HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
bei Uns ist doch kein Todesurteil!“
Er könnte es aber werden! Die Worten lagen dem Earl auf der Zunge, doch er beherrschte sich.
Die Königin erhob sich und nickte Seraphina zu. „Die Angelegenheit ist also erledigt. Lady Sidney wird Euch mit Euern Aufgaben vertraut machen und Euch jetzt …“, sie lächelte hintergründig, „in Euer Gewand helfen. Der Earl scheint ja eine sehr geschickte Kammerzofe zu sein, doch Wir fürchten, dass sich seine Kenntnisse mehr auf das Entfernen weiblicher Kleidungsstücke beziehen und nicht auf ihr Anlegen.“ Mit einem strahlenden Lächeln wandte sie sich an Heywood. „Man muss Euch zu Eurer Wahl gratulieren, Mylord! Solcher Mut ist selten und sollte treulich bewahrt werden!“
„Das wird er, Euer Majestät. Wenn wir erst verheiratet sind, werde ich meine Gemahlin nicht mehr aus den Augen lassen“, erwiderte der Earl mit einer tiefen Verneigung.„Ihr habt mein Wort darauf.“
Als die Königin das Zelt verlassen hatte, blickte Seraphina den Earl wortlos an. Noch vor wenigen Minuten wäre ihr Herz voller Freude über seine Antwort gewesen. Doch sein Gesicht war kalt und fremd, als habe er ihren Namen zum ersten Male gehört. Unruhe ergriff sie. „Warum wolltet Ihr nicht, dass ich bei der Königin den Dienst als Hofdame versehe?“, fragte sie behutsam. „Glaubt Ihr, ich lege keine Ehre für Euch dabei ein? Natürlich muss ich noch viel lernen …“
„Das hat damit nichts zu tun. Ich hatte nur Euer Bestes im Sinne.“
„Dann ist es also wegen Grace“, murmelte Seraphina bedrückt.
„Nein!“ Heywood wandte sich ab und begann, seine Rüstung mit heftigen, zornigen Bewegungen wieder anzulegen. „Könnt Ihr nicht für einen Augenblick einmal Grace Morrison vergessen?“
„Könnt Ihr es denn?“ Es klang wie ein scharfer Tadel, denn auch Seraphinas Ärger stieg aufs Neue in ihr auf.
„Zum Teufel!“ Der Earl fluchte unbeherrscht, als eine Schnalle an seinem Brustharnisch klemmte, und warf ihn dann achtlos zur Seite. „Bei allen Heiligen! Wie sollte das denn möglich sein, wenn Ihr von nichts anderem mehr sprecht …“
„Also ist es meine Schuld, wenn sie Euch nicht aus dem Sinn kommt?“, rief Seraphina zornig. „Sind meine Küsse denn nicht ebenso gut wie die ihren, Mylord? Ihr schienet doch eben ganz erfreut darüber zu sein. Aber vielleicht lag es daran, dass Ihr dabei an sie gedacht habt!“
„Herrgott! Jetzt geht Ihr aber zu weit …“
„Oder zu nahe an die Wahrheit, meint Ihr!“, versetzte Seraphina.
„Die Wahrheit!“ Der Earl lachte kurz und freudlos auf. „Ihr wisst so viel von der Wahrheit wie von der Liebe …“ Er unterbrach sich, als er den veränderten Ausdruck ihres Gesichtes bemerkte und sah, wie sie nach Luft rang, als habe man sie geschlagen. „Ich meinte einfach nur, dass Ihr nicht …“
„Es bedarf keiner Entschuldigung“, presste Seraphina durch die Zähne hindurch, denn diese Kränkung hatte einen blindwütigen, brennenden Zorn in ihr entfacht. „Die Enttäuschung beruhte auf Gegenseitigkeit, Mylord!“
„In drei Teufels Namen!“ Auch Heywoods Zorn hatte nun fast den Siedepunkt erreicht. Er packte Seraphina bei den Schultern, zog sie empor und stellte sie auf die Füße. „Was muss ich eigentlich noch tun, damit Ihr seht …“ Überrascht hielt er inne, als Seraphina seinen Griff abschüttelte, einen Dolch von der Truhe nahm und ihn mit einem kühnen Schwung auf ihn richtete.
„Rührt mich noch einmal an, und ich werde …“ Sie zerrte an dem Heft, um die Waffe aus der Scheide zu ziehen, und stieß dann halblaute Verwünschungen aus, als der Dolch plötzlich herausrutschte und seine scharfe Klinge ihren Finger traf.
„Nun was?“, höhnte der Earl, als Seraphina den Dolch fallen ließ und versuchte, mit ihrem Mund das Blut zu stillen. „Vielleicht wollt Ihr Euch die Hand abhacken?“ Er streckte den Arm aus. „Kommt her und lasst mich nachsehen …“
„Ich sagte, rührt mich nicht an!“ Das Ausmaß ihrer Wut erschreckte sogar Seraphina selbst. „Ich hasse Euch! Und werde Euch immer hassen! Immer! Lasst mich endlich in Ruhe!“
Die Miene des Earls versteinerte sich. Er ließ die Hand sinken und stieß heftig die Luft aus. „Es wird wahrscheinlich in der Tat das Beste sein. Ich werde mit Dudley einen Humpen Bier trinken. Mein Schildknappe wird mir die Rüstung bringen. Betrachtet meine Unterkunft als die Eure, solange Ihr sie benötigt, Mylady. Guten Tag.“ Er verbeugte sich und verließ mit großen
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