Historical Exklusiv Band 06
Hoffentlich kam ihm dabei des Königs Missvergnügen über seine eigene Brautwahl zu Hilfe.
"Du musst aber wissen", sagte Rosalind plötzlich, so als könne sie seine Gedanken erraten, "ich habe weder vergeben noch vergessen, dass du mir nichts von deiner Braut erzählt hast."
"Es ist jetzt nicht die Zeit dafür, doch ich wiederhole: Ich habe nicht die Absicht, sie zu heiraten. Ich schwöre dir, Rosalind, Lady Penelope bedeutet mir nicht mehr, als du von deinem französischen Freund Pierre behauptet hast, und ich habe dir das schließlich auch geglaubt."
"Das hast du nicht. Du warst ganz grün vor Eifersucht!"
"Wirst du wohl still sein! Ich war nur wütend, weil du mit unseren französischen Feinden so vertraut warst! Und was Penelope anbetrifft, so hat sie ihr Herz auch nicht an mich gehängt. Die ganze Sache war ein Einfall des Königs …"
"Des Königs, dem du nicht missfallen möchtest."
"Verlobungen können gelöst werden, Rosalind", sagte Nick lauter, als er beabsichtigt hatte.
"Und Versprechen gebrochen werden", gab sie spitz zurück. "Aber für heute bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dir zu glauben."
Wieder hob Nick mahnend den Finger, als sie jetzt die Ställe betraten. Er war erleichtert, dass die Stallknechte in tiefem Schlaf im Heu lagen. Schnell hatte er die Pferde herausgefunden. Rosalind half ihm, die Sättel aufzulegen und die Gurte festzuziehen. Ihre Kaltblütigkeit und ihre Hilfsbereitschaft nach Tagen voller Zank und Streit setzten Nick erneut in Erstaunen. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die nur herumstanden und die Hände rangen so wie die meisten, die er bis jetzt gekannt hatte. Aber vielleicht hatte sie auch nur das volle Ausmaß der Gefahr, die von dem königlichen Grimm ausging, falsch eingeschätzt.
Nick hob Rosalind in den Damensattel und steckte ihren Fuß unter den weiten Röcken in den seitlich angebrachten Steigbügel. Dann stieg er selbst aufs Pferd, und behutsam verließen sie den Stall durch die Hintertür. Sie mussten die ganze Front des Palastes passieren, um zu der Straße am Fluss zu gelangen. Nick hoffte inständig, dass niemand sie bemerkte. Aber da jetzt wohl jeder der Beteiligten damit beschäftigt war, seine Mitschuld zu vertuschen, würde sich wahrscheinlich keiner etwas bei seinem plötzlichen Verschwinden denken. Er konnte ja immerhin darauf verweisen, dass er Prinzessin Anna nun in guten Händen wusste, da der König selbst eingetroffen war – Gott behüte die arme Frau!
"Und behüte uns auch", murmelte Nick, als sie vorsichtig um die Ecke des großen Backsteingebäudes blickten.
Aber bei dem Geräusch schneller Hufschläge ganz in der Nähe verhielten beide ihre Pferde. Das Gesicht des barhäuptigen Reiters wurde vom Licht der Fackeln beleuchtet, als er vor dem Eingang aus dem Sattel sprang.
"Nick, das ist der Gehilfe von Putnam, Roger Shanks!"
Doch Nick war bereits abgestiegen. "Bleib hier!" zischte er und lief lautlos durch das dichte Gras auf den Palast zu. Ehe Shanks die zwei Stufen zur Seitenpforte emporsteigen konnte, hatte Nick ihn bereits gepackt. Beide schlugen hart auf die Steinstufen und rollten zusammen hinunter. Shanks brummte wütend, doch Nick brachte ihn schnell und wirkungsvoll zum Schweigen, indem er ihn mit einem gezielten Faustschlag ins Land der Träume beförderte. Dann zog er ihn im Schatten der Hauswand um die Ecke zu Rosalind und lief noch einmal zurück, um das Pferd von Shanks zu holen.
"Nick, was bedeutet das?"
"Nichts Gutes für uns. Halte das Pferd am Zügel, während ich ihm die Hände fessele und den Kerl dann über den Sattel lege. Master Shanks wird mit uns kommen!"
Nick nahm ihm den Umhang ab und reichte ihn Rosalind. Mit einem leichten Schauer legte sie ihn sich über die Schultern. Noch vorsichtiger durchquerten sie nun die dunklen Anlagen und galoppierten bald darauf den Fluss entlang in Richtung Greenwich.
In dem kleinen Stall hinter Nicks Haus an der Themse nördlich von Greenwich zündete der Hausherr eine Laterne an, ließ den geknebelten und gefesselten Shanks, der inzwischen wieder zu sich gekommen war, ins Stroh fallen und begann, seine Satteltaschen zu durchwühlen. Dann durchsuchte er nicht gerade sanft die Kleidung des Mannes.
"Aha!" rief er triumphierend und hielt einen mehrfach zusammengefalteten Brief in die Höhe. "Zum Teufel, Cromwells Siegel!" murmelte er, während er sorgfältig das Wachs von dem Pergament entfernte und sich unter die Laterne beugte, um das Schreiben zu
Weitere Kostenlose Bücher