Historical Exclusiv Band 44
an, die Jack aufzurichten versuchten. „Er sollte erst von einem Arzt untersucht werden.“
Anthonys Gesicht war wie versteinert, als er ihr zusah, wie sie sich für ihren vermeintlichen Liebhaber einsetzte. Der Wachposten zögerte und blickte erst Oliver und dann Anthony an, um eine Anweisung zu erhalten. Oliver wartete auf Anthonys Reaktion. „Vorwärts“, sagte er barsch. „Nehmt ihn mit!“
Sarah sank auf den Boden zurück. Die beiden Wachen zerrten Jack zu seinem Pferd hinüber und begannen ihn auf den Sattel zu hieven. Ein dritter Mann zog Sarah hoch und verdrehte ihr dabei den Arm, sodass sie aufschrie. Jack saß halb auf seinem Pferd, aber er wandte sich bei ihrem Schrei um und sprang auf die beiden Männer am Boden.
„Verletzt sie nicht!“, rief er entrüstet und schlug mit den Stiefeln um sich. Es war ein nutzloses Unterfangen. Zwar war er ein kräftiger Mann, aber seine Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Mit den sechs Wachen, die ihn sogleich überwältigten, konnte er es nicht aufnehmen. Er bekam ein Knie in den Unterleib und einige Schläge gegen den Kopf, bevor er schließlich zu Boden ging.
Sarah hielt sich entsetzt eine Hand vor den Mund, und Tränen schimmerten in ihren Augen. „Tut ihm bitte nicht weh!“, sagte sie schluchzend.
Anthony befahl brüllend: „Bindet ihn aufs Pferd, und bringt ihn weg von hier!“
Rasch blickte er Sarah an. Das Mondlicht ließ die Tränen schimmern, die ihr die Wangen hinunterliefen. Schnell wandte er sich ab.
Die Wachen hoben Jack wieder auf sein Pferd. Er sackte in den Sattel, aber drehte noch einmal den Kopf zu Sarah.
„Macht keine Schwierigkeiten, Sarah“, meinte er mit undeutlicher Stimme. „Es fehlt mir nichts.“
Sie wandte sich Hilfe suchend an Anthony. „Mylord! Ich bitte Euch! Lasst ihn hier! Er ist nicht in der Lage zu reiten.“
Anthony nickte den Wachen herrisch zu, die Jacks Pferd zwischen die ihren nahmen und aufbrachen. Verzweifelt beobachtete Sarah, wie sie sich entfernten. Dann hörte sie von hinten ein vertrautes Wiehern. Sie drehte sich um und sah, wie Brigand hinkend auf sie zukam, wobei er die rechte Hinterhand verdächtig hinter sich herzog. Sie rappelte sich auf und warf die Arme um seinen Hals, wobei sie die feuchten Wangen an seinem struppigen, warmen Fell abwischte.
Wie aus weiter Ferne hörte sie Oliver sprechen: „Das Bein des Pferdes ist gebrochen.“ Sie schloss die Augen und umarmte das Tier noch fester.
„Ja. Leiht mir Eure Pistole!“, stimmte Anthony leise zu.
Entsetzt blickte Sarah auf, als Oliver sie von ihrem Hengst wegzog. Anthony prüfte die Ladung am Steinschloss. „Ihr dürft ihn nicht töten“, flüsterte sie. Die Worte waren kaum zu hören.
Sie war zu benommen, um sich zu sträuben, und Oliver führte sie ein paar Schritte weg. Dann barg sie ihr Gesicht in den Händen. Sie hörte noch ein langes Wiehern, dem der betäubende Lärm eines Schusses folgte. Im nächsten Moment brach Sarah zusammen. Es war, als ob der Schuss unmittelbar in ihr Herz gegangen wäre.
Anthony wartete im geräumigen Empfangszimmer des Sheriffs. Er hatte eine Nachricht nach Leasworth geschickt. Er freute sich nicht auf die Begegnung mit Thomas Fairfax, da er überzeugt war, dass der alte General nichts von den nächtlichen Unternehmungen seiner Nichte gewusst hatte. Man würde die ganze Situation sehr diplomatisch angehen müssen, um dem König nicht einen wichtigen puritanischen Verbündeten zu entfremden.
Anthony rieb sich die brennenden Augen. Er und Oliver hatten die letzte Nacht nicht geschlafen, nachdem sie wieder in Wiggleston angekommen waren. Sarah war unter Bewachung ins Haus des Sheriffs gebracht worden. Sie hatte kein Wort mehr gesagt, nachdem er ihren Hengst Brigand erschossen hatte. Anthony hatte es vermieden, sie anzusehen, und ließ Oliver an ihrer Seite reiten.
Henry Partridge war bereits auf dem Weg nach London. Ihnen blieb heute die Aufgabe herauszufinden, aus welcher Familie er stammte und ob er über irgendwelche finanziellen Mittel verfügte. Wenn nicht, würde er wahrscheinlich ein Kandidat für den Galgen im Gefängnis von Newgate sein, was Anthony nur gelegen kam.
Was Sarah betraf, so war es schwer vorherzusagen, wie die Sache für sie ausgehen würde. Der König könnte sie aus Dankbarkeit für die Hilfe ihres Onkels während der Restauration schonend behandeln. Aber ebenso gut war es möglich, dass sie dasselbe Schicksal wie ihr Vater erleiden sollte. Anthony redete sich ein, dass
Weitere Kostenlose Bücher