Historical Exclusiv Band 44
dass sie heute Nacht auf der Straße gegen die Gesetze des Königs verstoßen würde. Er erinnerte sich an ihre Worte: „Ich bin die Einzige, die Brigand reitet.“ Erst jetzt verstand er den Sinn dieser Aussage. In diesem Fall hatte sie ihn nicht angelogen. Was für ein Dummkopf er gewesen war!
Oliver zog Sarah hoch, wobei er sie grob bei den Oberarmen packte. Sie versuchte, sich loszureißen. Anthony sah zu, wie sein kräftiger Freund Sarahs zierlichen Körper festhielt, als ob er es mit einem Schlachtvieh zu tun hätte. Sie verzog vor Schmerz das Gesicht, und Anthony war wütend auf sich selbst, weil er sich schon wieder um ihr Wohlergehen sorgte.
„Ich bin der Bandit, den Ihr sucht“, rief sie außer Atem. „Master Partridge hat nichts mit irgendeiner der Übeltaten zu tun.“
Sie lügt immer noch, die falsche Schlange, dachte Anthony. Sein Magen verkrampfte sich. Und er hatte schon gehofft, er hätte endlich eine Frau gefunden, die es wert wäre, geliebt zu werden, aber er hätte es besser wissen sollen. Seine Mutter hatte ihn schon früh darüber aufgeklärt, dass Frauen die gefühlskältesten und berechnendsten Lebewesen auf dieser Erde sind. Er hätte Olivers Beispiel folgen und daraus für immer seine Lehre ziehen sollen.
Es kam Unruhe auf, als drei Wachen mit dem anderen Gefangenen eintrafen. Der stämmigste von ihnen stieg ab, griff dann nach oben und zerrte Jack von seinem Pferd herunter, der mit dem Gesicht voran zu Boden stürzte. „Da hinüber!“, befahl er grimmig. Als sich Jack nicht gleich bewegte, stieß ihn der Wächter mit dem Fuß grob in die Seite.
Sarah schrie auf. Sie entwand sich Olivers Griff, lief zu Jack, kniete neben ihm nieder und nahm ihn in die Arme. Sein Gesicht war blutig und seine Augen halb geschlossen. „Mein armer Liebling, was haben sie mit Euch getan?“, rief sie verzweifelt.
Die Worte trafen Anthony mitten ins Herz. Am liebsten wäre er auf sein Pferd gestiegen und weggeritten. Aber er hatte Verpflichtungen zu erfüllen. „Die Gefangenen werden nicht misshandelt!“, erklärte er schroff.
Der Mann, der Jack getreten hatte, blickte Oliver fragend an. Doch dieser zuckte nur die Schultern und nickte. „Lord Rutledge leitet die Untersuchung. Ihr werdet seine Befehle ausführen“, sagte er bekräftigend.
Sarah blickte ungläubig zwischen Oliver und Anthony hin und her. Feindselig sah er sie an. „Ihr leitet diesen Einsatz?“, fragte sie.
Anthony ging zu ihr und baute sich unmittelbar vor ihr auf. Seine Stimme klang eisig. „Der König hat mich beauftragt, mich persönlich darum zu kümmern, dass der berüchtigte Straßenräuber von Yorkshire festgenommen wird. Es scheint, ich habe sogar zwei von der Sorte gefangen. Er wird hocherfreut sein.“
„Nein.“ Sarah wollte ihren Ohren nicht trauen. Es war doch nicht möglich, dass Anthony sie gejagt hatte. Nicht dieser Mann, der so sanft um sie geworben und sie in die Freuden der Liebe eingeführt hatte. Nicht dieser zärtliche Mann, für den sie noch an diesem Morgen alles gegeben hätte.
„Es geht schon, Sarah.“ Jacks Worte klangen undeutlich. Er streckte eine Hand nach oben, um ihr ein Lebenszeichen zu geben.
Sarah wiegte ihn in den Armen. Tränen der Verzweiflung schossen ihr in die Augen. Für sie gab es keine Hoffnung mehr. Aber sie konnte nicht zulassen, dass sie Jack festnahmen. „Ich bin die Person, die Ihr haben wollt.“
Sie wandte sich an Oliver, weil sie Anthonys Anblick nicht ertragen konnte. „Ich bin der maskierte Straßenräuber. Dieser junge Mann hat nichts damit zu tun.“
Olivers strenger Gesichtsausdruck blieb unbewegt. „Es hatte aber den Anschein, als ob er heute Nacht für Euch Wache gestanden hat. Ein Richter wird über seine Beteiligung zu entscheiden haben.“
Oliver blickte Anthony an, um seine Befehle entgegenzunehmen, aber nachdem er die verzweifelte Miene seines Freundes bemerkt hatte, handelte er selbst. „Wir werden die beiden Gefangenen getrennt voneinander transportieren“, sagte er entschlossen. „Ihr da brecht heute Nacht mit Partridge nach London auf! Die Übrigen von Euch werden morgen mit mir losreiten, um das Mädchen zu begleiten.“
„Ich sage Euch, er hat nichts getan“, schrie Sarah und packte Jack, als ihn zwei Leute unsanft von ihr wegzogen.
„Lasst mich mit ihnen gehen, Sarah“, riet Jack ihr. Seine Stimme klang noch benommen. „Onkel Thomas wird uns schon helfen. Passt nur auf Euch auf!“
„Er ist verletzt“, fauchte sie einen der Männer
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