HISTORICAL EXCLUSIV Band 23
Apfelbäckchen namens Clothilde. Sie lebte auf der anderen Seite des Platzes in Sichtweite von Elises Haus, und in ihrer Küche wimmelte es von Kindern. Es war tröstlich, dass Clothilde so nah wohnte, und Elise fasste Zutrauen zu ihr, als die Wehmutter nach einer kundigen Untersuchung erklärte, dass Elise ihr Kind ohne größere Schwierigkeiten zur Welt bringen würde.
Darauf bedacht, sich die Freundlichkeit der Hebamme zu erhalten, erzählte Elise ihr nicht, dass der Vater des Kindes ein englischer Ritter war. Clothilde war irgendwie zu dem Schluss gekommen, dass sie die Witwe eines gewöhnlichen burgundischen Soldaten war, und Elise ließ sie in diesem Glauben.
Eines Nachmittags erhielt sie zu ihrer Überraschung Besuch von der Hebamme.
„Es ist noch nicht so weit, Clothilde“, begrüßte sie ihre Nachbarin und lud sie ein, hereinzukommen.
„Nein, das habe ich auch nicht angenommen“, sagte Clothilde fröhlich und trat ein, „nachdem Ihr nicht nach mir geschickt habt. Aber ich habe nachgedacht. Da Ihr jetzt ganz allein hier seid, während Euer Bruder die Stadt verteidigt, wie wäre es, wenn Ihr Euer Wochenbett bei mir im Haus aufschlagt? Nein, es macht keine Mühe – ich könnte besser auf Euch achtgeben und gleichzeitig leichter auf meine eigene Brut aufpassen, versteht Ihr? Ihr könntet von der ersten Wehe an, bis Ihr Euch von der Niederkunft erholt habt und mit dem Säugling zurechtkommt, bei uns wohnen.“
„Aber wie würdet Ihr Platz für mich schaffen … bei all Euren Kindern?“, fragte Elise etwas belustigt über Clothildes Eifer. „Und wie könnte ich Euch bezahlen? Ich habe nur sehr wenig Geld …“
„Wie wir alle, ma petite . Aber ich dachte, dass Ihr doch diese Kuh im Schuppen habt und wie gut es für meine Kleinen sein würde, etwas Milch zu haben, bedenkt man die Belagerung und alles, was damit zusammenhängt …“
Das war es also. Gilles’ Kuh war also doch kein Geheimnis geblieben. Andererseits, wie konnte ein Tier in einer hungrigen Stadt ein Geheimnis bleiben, da es jedes Mal, wenn es gemolken werden wollte, kräftig muhte? Die Hebamme hatte eine Möglichkeit gefunden, ihre Sprösslinge zu ernähren, während sie Elise half, ihr Kind auf die Welt zu bringen – und warum auch nicht. Zweifellos würden sie alle Wege finden müssen, einander zu helfen, die Belagerung zu überleben. Elise beschloss, Clothilde zu überraschen, indem sie einige der Lebensmittel mitbrachte, die sie versteckt hatte, aber etwas würde dort bleiben müssen für die Zeit nach ihrem Wochenbett.
Und so wurde der Handel abgeschlossen. Elise würde zu der Hebamme ziehen, wenn ihre Wehen begannen, während einer von Clothildes älteren Söhnen Elises Steinhäuschen bewachte, sich um die Kuh und Elises Zelter kümmerte und Jean regelmäßig benachrichtigte.
Die Wehen begannen eines Nachts in der dritten Septemberwoche. Elise erwachte aus einem unruhigen Schlaf, geweckt von stechenden Schmerzen im unteren Rücken, die sich wellenartig ausbreiteten und, wenn sie nachließen, Übelkeit zur Folge hatten.
Sie blieb in ihrem Schlafzimmer bis Morgengrauen, da sie Clothildes Haushalt nicht mitten in der Nacht aufwecken wollte. Dann, als sie die kurze Entfernung über den Platz ging, verstärkten sich die Wehen.
Gekrümmt von der Gewalt der ersten richtigen Wehe, wartete Elise draußen vor dem Haus. Wie sollte sie nur mehrere Stunden solcher Schmerzen überleben? Ihr war ganz schwindlig. Und dann öffnete Clothilde die Tür und äußerte sich mitfühlend, als sie Elises bleiches Gesicht sah.
Eine Schar von Kindern verschiedenen Alters, mehr oder weniger angekleidet, verscheuchend führte die Hebamme Elise in eine Schlafkammer, die für sie hergerichtet worden war. Nachdem Clothilde ihr beim Auskleiden geholfen hatte, steuerte Elise dankbar auf eine mit einem frischen Laken bedeckte Strohmatratze zu.
„Nein, das ist für nach der Niederkunft“, erklärte ihr Clothilde. „Jetzt müsst Ihr hin- und hergehen, wenn Ihr das Kind vor Mitternacht haben wollt.“
„Mitternacht?“, keuchte Elise entsetzt, als der nächste Wehenschmerz sie überkam.
„Oh, ja, die erste Niederkunft dauert meistens sehr lange, manchmal sogar Tage, aber Laufen beschleunigt die Dinge“, teilte ihr die Hebamme fröhlich mit. „Und dort ist der Geburtsstuhl“, fügte sie hinzu und deutete auf einen niedrigen Sessel, in dessen Sitzfläche ein großes Loch geschnitten war. An den Armlehnen befanden sich Lederschlaufen für die
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