Historical Exklusiv Band 06
sie sich irgendwie geschützt gefühlt, doch nun schien es ihr wieder, als sei sie nackt und schutzlos ausgeliefert. Sie faltete die Hände und wartete. Nick räusperte sich.
"Es ist nicht nur ein Weihnachtstraum, Rosalind, dass wir uns wieder versöhnen könnten, du und ich und Deal, versöhnen auch mit dem König, dem ihr seit Jahren getrotzt habt. Es gab Unrecht auf beiden Seiten. Aber wenn wir beide unseren Streit nicht beilegen und endlich an einem Strang ziehen, werden sich alle Hoffnungen in Rauch auflösen …" Nick stieß so heftig mit dem Fuß gegen den Kloben, dass er in Funken und glühende Asche zerfiel, "… und nichts wird bleiben als ein Häufchen Asche."
Rosalind lehnte sich nach vorn, ihre ganze Aufmerksamkeit auf ihr Gegenüber gerichtet. "Du meinst, es sei noch nicht zu spät?"
"Beinahe", erwiderte er und schloss für einen Augenblick die Augen, "vielleicht. Aber ich pflege bis zum letzten Atemzug zu kämpfen, und in den vergangenen Monaten habe ich festgestellt, dass du ebenso denkst."
"Ja, Nick, wie gerne möchte ich dir glauben! Ich möchte dir so gern vertrauen, doch ich habe so viel Angst gehabt und habe sie immer noch."
Nick stützte die Ellbogen auf seine Knie und nahm Rosalinds Hände in die seinen. "Ich auch", sagte er ruhig, "Angst und Zorn."
"Meinetwegen?"
"Wegen allem hier. Selbst meinetwegen, weil ich mich zurückgehalten habe, wo ich hätte angreifen sollen. Glaubst du wirklich, ich möchte die Leute, die mein Leben gerettet haben, bestrafen oder gar vernichten? Die mich gerettet haben, obwohl sie wussten, wer ich bin, denn ich hatte es ja laut genug vom Deck des sinkenden Schiffes herab verkündet. Die mich gerettet haben, obwohl sie annehmen mussten, dass ich gekommen war, um ihrem Lebensunterhalt durch den Handel mit Frankreich das Wasser abzugraben. Und es quält mich weiterhin der Gedanke, die Frau zu verletzen, die ich … so lieb gewonnen habe und so sehr bewundere."
Tränen kamen Rosalind in die Augen. Er machte sich Sorgen um die Leute von Deal! Sie kümmerten ihn zumindest ebenso sehr wie seine verwünschten Pflichten gegenüber dem König! Er hatte den Schmuggel "Handel mit Frankreich" genannt und "ihren Lebensunterhalt", anstatt "Verrat" zu sagen oder "Verbrechen" wie letzte Nacht. Und schließlich hatte er noch eingeräumt, dass er sie lieb hatte und bewunderte, wenn dieses Gefühl wohl auch kaum zu vergleichen war mit der herzzerreißenden Liebe, die sie selbst für ihn empfand.
"Was muss ich … was müssen wir tun, um einen Ausweg zu finden, um Deal vor dem Untergang zu retten?" fragte sie.
"Du musst mir so viel Vertrauen schenken, dass du mir alles erzählst, was den Schmuggel hier betrifft. Zum Teufel, ja, Rosalind, alles, Namen, Orte, Zeiten! Du hast mir erklärt, dass du den König hasst … und dann …" Er hob die Hand, um einen erwarteten Protest abzuwehren. "… dann musst du das alles hinter dir lassen. Du musst tapfer genug sein, um zu vergeben und zu vergessen, was in der Vergangenheit geschah. Du musst bereit sein, mit mir an den Hof des Königs zu gehen und ihm gegenüberzutreten. Durch Putnams Einmischung und seine Unterstellungen von Verrat an den französischen Feind können die Dinge nicht mehr nur hier am Ort geregelt werden. Dich meiner Gnade auszuliefern, ist nicht das, was jetzt vonnöten ist, obwohl ich zugebe, dass es mir sehr recht wäre. Und nebenbei bemerkt, Seine Majestät hat immer ein offenes Ohr für hübsche, aufgeweckte Frauen, sofern sie sich eines höflichen Umgangstones befleißigen."
Rosalind entzog ihm ihre Hände und lehnte sich wieder in den Stuhl zurück. Vergeben und vergessen? Nick wollte sie mit an den Hof nehmen, um den König zu sprechen und höflich zu ihm zu sein? Unmöglich, und wenn es der einzige Ausweg wäre! Dann hätte Nick wieder die Oberhand über sie gewonnen. Aber selbst wenn sie nicht mehr mit dem Rücken an der Wand stand – sie wünschte so sehr, an seiner Seite zu sein und ihn nicht länger bekämpfen zu müssen. Sie wollte ihm so gerne helfen und vertrauen – einmal hatte sie geglaubt, das bedeute Liebe.
"Nun? Hast du den Mut dazu, meine kleine Rosalind?"
"Ich denke noch darüber nach. Was meinst du mit Percival Putnams Einmischung? Er mag des Königs Steuereintreiber und Zolleinnehmer sein, doch er hat auf Seiten von Deal gestanden, als die Boote zerstört wurden. Seine Majestät geruhte niemals, auf sein Protestschreiben zu antworten. Percy hat dennoch versichert, er werde wieder an den
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