HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Gemahlin.“ Gott sei’s gedankt, fügte Seraphina in Gedanken hinzu, obwohl der Lord nicht übel aussah in seiner Gewandung aus eisblauem Satin, kostbar mit Gold bestickt und mit gelber Seide abgefüttert.
„Leider nein.“ Denleigh musterte ihr Gesicht mit seinen kleinen blauen Augen und streifte dann den Ausschnitt ihres Kleides. „Aber ich würde mich glücklich schätzen, bei jeder nur denkbaren Gelegenheit für den Earl einspringen zu dürfen …“ Er warf Seraphina einen widerlich aufdringlichen Blick unter seinen kurzen blonden Wimpern zu.
Hastig blickte Seraphina zur Seite. Denleigh war zwar ganz ansehnlich mit seinen hellblonden Locken und den breiten, schön geschwungenen Lippen. Aber dennoch war irgendetwas an ihm, das ihr eine Art Widerwillen erregte. Seine weiße Haut war ein bisschen zu verweichlicht, zu schwammig, sein Mund ein bisschen zu feucht. Und es war auch alles andere als angenehm, wie sein Blick auf dem Ausschnitt des rotbraunen Samtkleides ruhte. Er war so störend, dass sie unwillkürlich ihren Fächer hob.
„Ich werde dem Earl von Euerm liebenswürdigen Angebot berichten“, erwiderte sie mit betonter Arglosigkeit. „Ich bin sicher, er wird sich sehr darüber freuen.“
Denleighs Lachen, bei dem er kleine weiße Zähne sehen ließ, klang etwas unsicher. „Ich sehe, Ihr habt Spaß an Neckereien, Lady Heywood. Aber wenn ich Euch beleidigt haben sollte, so bitte ich tausendmal um Vergebung.“
„Oh, bitte. Doch nun entschuldigt Ihr mich wohl.“
Denleigh hielt Seraphina am Ärmel zurück. „Ihr könnt Euch nicht vor der Königin zurückziehen.“
„Nein, natürlich nicht.“ Seraphina war konsterniert und kam sich sehr töricht vor, dass sie eine solche Grundregel der Etikette in ihrem Bemühen, Denleigh zu entkommen, hatte vergessen können.
„Wenn Ihr Euch langweilt, warum tanzt Ihr dann nicht mit mir? Man beginnt gerade wieder eine neue Runde.“ Er wies auf den Tanzboden und lächelte ein bisschen boshaft. „Es sieht nicht so aus, als würde Euer Gemahl Einwände dagegen erheben.“
Seraphina folgte seinem Blick. Der dunkle Kopf des Earls war so nahe bei Grace, so nahe, dass sie hätte schwören können, er küsste gerade ihr Haar. „Nein“, erwiderte sie mit belegter Stimme, denn ihr Ärger steigerte sich allmählich zur Wut. Wie konnte er sie nur derartig demütigen! Und warum sollte sie eigentlich nicht mit Denleigh tanzen? Was machte das schon? Nichts war mehr von Bedeutung!
„Nun, dann kommt, Mylord. Die Musikanten beginnen gleich.“ Sie nahm Denleighs Arm und zog ihn, ehe er sich’s versah, mit einer überraschenden Eile zum Tanzboden.
In diesem Augenblick schaute der Earl auf, und in seinen dunklen Augen lag unverkennbar Feindseligkeit, als er bemerkte, dass Seraphinas Hand auf Denleighs seidenem Ärmel lag.
Seraphina tat, als sehe sie Heywood überhaupt nicht. Mit hocherhobenem Haupt lächelte sie zu Denleigh empor.
Als das Paar seinen Platz in der Reihe der schwatzenden Höflinge einnahm, warf Seraphina einen raschen Blick auf den Earl, der sich in die gegenüberliegende Kette der Tänzer eingereiht hatte. Im Augenblick schien er Grace völlig vergessen zu haben. Man hatte den Eindruck, er sei zu Eis erstarrt oder aus Stein gehauen. Nur seine Augen bewegten sich, suchten Seraphina. Trotzig erwiderte sie seinen Blick und wünschte dann, sie hätte es nicht getan. Der Ausdruck seiner Augen war nicht zornig, wie sie gehofft hatte, sondern nur voller Verachtung, unendlicher, tiefer Verachtung.
Als der Tanz begann, warf Seraphina den Kopf in den Nacken. Wie konnte er es wagen, sie zu verurteilen, nachdem er sich derartig mit Grace aufführte? Wie konnte er sich so etwas herausnehmen! Nun gerade tanzte Seraphina mit betonter Lustigkeit, lachte und lächelte ihren Partnern zu, antwortete auf Denleighs dick aufgetragene Schmeicheleien, wann immer sie im Verlaufe der verschlungenen Wege des Tanzes mit ihm zusammentraf. Und dann brachten sie die Regeln der Schritte, Drehungen und Verbeugung unvermeidlich auch einmal dem Earl gegenüber.
Sein Gesicht war blass und ausdruckslos, doch seine dunklen Augen blickten sie kalt an. So schmeckt ihm also seine eigene Arznei nicht besonders gut, dachte Seraphina triumphierend.
„Was zum Teufel soll dieses Spiel?“, zischte Heywood halblaut.
„Nun, Mylord“, erwiderte Seraphina mit strahlendem Lächeln. „Es ist doch dasselbe Spiel, das auch Ihr spielt. Oder habt Ihr erwartet, dass ich den ganzen Abend herumstehe
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