HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
nichts, was du gegen seine Aufmerksamkeiten tun kannst? Mit anderen Männern hast du doch keine solchen Schwierigkeiten.“
„Bitte …“ Grace umklammerte ihren Arm. „Ich sagte dir doch, dass ich es nicht wage, ihn zu beleidigen. Er hat mir gedroht, er werde der Königin berichten, dass ich mit ihrer Thronfolge nicht einverstanden bin. Ebenso gut könnte er mich auch des Hochverrates beschuldigen. Das ist die Wahrheit.“ Sie legte die Hand auf das silberne Kruzifix, das sie immer um den Hals trug. „Ich schwöre es bei Gott.“
Seraphinas Herz schien zu Eis zu erstarren. Grace war viel zu gottesfürchtig, um leichtfertig einen solchen Eid zu schwören.
„Nun gut“, sagte sie niedergeschlagen. „Ich werde ihm sagen, dass er damit aufhören soll, oder ich werde zur Königin gehen …“
„Nein!“ In Grace’ Gesicht stand ehrliches Entsetzen. „Er ist doch ihr Günstling. Sie wird ärgerlich werden und mir Vorwürfe machen. Versprich mir, dass du das nicht tun wirst.“
„Ja, ja.“ Widerstrebend willigte Seraphina ein. „Aber, beim Himmel, ich werde ihm sagen, dass er dich in Ruhe lassen soll, oder er wird eines Tages ohne Gemahlin dastehen.“
„Heute Abend … noch heute Abend wirst du ihm sagen, dass ich seine Aufmerksamkeiten nicht mehr wünsche.“ Der Übereifer in Grace’ Stimme fachte Seraphinas Zorn aufs Neue an. Wie konnte der Earl so tief sinken, dass er eine wehrlose Frau bedrohte?
„Da kannst du sicher sein. Keinen Augenblick werde ich länger warten“, erwiderte sie und warf dem Earl, der mit William Cecil in ein Gespräch vertieft war, einen wütenden Blick zu.
„Ich danke dir“, sagte Grace erleichtert. „Wenn du es mir nicht verübelst, sage ich dir jetzt Gute Nacht. Sehen wir uns vielleicht morgen wieder?“
„Gewiss. Gute Nacht“, erwiderte Seraphina mechanisch, während ihre Augen noch auf Heywood ruhten. Wie hatte sie nur so blind sein können? Wie hatte sie ihm Glauben schenken können, als er beteuerte, dass es keine andere für ihn geben würde, solange sie lebte! Er war ein verächtlicher Lügner, und sie würde ihm das sagen, ohne sich darum zu kümmern, ob es jemand hörte.
„Seraphina …“ Mary Sidney stellte sich ihr in den Weg, als sie auf den Earl zugehen wollte. „Ich konnte nicht umhin mitzuhören, was Mistress Morrison soeben zu Euch gesagt hat.
„Ja, und?“, fragte Seraphina abweisend.
„Es ist nicht wahr, was sie behauptet. Ich kenne Richard, wie man einen Bruder kennt, und ich weiß, dass es nicht wahr sein kann. Und in Euerm Herzen glaubt Ihr das ja auch nicht.“
„Ja“, erwiderte Seraphina mit belegter Stimme. „Ich weiß, dass ich es einfach nicht glauben möchte. Aber wie kann ich es denn, wenn er ihr vor aller Augen nachstellt?“
Mary runzelte die Stirn. „Ich behaupte nicht, dass ich es verstehe, und ich entschuldige sein Benehmen auch nicht. Indes bin ich sicher, dass er niemals seine Zuflucht dazu nehmen würde, Mistress Morrison zu bedrohen.“ Grübelnd zog sie die Brauen zusammen. „Ich glaube einfach nicht, dass er wirklich wünscht … Ihr seid es, die ihm am Herzen liegt. Daran gibt es für mich keine Zweifel.“
„Dann hat er aber eine recht merkwürdige Art, mir das zu zeigen“, erwiderte Seraphina mit einem gezwungenen Lachen.
„Er hat Euch doch Madrigal geschenkt“, sagte Mary freundlich.
„Madrigal? Was hat denn die Stute damit zu tun?“ Seraphina blickte Mary verwundert an.
„Sie sollte ein Neujahrsgeschenk für die Königin sein, ein Geschenk, auf das sie ganz versessen war. Doch er hat sie Euch gegeben und nicht der Königin.“
„Ihr meint …“ Seraphina versagten die Worte. Freude und Hoffnung stiegen in ihr auf. „Ihr meint, ich war ihm wichtiger als sein Ehrgeiz?“
„In der Tat.“ Mary lächelte. „Und wenn er Euch so viel bedeutet, wie ich annehme, könnt Ihr dann nicht Euern Stolz opfern und versuchen, den Streit mit ihm zu begraben? Meine Großmutter pflegte immer zu sagen, man solle nie über bösen Worten einschlafen. Doch nun muss ich aber gehen. Ich habe heute Nacht Dienst bei der Königin, und sie wird mich bei den Ohren nehmen, wenn ich nicht pünktlich da bin, um ihr das Haar zu bürsten. Das werdet Ihr auch noch merken, wenn Ihr dann an der Reihe seid. Gute Nacht und viel Glück!“
„Gute Nacht …“, murmelte Seraphina und versuchte immer noch vergeblich herauszufinden, welcher Sinn hinter dem lag, was Mary ihr soeben gesagt hatte. Doch es lief immer wieder auf das
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