Historical Exklusiv Band 06
die Sprachkundige, die Eurer Braut zur Seite gestellt wurde. Eure zukünftige Gemahlin sitzt dort. Sie spricht kein Wort Englisch und wird deshalb Eure brillante Vorstellung umso mehr schätzen. Ihr wart schon immer ein ausgezeichneter Mime, Sire."
"Was! Uhh … nein …", krächzte der König und wurde puterrot bis an die Haarwurzeln. Schwerfällig richtete er sich wieder auf und kniff die Augen abschätzend zusammen, als sich seine Zukünftige langsam erhob und in einen wackligen Knicks sank, derweil sie den Umhang eng um ihre kräftige Gestalt zog. Als Rosalind zur Seite trat, schob Nick sie schnell zur Wand.
"Ich beabsichtige unter keinen Umständen, Penelope zu heiraten", flüsterte er ihr zu und war selbst überrascht von der Entschiedenheit seiner Worte, aber es schien heute eben der Abend der Überraschungen zu sein. "Im Übrigen werden wir beide wahrscheinlich morgen in einem Kerker verrotten bei all dem Durcheinander, das du angerichtet hast, während ich dir vertraute."
"Du hast mir vertraut? Ich habe das angerichtet? Ich …"
"Ruhe! Seine Majestät wird nicht sehr begeistert sein von Prinzessin Anna. Das wird verhängnisvoll für sie sein. Uns beide wird allerdings auch das Verhängnis ereilen, wenn du nicht sofort mit mir kommst!"
Für einen Augenblick fürchtete Nick, dass Rosalind anfangen würde, mit ihm zu streiten. Er würde ihr dann den Mund zuhalten und sie zur Tür hinausdrängen müssen. Doch die Stimme des Königs übertönte seine Überlegungen.
"Kein Wort Englisch und dann aussehen wie … wie diese hier, während man mich etwas … ganz anderes glauben ließ!" schrie der König, und seine Zornesader schwoll gefährlich an. "Verdammt, für diesen Betrug wird man mir bezahlen müssen! Verlobt oder nicht, ich will sie nicht!"
Nick hatte Heinrich schon früher bei seinen Wutanfällen erlebt, die er auch an Menschen, die ihm nahe standen, ausließ. Und jetzt hatte Rosalind zweifellos dadurch, dass sie dem König zunächst als seine reizende Braut erschienen war, zu seiner Raserei beigetragen. Zudem hatte Nick vorhin in der Halle nicht den Mut aufgebracht, Seine Majestät darauf aufmerksam zu machen, dass ihm seine Braut wahrscheinlich nicht gefallen werde. Nicht gefallen! Das war kaum das richtige Wort für den wilden Zorn, der sich hier Bahn brach!
Rosalind hatte das offensichtlich auch blitzschnell begriffen. Was immer sie sich dabei dachte, Nick sah sich jedenfalls nicht gezwungen, sie zur Tür hinauszubefördern. Ihre Füße waren nicht weniger flink als die seinen, als sie gemeinsam durch die langen leeren Korridore hinaus in die frische Januarnacht liefen.
"Wohin gehen wir?" fragte Rosalind atemlos, während sie dahineilte, so dass sie beinahe über ihre Röcke gestolpert wäre, ehe sie sie schürzen konnte. Natürlich hatte sie auch keinen Umhang greifen können, so schnell war alles gegangen. "Der König und Prinzessin Anna werden sich wundern …"
"Ich hoffe nur, dass Seine Majestät in Greenwich ein paar Sprachkundige bereit hat, damit er wenigstens mit seiner Braut reden kann, damit es ihm nicht so ergeht wie mir, da ich in den vergangenen Tagen vergeblich versucht habe, mit dir zu sprechen!" unterbrach Nick ihre Rede und zog sie zu den Ställen des Palastes. "Und was das Wundern anbelangt – wahrscheinlich werden sie sich am meisten darüber wundern, wie sie beide in diese schwierige Lage geraten konnten."
Dasselbe trifft auch auf mich und Rosalind zu, dachte Nick, doch jetzt gilt es erst einmal zu fliehen und einen neuen Plan zu schmieden. Ihre einzige Hoffnung blieb, dass sich der königliche Zorn wegen der Irreführung über das Aussehen der Prinzessin nicht auf sie entladen würde. Alles wurde immer verwirrter, und ihre Aussichten waren sehr schlecht.
Nick legte den Zeigefinger an die Lippen, um Stille anzumahnen, als sie sich den Ställen näherten. Er wollte ihre Pferde suchen und mit Rosalind zu seinem Haus nach Greenwich reiten, um die Nacht dort zu verbringen. Es schien ihm der sicherste Ort in der näheren Umgebung zu sein. Dann musste er so schnell wie möglich, insbesondere für den Fall, dass Putnam Cromwell mit hineingezogen hatte, sich selbst und Rosalind nach London schmuggeln – ja, verdammt, schmuggeln –, um den König zu treffen. Sie waren genötigt, unbedingt noch vor Cromwell mit Seiner Majestät zu sprechen! Und schließlich musste er es auch noch auf sich nehmen, den Monarchen um die Auflösung seiner Verlobung mit Penelope zu bitten.
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