Historical Exklusiv Band 06
entziffern.
Rosalind beobachtete, wie Nicks sonnengebräuntes Gesicht erblasste. "Noch mehr schlechte Neuigkeiten?" fragte sie und legte ihre Hand auf seinen Arm.
"Die schlimmsten bis jetzt. Nun, wir werden auch damit fertig werden. Nun kann ich dir leider doch nicht meine Gastfreundschaft für diese Nacht anbieten, wie ich eigentlich vorhatte, Liebes. Ich hoffe auf andere, bessere Zeiten. Jetzt müssen wir uns unverzüglich auf den Weg machen."
"Warum? Was steht darin?" erkundigte sich Rosalind. Andere, bessere Zeiten! Würde es die jemals für sie geben? Konnte sie Nick jetzt wirklich vertrauen? Aber sie musste doch. Nein, sie musste nicht nur, sie wollte auch! Doch nun überstürzten sich die Dinge so, gerieten mehr und mehr außer Kontrolle. Jetzt mussten sie gar noch die Flucht ergreifen, weil ihnen mächtige Herren nach dem Leben trachteten!
Während Nick diesmal Shanks aufrecht im Sattel festband, erläuterte er ihr den Inhalt des Schreibens. Genau wie Nick erkannte sie die Bedrohung, die unausgesprochen zwischen den Zeilen stand. Die Tatsache, dass Shanks der Überbringer war, bedeutete, dass Putnam mit seinen giftigen Lügen zu Cromwell gegangen war. Unglücklicherweise war leicht festzustellen, wer mit dem Verräter gemeint war, "der des Königs Herzen nahe steht und den ein Frauenzimmer um den Verstand gebracht und zu Schmuggel und Verrat verführt hat". Rosalind war sich genau wie Nick darüber im Klaren, dass Cromwell seine Männer ausgeschickt haben musste, um sie zu arretieren. Im Übrigen musste es wohl auch ein strafwürdiges Verbrechen sein, eine Botschaft des Großkämmerers an den König abzufangen. Jetzt waren sie wirklich Flüchtlinge, die um mehr als nur ihre Freiheit bangten. Was immer sich Nick hatte zu Schulden kommen lassen, die Reue darüber, dass sie es verursacht hatte, machte Rosalind sehr zu schaffen. Sie fragte Nick nicht nach dem Ziel ihres nächtlichen Rittes, als er ihr wieder in den Sattel half. Sie hatte ihr Schicksal in seine Hand gelegt. Und wenn es zu den ungläubigen Türken ginge oder den nackten Wilden Westindiens – sie würde ihm folgen.
Aber er führte sie nur ein paar Meilen nach Norden zu einem kleinen Gasthof in einem abgelegenen Weiler. Als Nick Rosalind vom Pferd hob, durchflutete sie die Sehnsucht nach ihrem Haus "Rose und Anker" und auch nach jenem anderen Wirtshaus seinerzeit in Frankreich. Und wie gerne hätte sie Nicks Heim in Greenwich gesehen, damit sie davon träumen konnte, es als Braut zu betreten! Nick mochte tatsächlich die Absicht haben, die Verlobung zu lösen, aber konnte er das jetzt tun, und setzte er damit nicht seine Stellung aufs Spiel? Und wenn er es tat, hatte er dann noch die Möglichkeit, Deal zu helfen und sie zu retten?
"Rosalind, ist alles in Ordnung mit dir?" unterbrach Nick ihre quälenden Gedanken. "Halte den Kopf hoch. Ich kenne den Wirt hier. Er wird uns durch die Hintertür einlassen. Ich bin sofort wieder da."
Wie versprochen blieb Nick nicht lange aus, wenn es Rosalind auch wie eine Ewigkeit erschien. Er führte die Pferde zu der Rückseite des strohgedeckten Fachwerkhauses, wo er Shanks losband. Dann schob er den verängstigten Mann vor sich her eine enge Holztreppe hinauf, während ihnen der Wirt mit einer Laterne den Weg erleuchtete. Rosalind sah noch, wie ein Junge die Pferde wegführte, und folgte dann den Männern. Die Kammer im Obergeschoss erschien geradezu großzügig im Vergleich zu dem äußeren Anblick des Hauses.
"Ihr braucht jetzt kein Feuer zu machen. Essen und Wein dann später, wenn ich rufe", wies Nick den Wirt an, der nickte, die Laterne auf den Tisch stellte und verschwand.
Während Rosalind noch ein paar Kerzen anzündete, stieß Nick Roger Shanks auf einen Stuhl. Der Mann sah ihn mit ängstlichen Augen an und versuchte, sich durch den Knebel hindurch verständlich zu machen.
"Du drehst dich besser um, wenn du jetzt nicht zusehen willst", legte Nick Rosalind nahe. "Der Lump wird uns nun alles erzählen, was er von Putnams schmutzigen Geschäften weiß, oder er wird sich wünschen, niemals das Licht der Welt erblickt zu haben."
Shanks holte so tief Luft, dass er beinahe den Knebel verschluckt hätte. "Und wenn ich mit ihm fertig bin, wird er dem König alles berichten", fuhr Nick fort, und seine Stimme war eiskalt und ungerührt, als er Shanks am Kinn packte und seinen Kopf gegen die Stuhllehne drückte. "Aber zuerst wollen wir die Treue dieses Burschen gegenüber seinem Herrn und Meister prüfen,
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