Platz. Mit sinkendem Selbstvertrauen fragte sich Seraphina, ob wohl der Earl denselben für sie so ungünstigen Vergleich anstellte.
„Nein“, erwiderte Grace nach einigem Zögern. „Er nicht, aber seine Frau Gemahlin. Der neue Lord Sherard hatte begierige Augen, die allzu oft in meine Richtung wanderten.“
„Kein Mann würde ihn deswegen verurteilen“, bemerkte Heywood nonchalant, als er mit den Notenblättern zurückkam. „Ihr könnt die Kopien behalten, Mistress Grace. Es wäre eine Schande, wenn diese reizenden Finger mit Tinte beschmutzt würden.“
„Ich danke Euch. Doch ich möchte mich keinesfalls in Eurer Schuld wissen.“ Grace stellte ihren Becher auf den Tisch, erhob sich und hielt die Notenblätter wie einen Schild vor ihre Brust. Seraphina blickte sie, überrascht von der Schärfe ihres Tones, an. Ein noch unbestimmter, flüchtiger Verdacht stieg in ihr auf. Doch dann musste sie ein Lachen unterdrücken. Die fromme Grace und der Earl! Das war doch lächerlich, nicht wahr? Sie schaute Heywood an, konnte in seiner Miene jedoch keinen Hinweis entdecken.
„Wie Ihr wünscht, Madam.“ Der Earl zuckte lässig die Schulter. „Aber bitte, geht doch nicht, bevor Ihr Euern Wein ausgetrunken habt.“
„Ich muss“, erwiderte Grace kurz und wandte sich zur Tür. „Lady Lennox erwartet mich.“
„Noch einen Augenblick!“, rief Heywood ihr nach. „Wie werdet Ihr am Freitag nach Whitehall
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